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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Holzes für Stellmacher und Tischler u. s. w. Hier greift die ausschließliche
Oberleitung der Unternehmer hemmend in die Entwicklung des eignen Geschäfts
der Betheiligten'ein. Weder die Unternehmer noch die übrigen Mitglieder
der Association haben hierbei ein gleiches Interesse mit den betreffenden Pro-
centen, welche in einer solchen speciellen Branche die alleinigen Abnehmer
der fraglichen Stoffe aus dem Associationslager bilden, aus deren Kundschaft
jene also einen Gewinn ziehen. Wenn sie nun auch als Associationsmitglieder
selbst einen Theil von diesem Gewinn, den sie der gemeinschaftlichen Kasse
gewähren, als Dividende wieder zurückerhalten, so müssen sie doch denselben
mit sämmtlichen andern Genossen theilen, während sie ihn'bei einer von ihnen
selbst gegründeten speciellen Association allein beziehen würden. Indessen ist
dies, wie gesagt, noch das Wenigste, und das Opfer der gewerblichen Selbst-
ständigkeit, welches in der Entziehung eines so unendlich wichtigen Theiles
der geschäftlichen Aufgabe, wie die Beschaffung der zu verarbeitenden Rohstoffe,
liegt, fällt schwerer in das Gewicht. Grade indem man sie in ihrem eigent¬
lichen Nahrungszweig, in dem erwählten Lebensberuf auf eignen Füßen stehen
lehrt, sie in einer solchen speciellen Association zur Beschaffung der Rohstoffe,
welche nur die ein gleiches Bedürfniß habenden Fachgenossen umfaßt, zur
vollen Selbstverwaltung heranbildet, dagegen aber auch ihnen die damit ver¬
bundenen Mühen, Sorgen und Gefahren nicht erspart, erweist man den Leuten
den größten Dienst. Und wie bald sich unsere Handwerker und Arbeiter in
den anfänglich ungewohnten Geschästsformen bewegen lernen, wie ihnen die
nöthigen Capitalien gegen solidarische Haft reichlich zufließen, wie ihnen ihre
specielle Fach- und Wanrenkenntniß trefflich beim Ein- und Verlauf zu Statten
kommt, und sich überall die geeigneten Männer in ihrer Mitte finden, welche
der Leitung solcher Genossenschaften vollkommen gewachsen sind: davon liegen
die erfreulichsten Beispiele seit einer Reihe von Jahren vor, über welche der
Unterzeichnete bereits mehrfach berichtet hat. Namentlich wirkt der erweiterte
Verkehr einer solchen von den betheiligten Fachgenossen selbst gegründeten und
geleiteten Genossenschaft auf die intellectuelle und sittliche Hebung der Mit¬
glieder zurück, indem die Betheiligung derselben bei Leitung der Geschäfte
ihren Gesichtskreis weitet, die Gefahr, die man dabei läuft, der Gewinn, der
in Aussicht steht, ihre Sorgsamkeit schärfen, die durch eigne Kraft erreichten
Resultate endlich ihr Selbstgefühl stärken und zu immer größern Anstrengungen
anspornen. Alle diese Ergebnisse aber können nur bei voller Selbständigkeit
und Selbstverwaltung der eignen Angelegenheiten durch die unmittelbar und
am meisten dabei Jntercssirten erzielt werden, und niemals da in gleichem
Maße gedeihen, wo die Leitung der Sache diesen entrückt und Männern an¬
vertraut ist, welche außerhalb des eigentlichen Bedürfnisses stehn, und nur
aus guter Meinung einen Theil des Geschäftsgewinns ihnen zufließen lassen.


Holzes für Stellmacher und Tischler u. s. w. Hier greift die ausschließliche
Oberleitung der Unternehmer hemmend in die Entwicklung des eignen Geschäfts
der Betheiligten'ein. Weder die Unternehmer noch die übrigen Mitglieder
der Association haben hierbei ein gleiches Interesse mit den betreffenden Pro-
centen, welche in einer solchen speciellen Branche die alleinigen Abnehmer
der fraglichen Stoffe aus dem Associationslager bilden, aus deren Kundschaft
jene also einen Gewinn ziehen. Wenn sie nun auch als Associationsmitglieder
selbst einen Theil von diesem Gewinn, den sie der gemeinschaftlichen Kasse
gewähren, als Dividende wieder zurückerhalten, so müssen sie doch denselben
mit sämmtlichen andern Genossen theilen, während sie ihn'bei einer von ihnen
selbst gegründeten speciellen Association allein beziehen würden. Indessen ist
dies, wie gesagt, noch das Wenigste, und das Opfer der gewerblichen Selbst-
ständigkeit, welches in der Entziehung eines so unendlich wichtigen Theiles
der geschäftlichen Aufgabe, wie die Beschaffung der zu verarbeitenden Rohstoffe,
liegt, fällt schwerer in das Gewicht. Grade indem man sie in ihrem eigent¬
lichen Nahrungszweig, in dem erwählten Lebensberuf auf eignen Füßen stehen
lehrt, sie in einer solchen speciellen Association zur Beschaffung der Rohstoffe,
welche nur die ein gleiches Bedürfniß habenden Fachgenossen umfaßt, zur
vollen Selbstverwaltung heranbildet, dagegen aber auch ihnen die damit ver¬
bundenen Mühen, Sorgen und Gefahren nicht erspart, erweist man den Leuten
den größten Dienst. Und wie bald sich unsere Handwerker und Arbeiter in
den anfänglich ungewohnten Geschästsformen bewegen lernen, wie ihnen die
nöthigen Capitalien gegen solidarische Haft reichlich zufließen, wie ihnen ihre
specielle Fach- und Wanrenkenntniß trefflich beim Ein- und Verlauf zu Statten
kommt, und sich überall die geeigneten Männer in ihrer Mitte finden, welche
der Leitung solcher Genossenschaften vollkommen gewachsen sind: davon liegen
die erfreulichsten Beispiele seit einer Reihe von Jahren vor, über welche der
Unterzeichnete bereits mehrfach berichtet hat. Namentlich wirkt der erweiterte
Verkehr einer solchen von den betheiligten Fachgenossen selbst gegründeten und
geleiteten Genossenschaft auf die intellectuelle und sittliche Hebung der Mit¬
glieder zurück, indem die Betheiligung derselben bei Leitung der Geschäfte
ihren Gesichtskreis weitet, die Gefahr, die man dabei läuft, der Gewinn, der
in Aussicht steht, ihre Sorgsamkeit schärfen, die durch eigne Kraft erreichten
Resultate endlich ihr Selbstgefühl stärken und zu immer größern Anstrengungen
anspornen. Alle diese Ergebnisse aber können nur bei voller Selbständigkeit
und Selbstverwaltung der eignen Angelegenheiten durch die unmittelbar und
am meisten dabei Jntercssirten erzielt werden, und niemals da in gleichem
Maße gedeihen, wo die Leitung der Sache diesen entrückt und Männern an¬
vertraut ist, welche außerhalb des eigentlichen Bedürfnisses stehn, und nur
aus guter Meinung einen Theil des Geschäftsgewinns ihnen zufließen lassen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/16>, abgerufen am 22.12.2024.