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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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sich bei dieser Antwort nicht beruhigen wollten, legte" er den Theologen die
Frage vor. ob die Juden glaubten Christenblutes zu bedürfen; als sie ihm
verneint wurde, wies er die Ankläger zur Ruhe. Ihres großen Interesses
wegen theile ich noch eine Verordnung des Papstes Innocenz des Vierten vom
Jahr 1247 mit: "Wir haben jämmerliche Klagen der Juden Deutschlands ver¬
nommen, wie manche geistliche und weltliche Fürsten und andere Adlige und
Machthaber in euren Städten und Diöcesen gegen sie gottlose Anschläge er¬
heben und die verschiedensten Anlässe suchen, um ihre Güter sich auf unrecht¬
mäßige Weise anzueignen, ohne zu bedenken, daß gewissermaßen aus ihren
Archiven die Zeugnisse christlichen Glaubens hervorgingen. Während die
heilige Schrift unter anderm sagt: Du sollst nicht todten, und ihnen verbietet,
am Passahfest etwas Todtes zu berühren, erheben jene die falsche Beschuldigung,
daß sie am Passahsest das Herz eines gemordeten Kindes genössen und legen
ihnen den Mord zur Last, wenn irgendwo ein Leichnam gefunden wird.
Solche und andere Vorwände nehmen sie, um sie wüthend zu verfolgen; ohne
Anklage und ohne Geständniß, gegen die Bestimmungen des apostolischen
Stuhls, gottlos und wider Recht berauben sie sie ihres Vermögens, bedrängen
sie mit Hunger, Gefängniß und andern Qualen, unterwerfen sie den verschie¬
densten Strafen und tödten ihrer viele auf die gräßlichste Weise, so daß die
Juden unter der Herrschaft dieser Fürsten, Gewalthaber und Adligen ein
Schrecklicheres Loos haben, als unter Pharao in Aegypten, und gezwungen
werden, die Wohnorte zu verlassen, an denen ihre Vorfahren seit Menschen¬
gedenken gesessen haben. In der Furcht vor gänzlicher Vernichtung haben
sie sich an die Vorsehung des apostolischen Stuhls gewendet" u. s. w. Der
Papst empfiehlt darauf die Juden dem Schutze der Fürsten und verbietet alle
fernern Verfolgungen.

Insbesondere suchte man die Wuth des Volks durch die Beschuldigung
zu erregen, daß sie sich auf unrechtmäßige Weise geweihte Hostien verschafft
und mit ihnen ihren Spott getrieben hätten; sie sollen sie durchstochen haben,
bis viel Blut geflossen, oder gepeitscht, bis sie den Blutsturz bekommen; sie,
hätten eine Hostie in einen Kessel mit siedend heißem Wasser geworfen und seit¬
dem schwimme das Jesuskind oben auf, ohne daß es möglich sei, es unter¬
zutauchen; ein Jude soll aus ein Frescobild geschlagen haben, welches die,
Mutter Gottes darstellt und aus der Mauer Blut geflossen sein. Hier und
da mögen Juden in ihrem Haß gegen die Christen die Heiligthümer ihres
Glaubens profanirt und Anlaß zu blutigen Scenen gegeben haben; ebenso
gewiß ist es aber auch, daß die Priester selbst Hostien befleckten, um die That
den Juden zur Last legen zu können.

Mögen wir nun auch in Deutschland in dem Bewußtsein leben, daß bei
uns diese Zeiten vorüber sind, und ein Geist größerer Humanität und aus-


sich bei dieser Antwort nicht beruhigen wollten, legte" er den Theologen die
Frage vor. ob die Juden glaubten Christenblutes zu bedürfen; als sie ihm
verneint wurde, wies er die Ankläger zur Ruhe. Ihres großen Interesses
wegen theile ich noch eine Verordnung des Papstes Innocenz des Vierten vom
Jahr 1247 mit: „Wir haben jämmerliche Klagen der Juden Deutschlands ver¬
nommen, wie manche geistliche und weltliche Fürsten und andere Adlige und
Machthaber in euren Städten und Diöcesen gegen sie gottlose Anschläge er¬
heben und die verschiedensten Anlässe suchen, um ihre Güter sich auf unrecht¬
mäßige Weise anzueignen, ohne zu bedenken, daß gewissermaßen aus ihren
Archiven die Zeugnisse christlichen Glaubens hervorgingen. Während die
heilige Schrift unter anderm sagt: Du sollst nicht todten, und ihnen verbietet,
am Passahfest etwas Todtes zu berühren, erheben jene die falsche Beschuldigung,
daß sie am Passahsest das Herz eines gemordeten Kindes genössen und legen
ihnen den Mord zur Last, wenn irgendwo ein Leichnam gefunden wird.
Solche und andere Vorwände nehmen sie, um sie wüthend zu verfolgen; ohne
Anklage und ohne Geständniß, gegen die Bestimmungen des apostolischen
Stuhls, gottlos und wider Recht berauben sie sie ihres Vermögens, bedrängen
sie mit Hunger, Gefängniß und andern Qualen, unterwerfen sie den verschie¬
densten Strafen und tödten ihrer viele auf die gräßlichste Weise, so daß die
Juden unter der Herrschaft dieser Fürsten, Gewalthaber und Adligen ein
Schrecklicheres Loos haben, als unter Pharao in Aegypten, und gezwungen
werden, die Wohnorte zu verlassen, an denen ihre Vorfahren seit Menschen¬
gedenken gesessen haben. In der Furcht vor gänzlicher Vernichtung haben
sie sich an die Vorsehung des apostolischen Stuhls gewendet" u. s. w. Der
Papst empfiehlt darauf die Juden dem Schutze der Fürsten und verbietet alle
fernern Verfolgungen.

Insbesondere suchte man die Wuth des Volks durch die Beschuldigung
zu erregen, daß sie sich auf unrechtmäßige Weise geweihte Hostien verschafft
und mit ihnen ihren Spott getrieben hätten; sie sollen sie durchstochen haben,
bis viel Blut geflossen, oder gepeitscht, bis sie den Blutsturz bekommen; sie,
hätten eine Hostie in einen Kessel mit siedend heißem Wasser geworfen und seit¬
dem schwimme das Jesuskind oben auf, ohne daß es möglich sei, es unter¬
zutauchen; ein Jude soll aus ein Frescobild geschlagen haben, welches die,
Mutter Gottes darstellt und aus der Mauer Blut geflossen sein. Hier und
da mögen Juden in ihrem Haß gegen die Christen die Heiligthümer ihres
Glaubens profanirt und Anlaß zu blutigen Scenen gegeben haben; ebenso
gewiß ist es aber auch, daß die Priester selbst Hostien befleckten, um die That
den Juden zur Last legen zu können.

Mögen wir nun auch in Deutschland in dem Bewußtsein leben, daß bei
uns diese Zeiten vorüber sind, und ein Geist größerer Humanität und aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/152>, abgerufen am 22.12.2024.