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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Andeutung, daß dieselbe so gar gering nicht sein darf. In den legten acht
Jahren sind die Klagen der Schiffer umfangreich und zahllos gewesen, da es,
eben wegen Vernachlässigung der oberelbischen Fahrstraße, der Schiffahrt selbst
unmöglich war, alle ihr zur Besorgung melkenden Güter zu transportiren
und diese zum großen Theil auf die für voluminöse Güter viel theurere Eisen¬
bahn übergehen mußten. Die Denkschrift der Hamburger Cvmmerzdeputation,
welche diese Verhältnisse berührt, macht deshalb ausdrücklich darauf aufmerk¬
sam, daß es durchaus wünschenswert!) sein müsse, wenn mindestens eine zur
Erhaltung des Fahrwassers genügende Elbabgnbe sixirt bleibe. Dies darf
nicht übersehen werden und muß die gänzliche Befreiung der Schiffahrt von
vornherein unmöglich machen. Werden nun aber die Zölle auf der nieder¬
ere auf das durch das Bedürfniß des Flusses bezeichnete Minimum herab¬
gesetzt, so geht der Transport in viel höherem Maße als jetzt auf die Eisen¬
bahnen, wodurch die oberelbischen Staaten dann auch direct und indirect
höhere Erhebungen haben. Wer will da noch glauben, daß das particuläre
Interesse bei den Bestrebungen dieser Staaten ganz verstummt sei?

Die Zollgerechtsame auf der Elbe sind sehr hohen Alters. Anfangs un¬
bedeutende Abgaben wuchsen sie durch kaiserliche Verleihungen heran, und
diese waren Aequivalente für im deutschen Interesse errungene Verdienste und
gehabte Kriegseinbußen. Am 2l. Juli 1546 ertheilte der Kaiser dem Herzog
Albrecht von Mecklenburg die Erhebung des Elbzolles als Entschädigung für
die Einbußen, welche dieser bei seiiur auf kaiserlichen Befehl unternommenen
Betheiligung am dänischen Kriege erlitten hatte. -- Durch den Abschluß des
westfälischen Friedens verlor Mecklenburg an Schweden, wie es in der
kaiserlichen Bestätigung wörtlich heißt "das beste .Kleinod des Landes", die
Stadt Wismar mit dein Amte Neutloster und der Insel Poet, und erhielt
dasür die Bestätigung der Elbzvllgerechtsame. (Kais. Cons.-Art. von 1648,
11. März 1651, 17. Juni 165", 26. August 1693.) Wismar mit den eben
gedachten Pertinentien wurde eist im Jahre 1803 von Schweden für die
baare Summe von 1,875,000 Thalern wieder erkauft; man kann also wol
sagen, daß Mecklenburg wenigstens die Eibzollgerechtsame theuer genug er¬
standen hat. Jene Summe hat sich in der früheren Zeit aus dem Zoll selbst
nicht über 260,000 Thaler verzinst und ist dieser Zins in den letzten Jahren
auf 100,000 Thaler gesunken. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erlaubten
sich freilich manche Staaten, indem sie den Rechtspunkt verkannten, allerlei
Uebergriffe, bis dann 1815 die Flußschiffahrt auf Grund der Stipulationen
der wiener Congrcßacte geregelt und die Rechte der einzelnen Staaten auf
die Zollerhebungen bestimmt wurden. Was Mecklenburg betrifft, so erhielt
es die Bestätigung seiner Gerechtsame wiederum als Entschädigung, und außer
ihr und der Erhöhung seines Fürsten zum Großherzog ging es bei der Länder-


Andeutung, daß dieselbe so gar gering nicht sein darf. In den legten acht
Jahren sind die Klagen der Schiffer umfangreich und zahllos gewesen, da es,
eben wegen Vernachlässigung der oberelbischen Fahrstraße, der Schiffahrt selbst
unmöglich war, alle ihr zur Besorgung melkenden Güter zu transportiren
und diese zum großen Theil auf die für voluminöse Güter viel theurere Eisen¬
bahn übergehen mußten. Die Denkschrift der Hamburger Cvmmerzdeputation,
welche diese Verhältnisse berührt, macht deshalb ausdrücklich darauf aufmerk¬
sam, daß es durchaus wünschenswert!) sein müsse, wenn mindestens eine zur
Erhaltung des Fahrwassers genügende Elbabgnbe sixirt bleibe. Dies darf
nicht übersehen werden und muß die gänzliche Befreiung der Schiffahrt von
vornherein unmöglich machen. Werden nun aber die Zölle auf der nieder¬
ere auf das durch das Bedürfniß des Flusses bezeichnete Minimum herab¬
gesetzt, so geht der Transport in viel höherem Maße als jetzt auf die Eisen¬
bahnen, wodurch die oberelbischen Staaten dann auch direct und indirect
höhere Erhebungen haben. Wer will da noch glauben, daß das particuläre
Interesse bei den Bestrebungen dieser Staaten ganz verstummt sei?

Die Zollgerechtsame auf der Elbe sind sehr hohen Alters. Anfangs un¬
bedeutende Abgaben wuchsen sie durch kaiserliche Verleihungen heran, und
diese waren Aequivalente für im deutschen Interesse errungene Verdienste und
gehabte Kriegseinbußen. Am 2l. Juli 1546 ertheilte der Kaiser dem Herzog
Albrecht von Mecklenburg die Erhebung des Elbzolles als Entschädigung für
die Einbußen, welche dieser bei seiiur auf kaiserlichen Befehl unternommenen
Betheiligung am dänischen Kriege erlitten hatte. — Durch den Abschluß des
westfälischen Friedens verlor Mecklenburg an Schweden, wie es in der
kaiserlichen Bestätigung wörtlich heißt „das beste .Kleinod des Landes", die
Stadt Wismar mit dein Amte Neutloster und der Insel Poet, und erhielt
dasür die Bestätigung der Elbzvllgerechtsame. (Kais. Cons.-Art. von 1648,
11. März 1651, 17. Juni 165», 26. August 1693.) Wismar mit den eben
gedachten Pertinentien wurde eist im Jahre 1803 von Schweden für die
baare Summe von 1,875,000 Thalern wieder erkauft; man kann also wol
sagen, daß Mecklenburg wenigstens die Eibzollgerechtsame theuer genug er¬
standen hat. Jene Summe hat sich in der früheren Zeit aus dem Zoll selbst
nicht über 260,000 Thaler verzinst und ist dieser Zins in den letzten Jahren
auf 100,000 Thaler gesunken. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erlaubten
sich freilich manche Staaten, indem sie den Rechtspunkt verkannten, allerlei
Uebergriffe, bis dann 1815 die Flußschiffahrt auf Grund der Stipulationen
der wiener Congrcßacte geregelt und die Rechte der einzelnen Staaten auf
die Zollerhebungen bestimmt wurden. Was Mecklenburg betrifft, so erhielt
es die Bestätigung seiner Gerechtsame wiederum als Entschädigung, und außer
ihr und der Erhöhung seines Fürsten zum Großherzog ging es bei der Länder-


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[0122] Andeutung, daß dieselbe so gar gering nicht sein darf. In den legten acht Jahren sind die Klagen der Schiffer umfangreich und zahllos gewesen, da es, eben wegen Vernachlässigung der oberelbischen Fahrstraße, der Schiffahrt selbst unmöglich war, alle ihr zur Besorgung melkenden Güter zu transportiren und diese zum großen Theil auf die für voluminöse Güter viel theurere Eisen¬ bahn übergehen mußten. Die Denkschrift der Hamburger Cvmmerzdeputation, welche diese Verhältnisse berührt, macht deshalb ausdrücklich darauf aufmerk¬ sam, daß es durchaus wünschenswert!) sein müsse, wenn mindestens eine zur Erhaltung des Fahrwassers genügende Elbabgnbe sixirt bleibe. Dies darf nicht übersehen werden und muß die gänzliche Befreiung der Schiffahrt von vornherein unmöglich machen. Werden nun aber die Zölle auf der nieder¬ ere auf das durch das Bedürfniß des Flusses bezeichnete Minimum herab¬ gesetzt, so geht der Transport in viel höherem Maße als jetzt auf die Eisen¬ bahnen, wodurch die oberelbischen Staaten dann auch direct und indirect höhere Erhebungen haben. Wer will da noch glauben, daß das particuläre Interesse bei den Bestrebungen dieser Staaten ganz verstummt sei? Die Zollgerechtsame auf der Elbe sind sehr hohen Alters. Anfangs un¬ bedeutende Abgaben wuchsen sie durch kaiserliche Verleihungen heran, und diese waren Aequivalente für im deutschen Interesse errungene Verdienste und gehabte Kriegseinbußen. Am 2l. Juli 1546 ertheilte der Kaiser dem Herzog Albrecht von Mecklenburg die Erhebung des Elbzolles als Entschädigung für die Einbußen, welche dieser bei seiiur auf kaiserlichen Befehl unternommenen Betheiligung am dänischen Kriege erlitten hatte. — Durch den Abschluß des westfälischen Friedens verlor Mecklenburg an Schweden, wie es in der kaiserlichen Bestätigung wörtlich heißt „das beste .Kleinod des Landes", die Stadt Wismar mit dein Amte Neutloster und der Insel Poet, und erhielt dasür die Bestätigung der Elbzvllgerechtsame. (Kais. Cons.-Art. von 1648, 11. März 1651, 17. Juni 165», 26. August 1693.) Wismar mit den eben gedachten Pertinentien wurde eist im Jahre 1803 von Schweden für die baare Summe von 1,875,000 Thalern wieder erkauft; man kann also wol sagen, daß Mecklenburg wenigstens die Eibzollgerechtsame theuer genug er¬ standen hat. Jene Summe hat sich in der früheren Zeit aus dem Zoll selbst nicht über 260,000 Thaler verzinst und ist dieser Zins in den letzten Jahren auf 100,000 Thaler gesunken. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erlaubten sich freilich manche Staaten, indem sie den Rechtspunkt verkannten, allerlei Uebergriffe, bis dann 1815 die Flußschiffahrt auf Grund der Stipulationen der wiener Congrcßacte geregelt und die Rechte der einzelnen Staaten auf die Zollerhebungen bestimmt wurden. Was Mecklenburg betrifft, so erhielt es die Bestätigung seiner Gerechtsame wiederum als Entschädigung, und außer ihr und der Erhöhung seines Fürsten zum Großherzog ging es bei der Länder-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/122>, abgerufen am 22.12.2024.