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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Sache selbst, daß die an der unteren Elbe gelegenen Staaten, theils weil sie
selbst von dem zum Meere gehenden Verkehr und dessen Zollbeschrünkungen
wenig berührt wurden, theils weil sie von diesen eine bei der geringeren
Größe ihres Gebietes sehr wichtige Erhebung genossen, die Zollsrage haupt¬
sächlich von der finanziellen Seite betrachteten und für die Erhaltung ,der
Zölle bemüht waren. Unigekehrt waren aus ebenso natürlichen Gründen
die oberelbischen Staaten, deren Verkehr durch die vorweg auf der Niederelbe
erhobenen Abgaben bedrückt und beschränkt wurde, bei deren größerem Um¬
fang und hauptsächlich binnenlündischem Handel die Flußzollintraden über¬
haupt nur Nebensache sein konnten, aus volkswirthschaftlichen Gründen von
vornherein zu einer Herabsetzung oder Modification der Elbzölle geneigt. Es
kann demnach nicht auffallen, daß Hannover. Mecklenburg und Dänemark
(für Lauenbmg) auf der ersteren, Preußen. Sachsen und Oestreich auf der
zweiten Seite standen; die anhaltinischen Staaten zogen wieder aus den
Zöllen eine verhältnißmäßig große Einnahme (20 bis 30.-000 Thlr.) und
hielten deshalb zu den unterelbischen Ländern, während Hamburg, welches
überhaupt keinen Antheil an den Zolleinnahmen hatte, mit natürlicher Noth¬
wendigkeit auf Seiten der oberelbischen Länder stand. In den Rcvisions-
commisstonen gingen demnach die Anträge auf Herabsetzung der Zollsätze
stets von den oberelbischen Staaten und Hamburg aus, gleichwie der Wider¬
stand gegen sie von den niederclbischen Staaten unterhalten wurde. Wenn
aber die ersteren hiermit dem allgemeinen Verkehrsinteresse Rechnung zu
tragen scheinen, dem Interesse, welches auf Erleichterung der Vertehrsschranken
überhaupt gerichtet ist und welches durch die heute mehr oder minder allge¬
meine, aber immer durch wohlberechtigte volkswirthschaftliche Gründe unter¬
stützte Einsicht von der Schädlichkeit der eine Straße örtlich beschränkenden
Erhebungen getragen wird -- so ist dies durchaus der Sache nach nur ein
scheinbares, da die oberelbischen Staaten den Flußdurchgangs- in einen
Einfuhr-Zoll umgewandelt haben. Es läßt sich nicht verkennen, daß die ein¬
malige Zahlung Vortheile vor der häufigeren Zahlung hat, selbst wenn die
Summe in beiden Fällen gleich ist; aber es kann doch diese Modification der
Erhebung immer nicht mit einer völligen Sistirung derselben gleichgestellt
werden, eine Auffassung, welche das Auftreten der Commisjare jener Staaten
den niederelbischen gegenüber doch zur Geltung bringen zu wollen scheint.
Obwol wir der gänzlichen Aufhebung aller hier zur Rede stehenden Beschrän¬
kungen, so weit sie nicht rein die Erhaltung des Verkehrsweges (des Flusses)
bezwecken, unbedingt zugethan sind, fordert doch die Gerechtigkeit, daß diese
Momente hervorgehoben werden; denn es ist jedenfalls ein gleichmäßiges
Streben nicht, wenn ein Staat, der die Einkünfte solcher Erhebungen unter
verändertem Namen ganz oder theilweise in die Tasche steckt, von dein an-


Sache selbst, daß die an der unteren Elbe gelegenen Staaten, theils weil sie
selbst von dem zum Meere gehenden Verkehr und dessen Zollbeschrünkungen
wenig berührt wurden, theils weil sie von diesen eine bei der geringeren
Größe ihres Gebietes sehr wichtige Erhebung genossen, die Zollsrage haupt¬
sächlich von der finanziellen Seite betrachteten und für die Erhaltung ,der
Zölle bemüht waren. Unigekehrt waren aus ebenso natürlichen Gründen
die oberelbischen Staaten, deren Verkehr durch die vorweg auf der Niederelbe
erhobenen Abgaben bedrückt und beschränkt wurde, bei deren größerem Um¬
fang und hauptsächlich binnenlündischem Handel die Flußzollintraden über¬
haupt nur Nebensache sein konnten, aus volkswirthschaftlichen Gründen von
vornherein zu einer Herabsetzung oder Modification der Elbzölle geneigt. Es
kann demnach nicht auffallen, daß Hannover. Mecklenburg und Dänemark
(für Lauenbmg) auf der ersteren, Preußen. Sachsen und Oestreich auf der
zweiten Seite standen; die anhaltinischen Staaten zogen wieder aus den
Zöllen eine verhältnißmäßig große Einnahme (20 bis 30.-000 Thlr.) und
hielten deshalb zu den unterelbischen Ländern, während Hamburg, welches
überhaupt keinen Antheil an den Zolleinnahmen hatte, mit natürlicher Noth¬
wendigkeit auf Seiten der oberelbischen Länder stand. In den Rcvisions-
commisstonen gingen demnach die Anträge auf Herabsetzung der Zollsätze
stets von den oberelbischen Staaten und Hamburg aus, gleichwie der Wider¬
stand gegen sie von den niederclbischen Staaten unterhalten wurde. Wenn
aber die ersteren hiermit dem allgemeinen Verkehrsinteresse Rechnung zu
tragen scheinen, dem Interesse, welches auf Erleichterung der Vertehrsschranken
überhaupt gerichtet ist und welches durch die heute mehr oder minder allge¬
meine, aber immer durch wohlberechtigte volkswirthschaftliche Gründe unter¬
stützte Einsicht von der Schädlichkeit der eine Straße örtlich beschränkenden
Erhebungen getragen wird — so ist dies durchaus der Sache nach nur ein
scheinbares, da die oberelbischen Staaten den Flußdurchgangs- in einen
Einfuhr-Zoll umgewandelt haben. Es läßt sich nicht verkennen, daß die ein¬
malige Zahlung Vortheile vor der häufigeren Zahlung hat, selbst wenn die
Summe in beiden Fällen gleich ist; aber es kann doch diese Modification der
Erhebung immer nicht mit einer völligen Sistirung derselben gleichgestellt
werden, eine Auffassung, welche das Auftreten der Commisjare jener Staaten
den niederelbischen gegenüber doch zur Geltung bringen zu wollen scheint.
Obwol wir der gänzlichen Aufhebung aller hier zur Rede stehenden Beschrän¬
kungen, so weit sie nicht rein die Erhaltung des Verkehrsweges (des Flusses)
bezwecken, unbedingt zugethan sind, fordert doch die Gerechtigkeit, daß diese
Momente hervorgehoben werden; denn es ist jedenfalls ein gleichmäßiges
Streben nicht, wenn ein Staat, der die Einkünfte solcher Erhebungen unter
verändertem Namen ganz oder theilweise in die Tasche steckt, von dein an-


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[0116] Sache selbst, daß die an der unteren Elbe gelegenen Staaten, theils weil sie selbst von dem zum Meere gehenden Verkehr und dessen Zollbeschrünkungen wenig berührt wurden, theils weil sie von diesen eine bei der geringeren Größe ihres Gebietes sehr wichtige Erhebung genossen, die Zollsrage haupt¬ sächlich von der finanziellen Seite betrachteten und für die Erhaltung ,der Zölle bemüht waren. Unigekehrt waren aus ebenso natürlichen Gründen die oberelbischen Staaten, deren Verkehr durch die vorweg auf der Niederelbe erhobenen Abgaben bedrückt und beschränkt wurde, bei deren größerem Um¬ fang und hauptsächlich binnenlündischem Handel die Flußzollintraden über¬ haupt nur Nebensache sein konnten, aus volkswirthschaftlichen Gründen von vornherein zu einer Herabsetzung oder Modification der Elbzölle geneigt. Es kann demnach nicht auffallen, daß Hannover. Mecklenburg und Dänemark (für Lauenbmg) auf der ersteren, Preußen. Sachsen und Oestreich auf der zweiten Seite standen; die anhaltinischen Staaten zogen wieder aus den Zöllen eine verhältnißmäßig große Einnahme (20 bis 30.-000 Thlr.) und hielten deshalb zu den unterelbischen Ländern, während Hamburg, welches überhaupt keinen Antheil an den Zolleinnahmen hatte, mit natürlicher Noth¬ wendigkeit auf Seiten der oberelbischen Länder stand. In den Rcvisions- commisstonen gingen demnach die Anträge auf Herabsetzung der Zollsätze stets von den oberelbischen Staaten und Hamburg aus, gleichwie der Wider¬ stand gegen sie von den niederclbischen Staaten unterhalten wurde. Wenn aber die ersteren hiermit dem allgemeinen Verkehrsinteresse Rechnung zu tragen scheinen, dem Interesse, welches auf Erleichterung der Vertehrsschranken überhaupt gerichtet ist und welches durch die heute mehr oder minder allge¬ meine, aber immer durch wohlberechtigte volkswirthschaftliche Gründe unter¬ stützte Einsicht von der Schädlichkeit der eine Straße örtlich beschränkenden Erhebungen getragen wird — so ist dies durchaus der Sache nach nur ein scheinbares, da die oberelbischen Staaten den Flußdurchgangs- in einen Einfuhr-Zoll umgewandelt haben. Es läßt sich nicht verkennen, daß die ein¬ malige Zahlung Vortheile vor der häufigeren Zahlung hat, selbst wenn die Summe in beiden Fällen gleich ist; aber es kann doch diese Modification der Erhebung immer nicht mit einer völligen Sistirung derselben gleichgestellt werden, eine Auffassung, welche das Auftreten der Commisjare jener Staaten den niederelbischen gegenüber doch zur Geltung bringen zu wollen scheint. Obwol wir der gänzlichen Aufhebung aller hier zur Rede stehenden Beschrän¬ kungen, so weit sie nicht rein die Erhaltung des Verkehrsweges (des Flusses) bezwecken, unbedingt zugethan sind, fordert doch die Gerechtigkeit, daß diese Momente hervorgehoben werden; denn es ist jedenfalls ein gleichmäßiges Streben nicht, wenn ein Staat, der die Einkünfte solcher Erhebungen unter verändertem Namen ganz oder theilweise in die Tasche steckt, von dein an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/116>, abgerufen am 22.12.2024.