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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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wird dann gestehen, daß der berüchtigte deutsche Maurerschwamm hier weit
übertroffen wird. Vergebens haben die Directoren der Fabrik versucht, den
Arbeitern diese Zeitverschwendung abzugewöhnen, alle Verbote, bei der Arbeit
in der Fabrik zu rauchen, haben diese als einen unerhörten Eingriff in ihre
Rechte zurückgewiesen. Da ich einmal von diesen Arbeitern spreche, muß ich
doch auch einer sonderbaren Naschhaftigkeit erwähnen, die ihnen eigen ist.
Sie ziehen es nämlich gern vor, das Oel. welches ihnen zum Schmieren der
Maschinen verabfolgt wird, selbst zu trinken, und man ist dadurch genöthigt
worden, es vor dem Gebrauch auf eine besondere Art zu präpariren, um
ihnen das Gelüst danach zu verbieten. Wie schwierig und kostspielig serner
die Transporte hier zu Laube sind, erhellt schon aus dem, was ich oben an¬
geführt habe. Wo es Straßen gibt, sind sie zwar vortrefflich, aber es gibt
eben nur wenige. Es sei beispielsweise nur bemerkt, daß von Aviles nach
Gijon keine directe Straße führt, wer zu Wagen von dem einen Orte zum
andern reisen will, muß den Umweg über Oviedo. machen! Nicht das Näm¬
liche gilt von den Eisenbahnen. Allerdings ist ihre Zahl und Länge auch
geringfügig, aber der Betrieb darauf, -- ich rede zunächst von der Gijon-
Oviedobahn -- über alle Begriffe nachlässig, so daß sie, die von so großer Be¬
deutung sein könnte, fast zu gar nichts nützt. An bestimmte Abfahrts- und
Ankunftszeit ist nicht zu denken, der Maschinist fährt fort oder wartet, wie
es ihm eben beliebt. Oft bleibt ein Zug ohne allen nachweislichen Grund
auf einer Station liegen und die Passagiere mit ihm. Ein Tunnel, durch
den die Bahn geht, ist dem Einsturz nahe, so daß die Passagiere vor dem¬
selben aufsteigen und zu Fuß über den Berg gehen müssen, um auf der
andern Seite wieder einzusteigen. Das Nämliche geschieht bei einer schiefen
Ebene, die so lang und so steil ist, daß schon unzählig oft die Seile gerissen
sind. Es ist niemandem zu verdenken, wenn er dies für eine Satire hält,
ich kann aber versichern, daß es buchstäblich wahr ist.

Rechne man nun noch hinzu, daß die Negierung in ihrer chronischen
Finanznoth ein Auskunftsmittel in drückenden Steuern und Zöllen sucht, so
kann es nicht Wunder nehmen, wenn es die Gesellschaft vortheilhafter findet,
nur einen Theil ihrer Erze an Ort und Stelle zu verhüllen und das Uebrige
nach Belgien und England zu verkaufen, wo ihr sehr hohe Preise dafür be¬
zahlt werden. Selbst da aber, wo die Regierung Miene macht, die Indu¬
strie zu unterstützen, vergreift sie sich gewöhnlich in ihren Mitteln ganz und
gar. So hat sie vor kurzer Zeit viele Millionen Realen darauf verwendet,
in Ribadesclla. westlich von Gijon, einen großen und wirklich prächtigen
Hasen anzulegen, und der ganze Verkehr dieses Platzes beschränkt sich jährlich
auf zwanzig bis fünfundzwanzig ein- und auslaufende Schiffe. Wäre nur
die Hälfte dieser Summe auf den Hafen von Aviles verwendet worden, dessen


wird dann gestehen, daß der berüchtigte deutsche Maurerschwamm hier weit
übertroffen wird. Vergebens haben die Directoren der Fabrik versucht, den
Arbeitern diese Zeitverschwendung abzugewöhnen, alle Verbote, bei der Arbeit
in der Fabrik zu rauchen, haben diese als einen unerhörten Eingriff in ihre
Rechte zurückgewiesen. Da ich einmal von diesen Arbeitern spreche, muß ich
doch auch einer sonderbaren Naschhaftigkeit erwähnen, die ihnen eigen ist.
Sie ziehen es nämlich gern vor, das Oel. welches ihnen zum Schmieren der
Maschinen verabfolgt wird, selbst zu trinken, und man ist dadurch genöthigt
worden, es vor dem Gebrauch auf eine besondere Art zu präpariren, um
ihnen das Gelüst danach zu verbieten. Wie schwierig und kostspielig serner
die Transporte hier zu Laube sind, erhellt schon aus dem, was ich oben an¬
geführt habe. Wo es Straßen gibt, sind sie zwar vortrefflich, aber es gibt
eben nur wenige. Es sei beispielsweise nur bemerkt, daß von Aviles nach
Gijon keine directe Straße führt, wer zu Wagen von dem einen Orte zum
andern reisen will, muß den Umweg über Oviedo. machen! Nicht das Näm¬
liche gilt von den Eisenbahnen. Allerdings ist ihre Zahl und Länge auch
geringfügig, aber der Betrieb darauf, — ich rede zunächst von der Gijon-
Oviedobahn — über alle Begriffe nachlässig, so daß sie, die von so großer Be¬
deutung sein könnte, fast zu gar nichts nützt. An bestimmte Abfahrts- und
Ankunftszeit ist nicht zu denken, der Maschinist fährt fort oder wartet, wie
es ihm eben beliebt. Oft bleibt ein Zug ohne allen nachweislichen Grund
auf einer Station liegen und die Passagiere mit ihm. Ein Tunnel, durch
den die Bahn geht, ist dem Einsturz nahe, so daß die Passagiere vor dem¬
selben aufsteigen und zu Fuß über den Berg gehen müssen, um auf der
andern Seite wieder einzusteigen. Das Nämliche geschieht bei einer schiefen
Ebene, die so lang und so steil ist, daß schon unzählig oft die Seile gerissen
sind. Es ist niemandem zu verdenken, wenn er dies für eine Satire hält,
ich kann aber versichern, daß es buchstäblich wahr ist.

Rechne man nun noch hinzu, daß die Negierung in ihrer chronischen
Finanznoth ein Auskunftsmittel in drückenden Steuern und Zöllen sucht, so
kann es nicht Wunder nehmen, wenn es die Gesellschaft vortheilhafter findet,
nur einen Theil ihrer Erze an Ort und Stelle zu verhüllen und das Uebrige
nach Belgien und England zu verkaufen, wo ihr sehr hohe Preise dafür be¬
zahlt werden. Selbst da aber, wo die Regierung Miene macht, die Indu¬
strie zu unterstützen, vergreift sie sich gewöhnlich in ihren Mitteln ganz und
gar. So hat sie vor kurzer Zeit viele Millionen Realen darauf verwendet,
in Ribadesclla. westlich von Gijon, einen großen und wirklich prächtigen
Hasen anzulegen, und der ganze Verkehr dieses Platzes beschränkt sich jährlich
auf zwanzig bis fünfundzwanzig ein- und auslaufende Schiffe. Wäre nur
die Hälfte dieser Summe auf den Hafen von Aviles verwendet worden, dessen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/106>, abgerufen am 22.12.2024.