Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.Bremen hervorrief, hinsichtlich deren interessanten Details wir auf die steno¬ Bremen hervorrief, hinsichtlich deren interessanten Details wir auf die steno¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0093" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265902"/> <p xml:id="ID_214" prev="#ID_213" next="#ID_215"> Bremen hervorrief, hinsichtlich deren interessanten Details wir auf die steno¬<lb/> graphischen Berichte verweisen müssen. Dr. Kreuzberg aus Prag machte<lb/> nach einem historischen Rückblick auf die gewerblichen Verhältnisse Oestreichs<lb/> die erfreuliche Eröffnung, daß die Gcwcrbefrage in seinem Lande bald die<lb/> praktische Lösung finden werde, und Crusius. Buchbindermeister aus'Leipzig,<lb/> entgegnete aus die wider das „Handwerk" gerichteten Bemerkungen Boehmcrts,<lb/> daß nicht alle Uebelstände auf Rechnung des Zunftzwanges zu bringen seien,<lb/> daß eine wesentliche Ursache des Nichtfortschreitens der Zünste darin liege, daß<lb/> Seitens der Regierungen zu wenig für die Fortbildung der Handwerker geschehe.<lb/> Prince-Smith aus Berlin nahm Bodenart lebhaft in Schutz: nicht das<lb/> Handwerk sei angegriffen worden; das Handwerk, das Werk der Hand, der<lb/> Stolz des Menschen müsse geehrt werden; nur gegen die Einengung des Hand¬<lb/> werks protestire man. N. D. Wichmann aus Hamburg wies an einzelnen,<lb/> Thatsachen nach, daß die Verhältnisse in Hamburg um nichts besser als die<lb/> in Bremen seien. Die Bemerkung des Herrn Beck, des Vertreters des<lb/> Handwerkervereins in Magdeburg, daß die Gewerbe seit Einführung der Ge¬<lb/> werbefreiheit im Jahr 1807 in Preußen gelitten hätten, veranlaßte die Herrn<lb/> Stadtrath Dr. Woeniger und Präsident Leite von Berlin zu einer gründ¬<lb/> lichen Darlegung der gewerblichen Entwicklung in Preußen in diesem Jahr¬<lb/> hundert, deren Thatsachen wenig zu Gunsten der Zunftverfassung sprachen. Die<lb/> Argumente dieser Redner wurden noch verstärkt durch die statistische Angabe or.<lb/> Otto Hübners aus Berlin, daß von den infolge der die Gewerbefreiheit wieder<lb/> einschränkenden Gesetzgebung im Jahr 1849 eingesetzten sechsundneunzig Ge¬<lb/> werberäthen nur noch acht beständen und nur einer von diesen acht noch in<lb/> Thätigkeit sei. Advocat Braun aus Wiesbaden erwähnte über die Verhält¬<lb/> nisse des Herzogthums Nassau, daß von 1819 bis 1849 Gewerbefreiheit be¬<lb/> standen habe, welche seit 1849 einem Zwitterding gewichen sei, das man weder<lb/> Zunftzwang noch Gewerbefreiheit nennen könne. Aus dem Gesetz von 1849 hob er<lb/> einen Paragraphen hervor, welcher die absurde Bestimmung enthält, daß „ein<lb/> Handwerksgewerbe dasjenige ist. von welchem der Bezirksrath beschließt, daß es<lb/> als solches zu betrachten ist," — und daß der Bezirksrath auch die Grenzen jedes<lb/> Handwerks bezeichnen kann, wodurch, da achtundzwanzig Bezirksräthe in Nassau<lb/> existiren, eine achtundzwanzigsache abweichende Gesetzgebung in dieser Beziehung<lb/> stattfinden kann. Regierungsrath Dr. Engel aus Dresden wies auf den<lb/> eigenthümlichen Widerspruch der Zustände in Sachsen hin. wo neben der<lb/> Gewerbefreiheit in der einen Gegend, noch entschiedener Jnnungszwang in<lb/> der andern existire. wodurch Verwicklungen oft der seltsamsten Art entständen.<lb/> z. B. statten sich zur Zeit als die SchuhMttschuhe auskamen nicht weniger<lb/> als vier Zünfte über das Recht sie anzufertigen. Die Bewegung im Lande<lb/> für Gewerbefreiheit. an deren Spitze das rührige Chemnitz stehe, nehme fort-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0093]
Bremen hervorrief, hinsichtlich deren interessanten Details wir auf die steno¬
graphischen Berichte verweisen müssen. Dr. Kreuzberg aus Prag machte
nach einem historischen Rückblick auf die gewerblichen Verhältnisse Oestreichs
die erfreuliche Eröffnung, daß die Gcwcrbefrage in seinem Lande bald die
praktische Lösung finden werde, und Crusius. Buchbindermeister aus'Leipzig,
entgegnete aus die wider das „Handwerk" gerichteten Bemerkungen Boehmcrts,
daß nicht alle Uebelstände auf Rechnung des Zunftzwanges zu bringen seien,
daß eine wesentliche Ursache des Nichtfortschreitens der Zünste darin liege, daß
Seitens der Regierungen zu wenig für die Fortbildung der Handwerker geschehe.
Prince-Smith aus Berlin nahm Bodenart lebhaft in Schutz: nicht das
Handwerk sei angegriffen worden; das Handwerk, das Werk der Hand, der
Stolz des Menschen müsse geehrt werden; nur gegen die Einengung des Hand¬
werks protestire man. N. D. Wichmann aus Hamburg wies an einzelnen,
Thatsachen nach, daß die Verhältnisse in Hamburg um nichts besser als die
in Bremen seien. Die Bemerkung des Herrn Beck, des Vertreters des
Handwerkervereins in Magdeburg, daß die Gewerbe seit Einführung der Ge¬
werbefreiheit im Jahr 1807 in Preußen gelitten hätten, veranlaßte die Herrn
Stadtrath Dr. Woeniger und Präsident Leite von Berlin zu einer gründ¬
lichen Darlegung der gewerblichen Entwicklung in Preußen in diesem Jahr¬
hundert, deren Thatsachen wenig zu Gunsten der Zunftverfassung sprachen. Die
Argumente dieser Redner wurden noch verstärkt durch die statistische Angabe or.
Otto Hübners aus Berlin, daß von den infolge der die Gewerbefreiheit wieder
einschränkenden Gesetzgebung im Jahr 1849 eingesetzten sechsundneunzig Ge¬
werberäthen nur noch acht beständen und nur einer von diesen acht noch in
Thätigkeit sei. Advocat Braun aus Wiesbaden erwähnte über die Verhält¬
nisse des Herzogthums Nassau, daß von 1819 bis 1849 Gewerbefreiheit be¬
standen habe, welche seit 1849 einem Zwitterding gewichen sei, das man weder
Zunftzwang noch Gewerbefreiheit nennen könne. Aus dem Gesetz von 1849 hob er
einen Paragraphen hervor, welcher die absurde Bestimmung enthält, daß „ein
Handwerksgewerbe dasjenige ist. von welchem der Bezirksrath beschließt, daß es
als solches zu betrachten ist," — und daß der Bezirksrath auch die Grenzen jedes
Handwerks bezeichnen kann, wodurch, da achtundzwanzig Bezirksräthe in Nassau
existiren, eine achtundzwanzigsache abweichende Gesetzgebung in dieser Beziehung
stattfinden kann. Regierungsrath Dr. Engel aus Dresden wies auf den
eigenthümlichen Widerspruch der Zustände in Sachsen hin. wo neben der
Gewerbefreiheit in der einen Gegend, noch entschiedener Jnnungszwang in
der andern existire. wodurch Verwicklungen oft der seltsamsten Art entständen.
z. B. statten sich zur Zeit als die SchuhMttschuhe auskamen nicht weniger
als vier Zünfte über das Recht sie anzufertigen. Die Bewegung im Lande
für Gewerbefreiheit. an deren Spitze das rührige Chemnitz stehe, nehme fort-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |