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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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machten Erfahrungen zu thun und so den geeigneten Mittelpunkt für
die zerstreuten Notizen auf diesem wichtigen Felde zu bilden.
IV. Der Kongreß beschließt einen Ausschuß zu ernennen, welcher die vomvolks-
wirthschaftlichen Standpunkt wünschenswerte Gestaltung der künftigen
Handelspolitik und der Zollgesetzgebung des Zollvereins darzulegen hat.
Für die Ausstellung eines Zolltarifs sind folgende Gesichtspunkte festzu¬
halten:
1) Möglichste Vereinfachung des Tarifs, und vollständige Aufhebung aller
finanziell unerheblichen Zölle.
2) Beseitigung, resp. Ermäßigung derjenigen Schutzzölle, welche durch das
wirthschaftliche Bewußtsein der Gegenwart als unvereinbar mit einer
gesunden industriellen Entwicklung anerkannt sind.
3) Sicherung einer solchen Zolleinnahme, welche der jetzigen nicht nach¬
steht.
Der Ausschuß hat zeitig vor der nächsten Versammlung deutscher
Volkswirthe seine Arbeit der ständigen Deputation, womöglich bereits
gedruckt, vorzulegen zur Erwägung darüber, ob und in wie weit diese
Arbeit auf die Tagesordnung des nächsten Kongresses zu stellen sei.
In diesen Ausschuß wurden die Herrn Dr. Wolff in Stettin,
O. Michaelis und Prince-Smith in Berlin gewählt und denselben
freigestellt, sich durch eine wettere Anzahl berathende Mitglieder zu er¬
gänzen.
V. Verschiedene Anträge einzelner Mitglieder, Aufhebung des Salzmonopols,
der Spielbanken u. s. w. betreffend wurden der ständigen Deputation
Zur geeigneten Berücksichtigung bei der nächstjährigen Tagesordnung über¬
wiesen und schließlich noch von der letzteren mit Genehmigung des Con-
gresses die Anordnung getroffen, daß die officiellen Protocolle und die
stenographischen Berichte über die Verhandlungen der Versammlung in
dem zu Frankfurt a. M. erscheinenden "Arbeitgeber" abgedruckt werden.

Wenn wir uns diese Beschlüsse genau betrachten und einen Vergleich mit
den Bestrebungen für das Volkswohl bei,unsern Nachbarvölkern anstellen,
so können wir wol mit einigem Stolz auf diese gemeinsame Wirksamkeit
deutscher Volkswirthe Hinblicken. Wir hörten da nichts von den phrasenhaften
Exclamationen über den einreißenden Pauperismus, welche z. B. bei dem
Inland Wohlthätigkeitscongreß von Herren in weißer Cravatte bei Cham¬
pagner und Trüffeln zu Markt getragen wurden. Wir vernahmen nichts von
Mer socialistischen Systemen, denen z. B. Frankreich zum großen Theil seine
^deenverwirrung und den Despotismus, unter dem es jetzt seufzt!, verdankt,
auch nichts vom "Recht auf Arbeit", nichts von der "Nothwendigkeit
der Vernichtung des Capitals", nichts von Arbeiterwerkstättcn, nichts von


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machten Erfahrungen zu thun und so den geeigneten Mittelpunkt für
die zerstreuten Notizen auf diesem wichtigen Felde zu bilden.
IV. Der Kongreß beschließt einen Ausschuß zu ernennen, welcher die vomvolks-
wirthschaftlichen Standpunkt wünschenswerte Gestaltung der künftigen
Handelspolitik und der Zollgesetzgebung des Zollvereins darzulegen hat.
Für die Ausstellung eines Zolltarifs sind folgende Gesichtspunkte festzu¬
halten:
1) Möglichste Vereinfachung des Tarifs, und vollständige Aufhebung aller
finanziell unerheblichen Zölle.
2) Beseitigung, resp. Ermäßigung derjenigen Schutzzölle, welche durch das
wirthschaftliche Bewußtsein der Gegenwart als unvereinbar mit einer
gesunden industriellen Entwicklung anerkannt sind.
3) Sicherung einer solchen Zolleinnahme, welche der jetzigen nicht nach¬
steht.
Der Ausschuß hat zeitig vor der nächsten Versammlung deutscher
Volkswirthe seine Arbeit der ständigen Deputation, womöglich bereits
gedruckt, vorzulegen zur Erwägung darüber, ob und in wie weit diese
Arbeit auf die Tagesordnung des nächsten Kongresses zu stellen sei.
In diesen Ausschuß wurden die Herrn Dr. Wolff in Stettin,
O. Michaelis und Prince-Smith in Berlin gewählt und denselben
freigestellt, sich durch eine wettere Anzahl berathende Mitglieder zu er¬
gänzen.
V. Verschiedene Anträge einzelner Mitglieder, Aufhebung des Salzmonopols,
der Spielbanken u. s. w. betreffend wurden der ständigen Deputation
Zur geeigneten Berücksichtigung bei der nächstjährigen Tagesordnung über¬
wiesen und schließlich noch von der letzteren mit Genehmigung des Con-
gresses die Anordnung getroffen, daß die officiellen Protocolle und die
stenographischen Berichte über die Verhandlungen der Versammlung in
dem zu Frankfurt a. M. erscheinenden „Arbeitgeber" abgedruckt werden.

Wenn wir uns diese Beschlüsse genau betrachten und einen Vergleich mit
den Bestrebungen für das Volkswohl bei,unsern Nachbarvölkern anstellen,
so können wir wol mit einigem Stolz auf diese gemeinsame Wirksamkeit
deutscher Volkswirthe Hinblicken. Wir hörten da nichts von den phrasenhaften
Exclamationen über den einreißenden Pauperismus, welche z. B. bei dem
Inland Wohlthätigkeitscongreß von Herren in weißer Cravatte bei Cham¬
pagner und Trüffeln zu Markt getragen wurden. Wir vernahmen nichts von
Mer socialistischen Systemen, denen z. B. Frankreich zum großen Theil seine
^deenverwirrung und den Despotismus, unter dem es jetzt seufzt!, verdankt,
auch nichts vom „Recht auf Arbeit", nichts von der „Nothwendigkeit
der Vernichtung des Capitals", nichts von Arbeiterwerkstättcn, nichts von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/91>, abgerufen am 26.07.2024.