Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.halbverdürstet nach dem frischen Labetrunk greifen. Es ist ein einfaches Es bleiben von den Koryphäen deutscher Kunst noch Cornelius und Kaul¬ halbverdürstet nach dem frischen Labetrunk greifen. Es ist ein einfaches Es bleiben von den Koryphäen deutscher Kunst noch Cornelius und Kaul¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265871"/> <p xml:id="ID_144" prev="#ID_143"> halbverdürstet nach dem frischen Labetrunk greifen. Es ist ein einfaches<lb/> Bild aus dem Volke, in Sevilla hat es der Künstler wahrscheinlich oft genug<lb/> erblickt, alltäglich kann man auch jetzt es an heißen Sommertagen schauen.<lb/> Kein „fons viwo" steht auf dem Bild geschrieben. Wozu auch? desto deut¬<lb/> licher spricht aus den Gestalten die belebende Kraft der ältesten Gottesgabe.<lb/> Wenn es eines warnenden Beispieles gegen die symbolische Malerei noch be¬<lb/> dürfte, hier wäre es gegeben. Das Bildniß Jmmermnnns aus dem I. 18?4<lb/> zeigt, was Schadow war, ehe ihm unklare Speculationen das einfache Kunst¬<lb/> gefühl raubten, und erklärt, warum der Geschichtschreiber der modernen Kunst<lb/> anerkennender von ihm spricht, als es nach einzelnen hier vorhandenen Proben<lb/> gerechtfertigt erscheint. Um Schmorr zu beurtheilen, überhaupt eingehend<lb/> kennen zu lernen, wird man wohl daran thun, in den Rcsidenzbau zu pilgern,<lb/> hier, wo er nur kärglich (die Hauptwerke nur durch Kupferstiche) vertreten ist.<lb/> dürfte eine h. Familie aus d. I. 1817 vorzugsweise interessiren. Johannes<lb/> Eltern sind'nach Nazareth zu Besuch gekommen und werden vom h. Joseph<lb/> herzlich begrüßt. Die Madonna selbst .sitzt in einem eingezäunten Hof. den<lb/> Schlaf des Christkindes bewachend. Daß der kleine Johannes von der<lb/> Ferne bereits schelmisch auf den Spielkameraden weist, ist ein glücklich er¬<lb/> fundener, naiver Zug. Im Uebrigen wird man die strenge Nachbildung vor-<lb/> raphaclischcr Muster, einen Rückfall in primitive Formen, eine steile, hölzerne<lb/> Komposition, die bloße Färbung der von scharfen Contouren eingeschlossenen<lb/> Flächen statt eines lebendigen Colorites wahrnehmen. Welche Fülle von<lb/> Kraft und welche Gesundheit gehörte dazu, um von diesem Bilde die Ent¬<lb/> wicklung bis zum Nibelungcncyklus und zu den biblischen Zeichnungen zu<lb/> finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_145" next="#ID_146"> Es bleiben von den Koryphäen deutscher Kunst noch Cornelius und Kaul¬<lb/> bach übrig. Die wahrscheinlich auswärts verbreitete Meinung, die Werke<lb/> dieser Männer würden den Mittelpunkt der Ausstellung bilden, die gewaltigste<lb/> Anziehungskraft üben, wird nicht bestätigt. Die Mehrzahl der Besucher geht<lb/> ruhigen, ja gleichgiltigen Blickes an denselben vorüber und hat Muße und<lb/> Aufmerksamkeit genug für die Betrachtung und Bewunderung der übrigen aus¬<lb/> gestellten Bilder übrig. Doch das entscheidet nicht/ Zunächst sind es sämmt¬<lb/> lich schon wohlbekannte und oft geschaute Werke, die uns hier entgegentreten.<lb/> Von Cornelius sehen wir einzelne Cartons zu den Fresken in der Glyptothek,<lb/> in der Ludwigskirche und im berliner Llrmxo fundo. Kaulbach wird re-<lb/> präsentirt durch Fragmente des Bilderschmuckcs im berliner neuen Museum:<lb/> durch die Cartons der Völkerschcidung, des welthistorischen (nicht der Be¬<lb/> deutung, sondern dem Inhalt nach) Kinderfrieses und einzelne allegorische Fi¬<lb/> guren. Die Hoffnung. den vielgerühmten Entwurf zur Salamisschlacht zu<lb/> sehen, ging leider nicht in Erfüllung. Dazu kommt noch der weitere Umstand,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
halbverdürstet nach dem frischen Labetrunk greifen. Es ist ein einfaches
Bild aus dem Volke, in Sevilla hat es der Künstler wahrscheinlich oft genug
erblickt, alltäglich kann man auch jetzt es an heißen Sommertagen schauen.
Kein „fons viwo" steht auf dem Bild geschrieben. Wozu auch? desto deut¬
licher spricht aus den Gestalten die belebende Kraft der ältesten Gottesgabe.
Wenn es eines warnenden Beispieles gegen die symbolische Malerei noch be¬
dürfte, hier wäre es gegeben. Das Bildniß Jmmermnnns aus dem I. 18?4
zeigt, was Schadow war, ehe ihm unklare Speculationen das einfache Kunst¬
gefühl raubten, und erklärt, warum der Geschichtschreiber der modernen Kunst
anerkennender von ihm spricht, als es nach einzelnen hier vorhandenen Proben
gerechtfertigt erscheint. Um Schmorr zu beurtheilen, überhaupt eingehend
kennen zu lernen, wird man wohl daran thun, in den Rcsidenzbau zu pilgern,
hier, wo er nur kärglich (die Hauptwerke nur durch Kupferstiche) vertreten ist.
dürfte eine h. Familie aus d. I. 1817 vorzugsweise interessiren. Johannes
Eltern sind'nach Nazareth zu Besuch gekommen und werden vom h. Joseph
herzlich begrüßt. Die Madonna selbst .sitzt in einem eingezäunten Hof. den
Schlaf des Christkindes bewachend. Daß der kleine Johannes von der
Ferne bereits schelmisch auf den Spielkameraden weist, ist ein glücklich er¬
fundener, naiver Zug. Im Uebrigen wird man die strenge Nachbildung vor-
raphaclischcr Muster, einen Rückfall in primitive Formen, eine steile, hölzerne
Komposition, die bloße Färbung der von scharfen Contouren eingeschlossenen
Flächen statt eines lebendigen Colorites wahrnehmen. Welche Fülle von
Kraft und welche Gesundheit gehörte dazu, um von diesem Bilde die Ent¬
wicklung bis zum Nibelungcncyklus und zu den biblischen Zeichnungen zu
finden.
Es bleiben von den Koryphäen deutscher Kunst noch Cornelius und Kaul¬
bach übrig. Die wahrscheinlich auswärts verbreitete Meinung, die Werke
dieser Männer würden den Mittelpunkt der Ausstellung bilden, die gewaltigste
Anziehungskraft üben, wird nicht bestätigt. Die Mehrzahl der Besucher geht
ruhigen, ja gleichgiltigen Blickes an denselben vorüber und hat Muße und
Aufmerksamkeit genug für die Betrachtung und Bewunderung der übrigen aus¬
gestellten Bilder übrig. Doch das entscheidet nicht/ Zunächst sind es sämmt¬
lich schon wohlbekannte und oft geschaute Werke, die uns hier entgegentreten.
Von Cornelius sehen wir einzelne Cartons zu den Fresken in der Glyptothek,
in der Ludwigskirche und im berliner Llrmxo fundo. Kaulbach wird re-
präsentirt durch Fragmente des Bilderschmuckcs im berliner neuen Museum:
durch die Cartons der Völkerschcidung, des welthistorischen (nicht der Be¬
deutung, sondern dem Inhalt nach) Kinderfrieses und einzelne allegorische Fi¬
guren. Die Hoffnung. den vielgerühmten Entwurf zur Salamisschlacht zu
sehen, ging leider nicht in Erfüllung. Dazu kommt noch der weitere Umstand,
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