Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.tausend Grönländer als das holstein-lauenburgsche Contingent aufmarschirten. Wir glauben mit Beseler, daß in dieser Ansicht Wahres sich mit Falschen tausend Grönländer als das holstein-lauenburgsche Contingent aufmarschirten. Wir glauben mit Beseler, daß in dieser Ansicht Wahres sich mit Falschen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266305"/> <p xml:id="ID_1414" prev="#ID_1413"> tausend Grönländer als das holstein-lauenburgsche Contingent aufmarschirten.<lb/> Das ist im Hinblick auf die östreichischen Heereseinrichtungen folgerichtig; wie<lb/> es vom östreichischen Standpunkt im Allgemeinen folgerichtig schien, wenn<lb/> man bisher den dänischen Gesammtstaat für lebensfähig ansah und sich<lb/> der dänischen Regierung gegenüber darauf beschränkte, daß man sie warnte,<lb/> ihre Uebergriffe nicht auf die Spitze zu treiben, und ihr rieth, durch kluge<lb/> Milde die Geister politischer und nationaler Erregtheit zu beschwichtigen,<lb/> im ganzen Bereich der Monarchie die fürstliche Gewalt als den Hort aller<lb/> berechtigten Interessen zu befestigen, in Dänemark die Demokratie zu zügeln<lb/> und dem deutschen Bunde gegenüber die diplomatische Schicklichkeit zu be¬<lb/> wahren. Mehr konnte Oestreich, sagte man, nicht thun. Denn abgesehen<lb/> von seiner Eifersucht gegen Preußen, fand es in der dänischen Monarchie nur<lb/> das verkleinerte Spiegelbild des Ländercomplexes, der durch das viribus uni-<lb/> tis zu einem nur noch provinziell gegliederten Einheitsstaate geworden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1415" next="#ID_1416"> Wir glauben mit Beseler, daß in dieser Ansicht Wahres sich mit Falschen<lb/> mischt. Zunächst verpflichtet die Aehnlichkeit politischer Einrichtungen einen Staat<lb/> nicht immer zur Unterstützung des ähnlich geordneten; es ist sogar, wie jetzt<lb/> unter anderen das Verhältniß Rußlands zu Sardinien zeigt, bisweilen das<lb/> Gegentheil der Fall. Sodnnn aber ist. wie Beseler nachweist, die Aehnlich¬<lb/> keit zwischen Neuöstreich und der dänischen Monarchie geringer als die<lb/> Verschiedenheit beider. Der Kaiser von Oestreich steht an der Spitze des<lb/> Staats, mit unbeschränkter Gewalt, die allen Nationalitäten, abgesehn davon,<lb/> daß dem deutschen Culturelement eine bestimmte ausgezeichnete Stelle ein¬<lb/> geräumt ist, die Bürgschaft gibt, daß keine unter ihnen zur Herrschaft gelange,<lb/> daß jeder ihr Recht werde. Anders im dänischen Gesammtstaat (den die Post-<lb/> zeichen aus Kiel und Altona als „Königreich Dänemark" bezeichnen). Dieser<lb/> ist, wie gezeigt, ein halb beschränkt, halb unbeschränkt regiertes Gebiet/ dessen<lb/> vortheilhafter gestelltes Volk die andere Hälfte zu beherrschen strebt und sie<lb/> finanziell ausbeutet. Während ferner in Oestreich der deutschen Sprache in<lb/> bestimmten Beziehungen eine besondere Stellung eingeräumt ist, weil sie zu<lb/> den großen Völkersprachen gehört, und (wie der Slavencongreß in Prag be¬<lb/> wies) unter den zahlreichen Idiomen eine Sprache sein muß, deren Verständ¬<lb/> niß man bei allen voraussetzt, wird das Deutsche in der dänischen Monarchie<lb/> vielfach gemißhandelt und dem Dänischen, welches außerhalb seines eigensten<lb/> Gebiets unbekannt ist, das Uebergewicht verliehen, ja man sucht es den Deut¬<lb/> schen durch die Polizei aufzudrängen. Während die östreichische Armee keine<lb/> deutsche, ungarische oder italienische, sondern die Armee des Kaisers von Oest¬<lb/> reich ist, in der alle Nationalitäten in der Erlangung militärischer Grade<lb/> gleichgestellt sind, wird die Armee des Königs von Dänemark und Herzogs<lb/> von Schleswig-Holstein und Lauenburg als eine national-dünische behandelt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
tausend Grönländer als das holstein-lauenburgsche Contingent aufmarschirten.
Das ist im Hinblick auf die östreichischen Heereseinrichtungen folgerichtig; wie
es vom östreichischen Standpunkt im Allgemeinen folgerichtig schien, wenn
man bisher den dänischen Gesammtstaat für lebensfähig ansah und sich
der dänischen Regierung gegenüber darauf beschränkte, daß man sie warnte,
ihre Uebergriffe nicht auf die Spitze zu treiben, und ihr rieth, durch kluge
Milde die Geister politischer und nationaler Erregtheit zu beschwichtigen,
im ganzen Bereich der Monarchie die fürstliche Gewalt als den Hort aller
berechtigten Interessen zu befestigen, in Dänemark die Demokratie zu zügeln
und dem deutschen Bunde gegenüber die diplomatische Schicklichkeit zu be¬
wahren. Mehr konnte Oestreich, sagte man, nicht thun. Denn abgesehen
von seiner Eifersucht gegen Preußen, fand es in der dänischen Monarchie nur
das verkleinerte Spiegelbild des Ländercomplexes, der durch das viribus uni-
tis zu einem nur noch provinziell gegliederten Einheitsstaate geworden ist.
Wir glauben mit Beseler, daß in dieser Ansicht Wahres sich mit Falschen
mischt. Zunächst verpflichtet die Aehnlichkeit politischer Einrichtungen einen Staat
nicht immer zur Unterstützung des ähnlich geordneten; es ist sogar, wie jetzt
unter anderen das Verhältniß Rußlands zu Sardinien zeigt, bisweilen das
Gegentheil der Fall. Sodnnn aber ist. wie Beseler nachweist, die Aehnlich¬
keit zwischen Neuöstreich und der dänischen Monarchie geringer als die
Verschiedenheit beider. Der Kaiser von Oestreich steht an der Spitze des
Staats, mit unbeschränkter Gewalt, die allen Nationalitäten, abgesehn davon,
daß dem deutschen Culturelement eine bestimmte ausgezeichnete Stelle ein¬
geräumt ist, die Bürgschaft gibt, daß keine unter ihnen zur Herrschaft gelange,
daß jeder ihr Recht werde. Anders im dänischen Gesammtstaat (den die Post-
zeichen aus Kiel und Altona als „Königreich Dänemark" bezeichnen). Dieser
ist, wie gezeigt, ein halb beschränkt, halb unbeschränkt regiertes Gebiet/ dessen
vortheilhafter gestelltes Volk die andere Hälfte zu beherrschen strebt und sie
finanziell ausbeutet. Während ferner in Oestreich der deutschen Sprache in
bestimmten Beziehungen eine besondere Stellung eingeräumt ist, weil sie zu
den großen Völkersprachen gehört, und (wie der Slavencongreß in Prag be¬
wies) unter den zahlreichen Idiomen eine Sprache sein muß, deren Verständ¬
niß man bei allen voraussetzt, wird das Deutsche in der dänischen Monarchie
vielfach gemißhandelt und dem Dänischen, welches außerhalb seines eigensten
Gebiets unbekannt ist, das Uebergewicht verliehen, ja man sucht es den Deut¬
schen durch die Polizei aufzudrängen. Während die östreichische Armee keine
deutsche, ungarische oder italienische, sondern die Armee des Kaisers von Oest¬
reich ist, in der alle Nationalitäten in der Erlangung militärischer Grade
gleichgestellt sind, wird die Armee des Königs von Dänemark und Herzogs
von Schleswig-Holstein und Lauenburg als eine national-dünische behandelt.
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