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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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aber mit gemeinsamer Gesetzgebung und Verwaltung im Widerspruch, So ist
die reine Wiederherstellung des Ltlrtus <zuo arts durch die Dänen selbst un¬
möglich gemacht, aber zum Vortheil der Schleswig-Holsteiner; denn die dä¬
nische Verfassung führt mit Nothwendigkeit zu einer Schleswig-holsteinischen,
zu der Form des Staatslebens, welche zugleich die beste Gewähr für die Auf¬
rechthaltung der reinen Personalunion gegen etwaige Uebergriffe des dänischen
Volks und seines Königs ist.

3) Das Herzogthum Holstein ist mit dänischen Beamten überschwemmt,
das Holstein-lauenburgische Contingent wird fast nur von Dänen befehligt.
Schleswig ist noch übler daran. Es muß beiden Ländern ihr verfassungs¬
mäßiges Jndigenat gewährt werden, und dazu ist keine Aussicht, wofern -
nicht die reine Personalunion wiederhergestellt und in den Herzogthümern durch
eine gemeinsame Verfassung geschützt wird, welche dann selbstverständlich die
Bestimmung enthalten müßte, daß in Schleswig-Holstein nur Schleswig-
Holstciner zum Staatsdienst berechtigt seien. Auf Grund der wiederholt er¬
wähnten Bekanntmachung von 18S2 ist in dieser Beziehung nichts zu errei¬
chen. Verspräche man aber auch in Kopenhagen, die Dänen bei der Ver¬
wendung im Staatsdienst nicht zu bevorzugen, so würden sich solche Versprechungen
leicht illusorisch machen lassen.

Gegen eine solche Anlegung des Streites, führt die Schrift fort, könnten
sich die Dänen auf das londoner Protokoll nicht berufen, da der dispositive
Theil dieses Vertrags sich nur auf die Regelung der Erbfolge im Hause
Oldenburg bezieht. Der Vertrag hatte einfach den Zweck, zu verhüten,
daß nach dem Ableben des jetzigen dänischen Königs und seines Oheims,
des Erbprinzen Ferdinand, die verschiedene Erbfolge in Dänemark und Schles¬
wig-Holstein die zwischen beiden Ländern bestehende Personalunion aufheben
würde. Wie im Uebrigen die Verhältnisse der Herzogtümer und Dänemarks
zueinander völkerrechtlich und staatsrechtlich zu ordnen seien, sagt das Pro¬
tokoll nicht; damit sich zu beschäftigen, fanden die Mächte kein Interesse.
Der dänisch-deutsche Siaatencomvlex sollte in seinem bisherigen Gebicts-
umfange als nothwendig für das europäische Gleichgewicht erhalten bleiben;
die Form, unter der dies geschah, war gleichgiltig").

Wenn die Dänen, um den jetzigen Zustand auf der cimbrischen Halb¬
insel als wenigstens von den deutschen Mächten geschaffen darzustellen, sich
aus die östreichischen und preußischen Noten und Depeschen von 185t und
1852 berufen wollten, so würde ihnen entgegenzuhalten sein, daß es Friedens¬
schlüsse und Verträge gibt, welche deshalb unhaltbar sind, weil sie dem einen



Eine Ansicht, welche selbst von russischen officiösen Blätter", die freilich für die Stellung
des Cabinets zu der Frage nichts beweisen, mit größter Offenheit ausgesProch'en wurde.

aber mit gemeinsamer Gesetzgebung und Verwaltung im Widerspruch, So ist
die reine Wiederherstellung des Ltlrtus <zuo arts durch die Dänen selbst un¬
möglich gemacht, aber zum Vortheil der Schleswig-Holsteiner; denn die dä¬
nische Verfassung führt mit Nothwendigkeit zu einer Schleswig-holsteinischen,
zu der Form des Staatslebens, welche zugleich die beste Gewähr für die Auf¬
rechthaltung der reinen Personalunion gegen etwaige Uebergriffe des dänischen
Volks und seines Königs ist.

3) Das Herzogthum Holstein ist mit dänischen Beamten überschwemmt,
das Holstein-lauenburgische Contingent wird fast nur von Dänen befehligt.
Schleswig ist noch übler daran. Es muß beiden Ländern ihr verfassungs¬
mäßiges Jndigenat gewährt werden, und dazu ist keine Aussicht, wofern -
nicht die reine Personalunion wiederhergestellt und in den Herzogthümern durch
eine gemeinsame Verfassung geschützt wird, welche dann selbstverständlich die
Bestimmung enthalten müßte, daß in Schleswig-Holstein nur Schleswig-
Holstciner zum Staatsdienst berechtigt seien. Auf Grund der wiederholt er¬
wähnten Bekanntmachung von 18S2 ist in dieser Beziehung nichts zu errei¬
chen. Verspräche man aber auch in Kopenhagen, die Dänen bei der Ver¬
wendung im Staatsdienst nicht zu bevorzugen, so würden sich solche Versprechungen
leicht illusorisch machen lassen.

Gegen eine solche Anlegung des Streites, führt die Schrift fort, könnten
sich die Dänen auf das londoner Protokoll nicht berufen, da der dispositive
Theil dieses Vertrags sich nur auf die Regelung der Erbfolge im Hause
Oldenburg bezieht. Der Vertrag hatte einfach den Zweck, zu verhüten,
daß nach dem Ableben des jetzigen dänischen Königs und seines Oheims,
des Erbprinzen Ferdinand, die verschiedene Erbfolge in Dänemark und Schles¬
wig-Holstein die zwischen beiden Ländern bestehende Personalunion aufheben
würde. Wie im Uebrigen die Verhältnisse der Herzogtümer und Dänemarks
zueinander völkerrechtlich und staatsrechtlich zu ordnen seien, sagt das Pro¬
tokoll nicht; damit sich zu beschäftigen, fanden die Mächte kein Interesse.
Der dänisch-deutsche Siaatencomvlex sollte in seinem bisherigen Gebicts-
umfange als nothwendig für das europäische Gleichgewicht erhalten bleiben;
die Form, unter der dies geschah, war gleichgiltig").

Wenn die Dänen, um den jetzigen Zustand auf der cimbrischen Halb¬
insel als wenigstens von den deutschen Mächten geschaffen darzustellen, sich
aus die östreichischen und preußischen Noten und Depeschen von 185t und
1852 berufen wollten, so würde ihnen entgegenzuhalten sein, daß es Friedens¬
schlüsse und Verträge gibt, welche deshalb unhaltbar sind, weil sie dem einen



Eine Ansicht, welche selbst von russischen officiösen Blätter», die freilich für die Stellung
des Cabinets zu der Frage nichts beweisen, mit größter Offenheit ausgesProch'en wurde.
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[0493] aber mit gemeinsamer Gesetzgebung und Verwaltung im Widerspruch, So ist die reine Wiederherstellung des Ltlrtus <zuo arts durch die Dänen selbst un¬ möglich gemacht, aber zum Vortheil der Schleswig-Holsteiner; denn die dä¬ nische Verfassung führt mit Nothwendigkeit zu einer Schleswig-holsteinischen, zu der Form des Staatslebens, welche zugleich die beste Gewähr für die Auf¬ rechthaltung der reinen Personalunion gegen etwaige Uebergriffe des dänischen Volks und seines Königs ist. 3) Das Herzogthum Holstein ist mit dänischen Beamten überschwemmt, das Holstein-lauenburgische Contingent wird fast nur von Dänen befehligt. Schleswig ist noch übler daran. Es muß beiden Ländern ihr verfassungs¬ mäßiges Jndigenat gewährt werden, und dazu ist keine Aussicht, wofern - nicht die reine Personalunion wiederhergestellt und in den Herzogthümern durch eine gemeinsame Verfassung geschützt wird, welche dann selbstverständlich die Bestimmung enthalten müßte, daß in Schleswig-Holstein nur Schleswig- Holstciner zum Staatsdienst berechtigt seien. Auf Grund der wiederholt er¬ wähnten Bekanntmachung von 18S2 ist in dieser Beziehung nichts zu errei¬ chen. Verspräche man aber auch in Kopenhagen, die Dänen bei der Ver¬ wendung im Staatsdienst nicht zu bevorzugen, so würden sich solche Versprechungen leicht illusorisch machen lassen. Gegen eine solche Anlegung des Streites, führt die Schrift fort, könnten sich die Dänen auf das londoner Protokoll nicht berufen, da der dispositive Theil dieses Vertrags sich nur auf die Regelung der Erbfolge im Hause Oldenburg bezieht. Der Vertrag hatte einfach den Zweck, zu verhüten, daß nach dem Ableben des jetzigen dänischen Königs und seines Oheims, des Erbprinzen Ferdinand, die verschiedene Erbfolge in Dänemark und Schles¬ wig-Holstein die zwischen beiden Ländern bestehende Personalunion aufheben würde. Wie im Uebrigen die Verhältnisse der Herzogtümer und Dänemarks zueinander völkerrechtlich und staatsrechtlich zu ordnen seien, sagt das Pro¬ tokoll nicht; damit sich zu beschäftigen, fanden die Mächte kein Interesse. Der dänisch-deutsche Siaatencomvlex sollte in seinem bisherigen Gebicts- umfange als nothwendig für das europäische Gleichgewicht erhalten bleiben; die Form, unter der dies geschah, war gleichgiltig"). Wenn die Dänen, um den jetzigen Zustand auf der cimbrischen Halb¬ insel als wenigstens von den deutschen Mächten geschaffen darzustellen, sich aus die östreichischen und preußischen Noten und Depeschen von 185t und 1852 berufen wollten, so würde ihnen entgegenzuhalten sein, daß es Friedens¬ schlüsse und Verträge gibt, welche deshalb unhaltbar sind, weil sie dem einen Eine Ansicht, welche selbst von russischen officiösen Blätter», die freilich für die Stellung des Cabinets zu der Frage nichts beweisen, mit größter Offenheit ausgesProch'en wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/493>, abgerufen am 05.07.2024.