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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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Couriere, welche sich von irgend einem Punkte zuerst in Bewegung fehlen, ihre
Reise ohne Unterbrechung fortsetzen und so nach Rom gelangen konnten.
Statt des früheren Wechsels der Personen fand also jetzt nur ein Wechsel der
Reisewagen und Gespanne statt. Man sah nun persönliche Augenzeugen vor
sich, welch" nach Belieben über alle Dinge befragt werden konnten, von denen
in den Briefen selber keine Re5>e war. Die ganze Einrichtung hatte ein
militärisches Gepräge; die Couriere bewegten sich nur auf den Kriegsstraßcn
und ständen unter der Leitung des Obersten der Leibwache , der über die
eingegangenen Depeschen an den Kaiser zu berichten hatte. Im Grunde
der Sache aber, und seinen geheimsten Absichten gemäß, dachte Augustus
zunächst nur an eine Anstalt zur polizeilichen Ueberwachung der Provinzen
und der in denselben aufgestellten Heere.

Leider werden von diesem Zeitpunkte hinweg die Nachrichten äußerst dun¬
kel und spärlich, so daß wir darauf hingewiesen sind, die erhaltenen Bruch¬
stücke durch Rückschlüsse zu einem Ganzen zu vereinigen. Vor allen Dingen
ist einleuchtend, daß die neue Ansialt nach allen Seiten hin zur Benutzung
anlockte, dieweil der Mensch allenthalben geneigt ist, auf Kosten der Ge¬
sammtheit sich eigne Vortheile zu verschaffen. Die Umgebungen des Kaisers,
die Vertrauten und Begünstigten des Obersten der Leibwache, die höheren
Staatsbeamten überhaupt drängten sich hinzu, und erlangten Freibriefe oder
sogenannte Diplome für die Benutzung der öffentlichen Anstalt. Züge und
Reisewagen mehrten sich, und da die von dem Staate für gewöhnlich ange¬
ordneten Pferde und Maulthiere zur Beförderung derselben nicht ausreichten,
so mußten die Kräfte der 'Gemeinden weithin mit Vorspann und Aushilfe in
Anspruch genommen werden. Dies führte zu Klagen und Beschwerden, und
so entstand von selbst die Rechtsfrage, ob die Kosten der Anstalt von dem
kaiserlichen Fiscus zu tragen, oder zu denselben auch Städte und Landschaften
herbeizuziehen seien. Die willkürlichen Kaiser, welche aus Augustus folgten,
deren Kasse bei ihren übrigen Verschwendungen oft geleert war. entschieden
sich leichten .Kaufes für das letztere; für das erstere aber sprachen der gesunde
Sinn und die Beschaffenheit der Sache. Aus dieser Lage der Dinge erklärt
sich eine Verordnung des Kaisers Nerva, welche wenigstens für Italien die
Nöthigung zum Fahrdienste aufhob. Dieselbe wurde von Trajanus'aufrecht
erhalten, und scheint auch zu Gunsten der Provinzen in milderem Sinne aus¬
gelegt worden zu sein. Neben dem allgemeinen Postwesen blieben noch ein¬
zelne Boten, Läufer und außerordentliche Staffelten in fortwährender Uebung.

Auch der. Kaiser Hadrianus erließ ein Gesetz über die Posten. Aber die
Stelle des Aelius Spartianus, welche uns davon Kunde gibt, ist von dunkler
und schwieriger Beschaffenheit und hat zu den abweichendsten Auslegungen
Veranlassung gegeben. Unzweifelhaft ist nur, daß darin von Erleichterung


Couriere, welche sich von irgend einem Punkte zuerst in Bewegung fehlen, ihre
Reise ohne Unterbrechung fortsetzen und so nach Rom gelangen konnten.
Statt des früheren Wechsels der Personen fand also jetzt nur ein Wechsel der
Reisewagen und Gespanne statt. Man sah nun persönliche Augenzeugen vor
sich, welch« nach Belieben über alle Dinge befragt werden konnten, von denen
in den Briefen selber keine Re5>e war. Die ganze Einrichtung hatte ein
militärisches Gepräge; die Couriere bewegten sich nur auf den Kriegsstraßcn
und ständen unter der Leitung des Obersten der Leibwache , der über die
eingegangenen Depeschen an den Kaiser zu berichten hatte. Im Grunde
der Sache aber, und seinen geheimsten Absichten gemäß, dachte Augustus
zunächst nur an eine Anstalt zur polizeilichen Ueberwachung der Provinzen
und der in denselben aufgestellten Heere.

Leider werden von diesem Zeitpunkte hinweg die Nachrichten äußerst dun¬
kel und spärlich, so daß wir darauf hingewiesen sind, die erhaltenen Bruch¬
stücke durch Rückschlüsse zu einem Ganzen zu vereinigen. Vor allen Dingen
ist einleuchtend, daß die neue Ansialt nach allen Seiten hin zur Benutzung
anlockte, dieweil der Mensch allenthalben geneigt ist, auf Kosten der Ge¬
sammtheit sich eigne Vortheile zu verschaffen. Die Umgebungen des Kaisers,
die Vertrauten und Begünstigten des Obersten der Leibwache, die höheren
Staatsbeamten überhaupt drängten sich hinzu, und erlangten Freibriefe oder
sogenannte Diplome für die Benutzung der öffentlichen Anstalt. Züge und
Reisewagen mehrten sich, und da die von dem Staate für gewöhnlich ange¬
ordneten Pferde und Maulthiere zur Beförderung derselben nicht ausreichten,
so mußten die Kräfte der 'Gemeinden weithin mit Vorspann und Aushilfe in
Anspruch genommen werden. Dies führte zu Klagen und Beschwerden, und
so entstand von selbst die Rechtsfrage, ob die Kosten der Anstalt von dem
kaiserlichen Fiscus zu tragen, oder zu denselben auch Städte und Landschaften
herbeizuziehen seien. Die willkürlichen Kaiser, welche aus Augustus folgten,
deren Kasse bei ihren übrigen Verschwendungen oft geleert war. entschieden
sich leichten .Kaufes für das letztere; für das erstere aber sprachen der gesunde
Sinn und die Beschaffenheit der Sache. Aus dieser Lage der Dinge erklärt
sich eine Verordnung des Kaisers Nerva, welche wenigstens für Italien die
Nöthigung zum Fahrdienste aufhob. Dieselbe wurde von Trajanus'aufrecht
erhalten, und scheint auch zu Gunsten der Provinzen in milderem Sinne aus¬
gelegt worden zu sein. Neben dem allgemeinen Postwesen blieben noch ein¬
zelne Boten, Läufer und außerordentliche Staffelten in fortwährender Uebung.

Auch der. Kaiser Hadrianus erließ ein Gesetz über die Posten. Aber die
Stelle des Aelius Spartianus, welche uns davon Kunde gibt, ist von dunkler
und schwieriger Beschaffenheit und hat zu den abweichendsten Auslegungen
Veranlassung gegeben. Unzweifelhaft ist nur, daß darin von Erleichterung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/40>, abgerufen am 05.07.2024.