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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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allmälig seinen Widerstand fallen zu lassen. Mit diesem Aufgeben seiner
bisherigen Politik verlor er aber den Nest seines Einflusses. Niederlagen
kamen ihm nun öfters vor, selbst auf dem Verwaltungsgebiet. Eckert, der
berüchtigte und von Friedrich II. bei seiner Thronbesteigung allein von allen
entlassene Beamte, war über die Verwaltung Pommerns mit Grumbkows
Bruder in Streit gerathen. Trotz des Generals Verwendung behielt Eckert
bei dem Konig Recht, bei dem er überhaupt in der letzten Zeit das meiste
Gewicht in den Geschäften der Verwaltung hatte. Auch trat zu jener Zeit
der als außerordentlicher Gesandter Oestreichs nach Berlin geschickte Fürst
Lichtenstein offen gegen Grumbkow auf, drohte mit Enthüllungen und klagte
ihn mit mehren andern um, von den Franzosen bestochen zu sein. Friedrich
Wilhelm fertigte zwar diese Beschuldigung leicht mit den Worten: "Gucke
durch die Finger" ab, allein die Entfremdung wuchs dadurch doch, und Grumb¬
kow, der dies fühlte, zog sich öfters und aus längere Zeit nach Pommern zu¬
rück. So erweiterte sich die Kluft immer mehr. Der König wurde förmlich
gegen seinen früheren Günstling eingenommen, und hätte ihn zuletzt verhaften
lassen, wenn nicht der plötzliche Tod Grumbkows dieses betrübte Ende seiner
Laufbahn verhindert hätte. Er starb in Berlin im März t739 im Ki. Jahre.
Und so tief war sein Ansehn gesunken, daß Pöllnitz, von ihm an sein Sterbe¬
lager gerufen, nur heimlich zu kommen wagte.

Als man dem König den Todesfall meldete, blieb er ernst und nachdenk¬
lich; erst am dritten Abend nachher ließ er sich im Tabakscollegium heftig
gegen den Verstorbenen aus. Wahrscheinlich hatte er aus den hinterlassenen
Papieren genauere Kenntniß von der Unredlichkeit Grumbkows - geschöpft, die
er vorher nur geahnt hatte. Indessen ließ er das Begräbniß mit allen einem
Marschall gehörenden Ehrenzeichen veranstalten. Was die Höflinge zu Leb¬
zeiten Grumbkows nicht gewagt hatten, das gönnten sie sich nun um so mehr,
und ein jeder wußte seinen Stein auf ihn zu werfen. Auch Friedrich mußte
aus Verlangen des Königs eine Grnbschrift auf ihn dichten, welche er -- cha¬
rakteristisch für ihn und sein Verhältniß zu Grumbkow -- seinem Freund
Jordan mit der Bemerkung mittheilt, daß er sich bestrebt habe, so wenig wie
möglich Bitterkeit hineinzulegen. Diese Grabschrift lautet:


(Ul-Kie un lüll-penal, un mwiströ, et, ac plus,
Hu grs.na um^meler, un cnanoine lalciue.
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I^i88S? alas I'ouvli oonkonäus
De 868 viess et 808 VSI'tU8.

Heftiger, wie hierin, spricht sich Friedrich in den Memoiren von Bran¬
denburg über ihn aus.

Vermähle war Grumbkow mit einem Ehrenfränlein der Königin Sophie


allmälig seinen Widerstand fallen zu lassen. Mit diesem Aufgeben seiner
bisherigen Politik verlor er aber den Nest seines Einflusses. Niederlagen
kamen ihm nun öfters vor, selbst auf dem Verwaltungsgebiet. Eckert, der
berüchtigte und von Friedrich II. bei seiner Thronbesteigung allein von allen
entlassene Beamte, war über die Verwaltung Pommerns mit Grumbkows
Bruder in Streit gerathen. Trotz des Generals Verwendung behielt Eckert
bei dem Konig Recht, bei dem er überhaupt in der letzten Zeit das meiste
Gewicht in den Geschäften der Verwaltung hatte. Auch trat zu jener Zeit
der als außerordentlicher Gesandter Oestreichs nach Berlin geschickte Fürst
Lichtenstein offen gegen Grumbkow auf, drohte mit Enthüllungen und klagte
ihn mit mehren andern um, von den Franzosen bestochen zu sein. Friedrich
Wilhelm fertigte zwar diese Beschuldigung leicht mit den Worten: „Gucke
durch die Finger" ab, allein die Entfremdung wuchs dadurch doch, und Grumb¬
kow, der dies fühlte, zog sich öfters und aus längere Zeit nach Pommern zu¬
rück. So erweiterte sich die Kluft immer mehr. Der König wurde förmlich
gegen seinen früheren Günstling eingenommen, und hätte ihn zuletzt verhaften
lassen, wenn nicht der plötzliche Tod Grumbkows dieses betrübte Ende seiner
Laufbahn verhindert hätte. Er starb in Berlin im März t739 im Ki. Jahre.
Und so tief war sein Ansehn gesunken, daß Pöllnitz, von ihm an sein Sterbe¬
lager gerufen, nur heimlich zu kommen wagte.

Als man dem König den Todesfall meldete, blieb er ernst und nachdenk¬
lich; erst am dritten Abend nachher ließ er sich im Tabakscollegium heftig
gegen den Verstorbenen aus. Wahrscheinlich hatte er aus den hinterlassenen
Papieren genauere Kenntniß von der Unredlichkeit Grumbkows - geschöpft, die
er vorher nur geahnt hatte. Indessen ließ er das Begräbniß mit allen einem
Marschall gehörenden Ehrenzeichen veranstalten. Was die Höflinge zu Leb¬
zeiten Grumbkows nicht gewagt hatten, das gönnten sie sich nun um so mehr,
und ein jeder wußte seinen Stein auf ihn zu werfen. Auch Friedrich mußte
aus Verlangen des Königs eine Grnbschrift auf ihn dichten, welche er — cha¬
rakteristisch für ihn und sein Verhältniß zu Grumbkow — seinem Freund
Jordan mit der Bemerkung mittheilt, daß er sich bestrebt habe, so wenig wie
möglich Bitterkeit hineinzulegen. Diese Grabschrift lautet:


(Ul-Kie un lüll-penal, un mwiströ, et, ac plus,
Hu grs.na um^meler, un cnanoine lalciue.
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I^i88S? alas I'ouvli oonkonäus
De 868 viess et 808 VSI'tU8.

Heftiger, wie hierin, spricht sich Friedrich in den Memoiren von Bran¬
denburg über ihn aus.

Vermähle war Grumbkow mit einem Ehrenfränlein der Königin Sophie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/392>, abgerufen am 26.07.2024.