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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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halten und ihm doch nichts gewähren. Es war eine harte Aufgabe für
Seckendorff und Grumbkow, den König bei Laune und im Vertrauen zu er¬
halten. Grumbkow bekam von Wien einen jährlichen Gehalt von tausend
Ducaten, und erwies sich dafür als die beste Stütze.

schmählicher ist noch kein Fürst betrogen worden, als Friedrich Wilhelm
in jener Zeit. Um den Entwurf des wusterhauser Vertrags vergessen zu ma¬
chen, schloß Seckendorff 1728 den sogenannten geheimen berliner Vertrag mit
ihm, der in Betreff Jülich-Bergs so gut wie nichts versprach. Aber der Kö¬
nig war doch damit an den Kaiser gebunden und um ihn noch fester zu ge¬
winnen, wollte man sich des königlichen Hauses auch durch Heirath versichern.
Zu dem Ende mußte der Haß Friedrich Wilhelms gegen seinen Schwager
Georg von England verstärkt werden, damit die Heirath mit der braunschwei-
gischen Familie, aus der die Kaiserin stammte, ins Werk gesetzt werden
konnte. So geschah es. Es ist kaum glaublich, und doch unzweifelhaft, er¬
wiesen, daß-der preußische Resident in London, von Reichenbach, Jahrelang
sechshundert Thaler von Wien bezog, um die Feindschaft zwischen seinem
und dem englischen Hof zu vergrößern, so daß 1731 der Prinz Eugen ihm
wegen besonderer Zufriedenheit des Kaisers mit seinen Diensten eine Pension
von zwölfhundert Thalern zusicherte, im Fall die Umstände es erforderten.
Die schmähliche Politik gelang nur zu gut. Zwietracht und Zerstörung zog
in die königliche Familie ein, und grade die Männer, bei denen der König,
der fast bis zum Wahnsinn gereizt war, Trost suchte, waren es, die ihn kal¬
ten Bluts in diese Lage immer tiefer verwickelten. Grumbkow war der Ver¬
traute des Königs, dem er die geheimste Korrespondenz besorgte. Alle seine
Briefe gingen zuerst durch Seckendorffs Hände, und kein Wort des Königs
blieb unverrathen.

Kein Wunder, daß man endlich siegte. Der persönliche Einfluß, den
die beiden Männer übten, triumphirte über alle Gegenanstalten der Königin.
Seckendorff heuchelte Offenherzigkeit und treue Ergebenheit und war mit Rath¬
schlägen bei der Hand. Vergebens legte der englische Gesandte einige Briefe
Grumbkows an Reichenbach vor, in denen auf die unehrerbietigste Weise vom
König selbst die Rede war, -- Seckendorff brauchte nur an den Betrug Ele¬
ments zu erinnern, und die Briefe wurden verbrannt. Ueberhaupt sagte, ab¬
gesehn von Grumbkows Geschicklichkeit in der Verwaltung, dessen ganze Per¬
sönlichkeit dem derben Sinn des Königs sehr zu. Sein Witz, sein kecker
Humor, sein Freimuth gaben ihm solch festen Boden. In dem Tabakscolle-
gium war er einer der Landesteil, der Unterhaltendsten, der auch Gemein¬
heiten nicht scheute, se inen König zu vergnügen.

Zur Zeit, da der König mit am heftigsten erregt war, und eine seiner
wildesten Schimpfreden imTabakscolleg loslassen wollte, unterbrach ihn Grund-


halten und ihm doch nichts gewähren. Es war eine harte Aufgabe für
Seckendorff und Grumbkow, den König bei Laune und im Vertrauen zu er¬
halten. Grumbkow bekam von Wien einen jährlichen Gehalt von tausend
Ducaten, und erwies sich dafür als die beste Stütze.

schmählicher ist noch kein Fürst betrogen worden, als Friedrich Wilhelm
in jener Zeit. Um den Entwurf des wusterhauser Vertrags vergessen zu ma¬
chen, schloß Seckendorff 1728 den sogenannten geheimen berliner Vertrag mit
ihm, der in Betreff Jülich-Bergs so gut wie nichts versprach. Aber der Kö¬
nig war doch damit an den Kaiser gebunden und um ihn noch fester zu ge¬
winnen, wollte man sich des königlichen Hauses auch durch Heirath versichern.
Zu dem Ende mußte der Haß Friedrich Wilhelms gegen seinen Schwager
Georg von England verstärkt werden, damit die Heirath mit der braunschwei-
gischen Familie, aus der die Kaiserin stammte, ins Werk gesetzt werden
konnte. So geschah es. Es ist kaum glaublich, und doch unzweifelhaft, er¬
wiesen, daß-der preußische Resident in London, von Reichenbach, Jahrelang
sechshundert Thaler von Wien bezog, um die Feindschaft zwischen seinem
und dem englischen Hof zu vergrößern, so daß 1731 der Prinz Eugen ihm
wegen besonderer Zufriedenheit des Kaisers mit seinen Diensten eine Pension
von zwölfhundert Thalern zusicherte, im Fall die Umstände es erforderten.
Die schmähliche Politik gelang nur zu gut. Zwietracht und Zerstörung zog
in die königliche Familie ein, und grade die Männer, bei denen der König,
der fast bis zum Wahnsinn gereizt war, Trost suchte, waren es, die ihn kal¬
ten Bluts in diese Lage immer tiefer verwickelten. Grumbkow war der Ver¬
traute des Königs, dem er die geheimste Korrespondenz besorgte. Alle seine
Briefe gingen zuerst durch Seckendorffs Hände, und kein Wort des Königs
blieb unverrathen.

Kein Wunder, daß man endlich siegte. Der persönliche Einfluß, den
die beiden Männer übten, triumphirte über alle Gegenanstalten der Königin.
Seckendorff heuchelte Offenherzigkeit und treue Ergebenheit und war mit Rath¬
schlägen bei der Hand. Vergebens legte der englische Gesandte einige Briefe
Grumbkows an Reichenbach vor, in denen auf die unehrerbietigste Weise vom
König selbst die Rede war, — Seckendorff brauchte nur an den Betrug Ele¬
ments zu erinnern, und die Briefe wurden verbrannt. Ueberhaupt sagte, ab¬
gesehn von Grumbkows Geschicklichkeit in der Verwaltung, dessen ganze Per¬
sönlichkeit dem derben Sinn des Königs sehr zu. Sein Witz, sein kecker
Humor, sein Freimuth gaben ihm solch festen Boden. In dem Tabakscolle-
gium war er einer der Landesteil, der Unterhaltendsten, der auch Gemein¬
heiten nicht scheute, se inen König zu vergnügen.

Zur Zeit, da der König mit am heftigsten erregt war, und eine seiner
wildesten Schimpfreden imTabakscolleg loslassen wollte, unterbrach ihn Grund-


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[0386] halten und ihm doch nichts gewähren. Es war eine harte Aufgabe für Seckendorff und Grumbkow, den König bei Laune und im Vertrauen zu er¬ halten. Grumbkow bekam von Wien einen jährlichen Gehalt von tausend Ducaten, und erwies sich dafür als die beste Stütze. schmählicher ist noch kein Fürst betrogen worden, als Friedrich Wilhelm in jener Zeit. Um den Entwurf des wusterhauser Vertrags vergessen zu ma¬ chen, schloß Seckendorff 1728 den sogenannten geheimen berliner Vertrag mit ihm, der in Betreff Jülich-Bergs so gut wie nichts versprach. Aber der Kö¬ nig war doch damit an den Kaiser gebunden und um ihn noch fester zu ge¬ winnen, wollte man sich des königlichen Hauses auch durch Heirath versichern. Zu dem Ende mußte der Haß Friedrich Wilhelms gegen seinen Schwager Georg von England verstärkt werden, damit die Heirath mit der braunschwei- gischen Familie, aus der die Kaiserin stammte, ins Werk gesetzt werden konnte. So geschah es. Es ist kaum glaublich, und doch unzweifelhaft, er¬ wiesen, daß-der preußische Resident in London, von Reichenbach, Jahrelang sechshundert Thaler von Wien bezog, um die Feindschaft zwischen seinem und dem englischen Hof zu vergrößern, so daß 1731 der Prinz Eugen ihm wegen besonderer Zufriedenheit des Kaisers mit seinen Diensten eine Pension von zwölfhundert Thalern zusicherte, im Fall die Umstände es erforderten. Die schmähliche Politik gelang nur zu gut. Zwietracht und Zerstörung zog in die königliche Familie ein, und grade die Männer, bei denen der König, der fast bis zum Wahnsinn gereizt war, Trost suchte, waren es, die ihn kal¬ ten Bluts in diese Lage immer tiefer verwickelten. Grumbkow war der Ver¬ traute des Königs, dem er die geheimste Korrespondenz besorgte. Alle seine Briefe gingen zuerst durch Seckendorffs Hände, und kein Wort des Königs blieb unverrathen. Kein Wunder, daß man endlich siegte. Der persönliche Einfluß, den die beiden Männer übten, triumphirte über alle Gegenanstalten der Königin. Seckendorff heuchelte Offenherzigkeit und treue Ergebenheit und war mit Rath¬ schlägen bei der Hand. Vergebens legte der englische Gesandte einige Briefe Grumbkows an Reichenbach vor, in denen auf die unehrerbietigste Weise vom König selbst die Rede war, — Seckendorff brauchte nur an den Betrug Ele¬ ments zu erinnern, und die Briefe wurden verbrannt. Ueberhaupt sagte, ab¬ gesehn von Grumbkows Geschicklichkeit in der Verwaltung, dessen ganze Per¬ sönlichkeit dem derben Sinn des Königs sehr zu. Sein Witz, sein kecker Humor, sein Freimuth gaben ihm solch festen Boden. In dem Tabakscolle- gium war er einer der Landesteil, der Unterhaltendsten, der auch Gemein¬ heiten nicht scheute, se inen König zu vergnügen. Zur Zeit, da der König mit am heftigsten erregt war, und eine seiner wildesten Schimpfreden imTabakscolleg loslassen wollte, unterbrach ihn Grund-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/386>, abgerufen am 26.07.2024.