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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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brandenburgischer Oberst gewesen, während sein Vater, Joachim Ernst von
Grumbkow, obwol als Chef der Leibdragoner auch Militär, doch mehr
sich zur staatsmännischen und Hofcarriere hinneigte, und eine Reihe von Aem¬
tern bekleidete, unter welchen die eines wirklichen Geh. Staatsministers und
Hofmarschalls die ansehnlichsten waren. So siel die Jugend des Knaben in
die Zeit des prunkvollen, verschwenderischen Hofhalts König Friedrichs I., der
1688 als Kurfürst Friedrich III. die Herrschaft antrat. Dem Vater rühmte
man Scharfsinn und unifassenden Ueberblick in den Zweigen seiner Verwaltung
nach, doch tadelte man an ihm die allzugroße Rücksichtsnahme auf seine
Familie. Beides scheint sich, wie wir sehen werden, auf seinen Sohn ver¬
erbt zu haben. Dabei war er ein Lebemann, welcher der Aufgabe und der
Würde seines Hosamtes wohl gewachsen war. Er starb 1690 auf einer
Reise in der Nähe von Wesel an den Folgen eines Trunks, also, wie der
boshafte Pöllnitz sagt, gleich dem Soldaten auf dem Schlachtfeld in Aus¬
übung seiner Pflicht.

Jugendeindrücke sind immer entscheidend für das ganze Leben, und der junge
Grumbkow konnte sich dem Einfluß der Sphäre, in der er lebte, nicht ent¬
ziehen. Der französische Hof galt bekanntlich damals in Berlin für das
Ideal, das man oft bis in das Kleinlichste nachäffte, und nichts fehlte in dieser
kleinen Copie, als der französische Esprit. Ihn zu erlangen, ging mancher
junge Herr nach Frankreich, gleichsam aus die hohe Schule, und so wurde
auch der junge Grumbkow nach dem jähen Tod seines Vaters zur ferneren
Ausbildung nach Frankreich geschickt. Die pommersche Natur war freilich
viel zu zäh und derb, als daß sie dem französischen Einfluß so ganz erlegen
wäre. Nur der leichte Firniß gewandten Benehmens und einer gewissen
Bildung, so wie die leichtfertigen Lehren der französischen Jugend blieben bei
dem Junker haften. Er brachte indessen gute Zeugnisse mit nach Hause, hatte
jedenfalls die Welt gesehen und seinen Witz im Umgang mit den Franzosen
geschärft. Bei seiner Rückkehr ernannte ihn König Friedrich zum Kammer¬
junker und gab ihm eine Compagnie. So trat er wieder in das geräusch¬
volle Leben zurück, das er schon in seiner Jugend hatte kennen lernen. Grumb¬
kow hatte gewiß viele Gönner und stand auch hoch in seines Fürsten Gunst,
denn er rückte rasch bis zum Brigadier vor. Als, solchen finden wir ihn im
Feldzug in den Niederlanden, bei der Belagerung von Tournay und der Schlacht
bei Malplaquet, wo sich überall die preußischen Truppen durch ihre ungestüme
Tapferkeit auszeichneten. Diesen letzten Ruhm hat man Grumbkow ganz
absprechen wollen; doch stammen die betreffenden Angaben hauptsächlich aus
den Erzählungen der Markgräfin von Baireuth, die in ihrem Haß gegen ihn
jede Verleumdung glaubte und noch vergrößerte. Weiß sie doch selbst von
einem Graben zu erzählen, in dem er sich während der Schlacht geborgen


brandenburgischer Oberst gewesen, während sein Vater, Joachim Ernst von
Grumbkow, obwol als Chef der Leibdragoner auch Militär, doch mehr
sich zur staatsmännischen und Hofcarriere hinneigte, und eine Reihe von Aem¬
tern bekleidete, unter welchen die eines wirklichen Geh. Staatsministers und
Hofmarschalls die ansehnlichsten waren. So siel die Jugend des Knaben in
die Zeit des prunkvollen, verschwenderischen Hofhalts König Friedrichs I., der
1688 als Kurfürst Friedrich III. die Herrschaft antrat. Dem Vater rühmte
man Scharfsinn und unifassenden Ueberblick in den Zweigen seiner Verwaltung
nach, doch tadelte man an ihm die allzugroße Rücksichtsnahme auf seine
Familie. Beides scheint sich, wie wir sehen werden, auf seinen Sohn ver¬
erbt zu haben. Dabei war er ein Lebemann, welcher der Aufgabe und der
Würde seines Hosamtes wohl gewachsen war. Er starb 1690 auf einer
Reise in der Nähe von Wesel an den Folgen eines Trunks, also, wie der
boshafte Pöllnitz sagt, gleich dem Soldaten auf dem Schlachtfeld in Aus¬
übung seiner Pflicht.

Jugendeindrücke sind immer entscheidend für das ganze Leben, und der junge
Grumbkow konnte sich dem Einfluß der Sphäre, in der er lebte, nicht ent¬
ziehen. Der französische Hof galt bekanntlich damals in Berlin für das
Ideal, das man oft bis in das Kleinlichste nachäffte, und nichts fehlte in dieser
kleinen Copie, als der französische Esprit. Ihn zu erlangen, ging mancher
junge Herr nach Frankreich, gleichsam aus die hohe Schule, und so wurde
auch der junge Grumbkow nach dem jähen Tod seines Vaters zur ferneren
Ausbildung nach Frankreich geschickt. Die pommersche Natur war freilich
viel zu zäh und derb, als daß sie dem französischen Einfluß so ganz erlegen
wäre. Nur der leichte Firniß gewandten Benehmens und einer gewissen
Bildung, so wie die leichtfertigen Lehren der französischen Jugend blieben bei
dem Junker haften. Er brachte indessen gute Zeugnisse mit nach Hause, hatte
jedenfalls die Welt gesehen und seinen Witz im Umgang mit den Franzosen
geschärft. Bei seiner Rückkehr ernannte ihn König Friedrich zum Kammer¬
junker und gab ihm eine Compagnie. So trat er wieder in das geräusch¬
volle Leben zurück, das er schon in seiner Jugend hatte kennen lernen. Grumb¬
kow hatte gewiß viele Gönner und stand auch hoch in seines Fürsten Gunst,
denn er rückte rasch bis zum Brigadier vor. Als, solchen finden wir ihn im
Feldzug in den Niederlanden, bei der Belagerung von Tournay und der Schlacht
bei Malplaquet, wo sich überall die preußischen Truppen durch ihre ungestüme
Tapferkeit auszeichneten. Diesen letzten Ruhm hat man Grumbkow ganz
absprechen wollen; doch stammen die betreffenden Angaben hauptsächlich aus
den Erzählungen der Markgräfin von Baireuth, die in ihrem Haß gegen ihn
jede Verleumdung glaubte und noch vergrößerte. Weiß sie doch selbst von
einem Graben zu erzählen, in dem er sich während der Schlacht geborgen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/378>, abgerufen am 25.08.2024.