Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.braunen Wasserkübel auf dem Kopf, dcchinwallende Mädchen mit ihren vol¬ Bald gelangen wir, immer nördlich gewandt, an die steinerne Brücke Der Bach unter uns hat an dieser Stelle ein breites flaches Bett, in Aus der nahen xulxorig, an der Ecke, einem Kramladen für die untere Unterdessen sind die Schatten der Bäume länger und länger geworden braunen Wasserkübel auf dem Kopf, dcchinwallende Mädchen mit ihren vol¬ Bald gelangen wir, immer nördlich gewandt, an die steinerne Brücke Der Bach unter uns hat an dieser Stelle ein breites flaches Bett, in Aus der nahen xulxorig, an der Ecke, einem Kramladen für die untere Unterdessen sind die Schatten der Bäume länger und länger geworden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266169"/> <p xml:id="ID_948" prev="#ID_947"> braunen Wasserkübel auf dem Kopf, dcchinwallende Mädchen mit ihren vol¬<lb/> len, dunklen Augen und dem mildbeschaulichen ruhigen Blick, haben etwas<lb/> Orientalisches und erinnern an die Frauen des alten Testamentes, an Rebecca<lb/> und Rahel.</p><lb/> <p xml:id="ID_949"> Bald gelangen wir, immer nördlich gewandt, an die steinerne Brücke<lb/> ins Arauco, welche im östlichsten Theil die Stadt mit der erwähnten Kaffee¬<lb/> pflanzung des Herrn Mosquera und den nahen Dorfschaften verbindet. Ma¬<lb/> chen wir in unsrer Wanderung einen Augenblick Halt und setzen uns auf die<lb/> bequeme Brüstung der Brücke. Dieselbe stammt aus der spanischen Zeit und<lb/> ist, wie alle Bauten jener Periode, solid und massiv.</p><lb/> <p xml:id="ID_950"> Der Bach unter uns hat an dieser Stelle ein breites flaches Bett, in<lb/> dessen klaren Gewässern eine lange Reihe farbiger Frauen wäscht. Auch hier<lb/> gewahren wir das Land der Blößen. Im Wasser stehend haben sie ihre Röcke<lb/> hoch aufgeschürzt und das weiße Hemd hebt sich scharf vom dunklen Nacken<lb/> ab. Neben den mit Wäsche gefüllten Mulden sitzen ihre Kinder plätschernd im<lb/> Wasser oder tummeln sich umher, den Saft des Zuckerrohres begierig saugend.<lb/> Eben reitet eine schöne Creolin mit ihrem Cavalier an uns vorüber, in dunk¬<lb/> lem Reitkleid und graziöser Haltung. Ein wenig weiter vom Dorfe her kom¬<lb/> men wandelnde Büsche ihnen entgegen — es sind Esel mit malo^o beladen,<lb/> dem langen Maishalme, welcher das Thier so über und über bedeckt, daß man<lb/> nicht einmal Kops und Beine sieht. Die Treiber in „Unterhosen und Hemd"<lb/> mit Strohhut und Stab bringen eben ihre Ladung Pferdefutter nach der<lb/> Stadt zum Verkauf.</p><lb/> <p xml:id="ID_951"> Aus der nahen xulxorig, an der Ecke, einem Kramladen für die untere<lb/> Classe des Volks, deren wir schon vielen, immer an der Ecke der Straßen,<lb/> begegnet sind, dringen verworrene Stimmen heftig gesticulirender Neger und<lb/> Zambos, die ein Spielball ihrer Leidenschaft, in vollen Zügen dem Brannt¬<lb/> wein huldigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_952" next="#ID_953"> Unterdessen sind die Schatten der Bäume länger und länger geworden<lb/> und gern weilten wir noch hier auf der Bank von Stein, um das erhabne<lb/> Schauspiel eines tropischen Sonnenunterganges zu genießen; aber eilen wir<lb/> lieber hinauf nordwestlich nach dem hochgelegenen freien Platz der stattlichen<lb/> Kirche San Trinidad. Nur können wir jetzt nicht mehr unsern Weg nach<lb/> Belieben wählen. Zwei Flüsse, gleich dem östlichen Arauco, durchziehen<lb/> von Norden her die Stadt. Steile, selbstdurchbrochene Wände, barocke<lb/> Windungen und kräftige Ausbicgungen zeichnen ihren gewaltsamen Pfad<lb/> — wilde Söhne des Küstengebirgs, die bei den fast täglichen Regengüssen<lb/> des Winters zwischen April und October ganz plötzlich anschwellen und<lb/> die aus dem abschüssigen Boden in furchtbarem Brausen sich überstürzen¬<lb/> den Gewässer nach dem südlichen Goaire entladen. Kleinere und größere</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
braunen Wasserkübel auf dem Kopf, dcchinwallende Mädchen mit ihren vol¬
len, dunklen Augen und dem mildbeschaulichen ruhigen Blick, haben etwas
Orientalisches und erinnern an die Frauen des alten Testamentes, an Rebecca
und Rahel.
Bald gelangen wir, immer nördlich gewandt, an die steinerne Brücke
ins Arauco, welche im östlichsten Theil die Stadt mit der erwähnten Kaffee¬
pflanzung des Herrn Mosquera und den nahen Dorfschaften verbindet. Ma¬
chen wir in unsrer Wanderung einen Augenblick Halt und setzen uns auf die
bequeme Brüstung der Brücke. Dieselbe stammt aus der spanischen Zeit und
ist, wie alle Bauten jener Periode, solid und massiv.
Der Bach unter uns hat an dieser Stelle ein breites flaches Bett, in
dessen klaren Gewässern eine lange Reihe farbiger Frauen wäscht. Auch hier
gewahren wir das Land der Blößen. Im Wasser stehend haben sie ihre Röcke
hoch aufgeschürzt und das weiße Hemd hebt sich scharf vom dunklen Nacken
ab. Neben den mit Wäsche gefüllten Mulden sitzen ihre Kinder plätschernd im
Wasser oder tummeln sich umher, den Saft des Zuckerrohres begierig saugend.
Eben reitet eine schöne Creolin mit ihrem Cavalier an uns vorüber, in dunk¬
lem Reitkleid und graziöser Haltung. Ein wenig weiter vom Dorfe her kom¬
men wandelnde Büsche ihnen entgegen — es sind Esel mit malo^o beladen,
dem langen Maishalme, welcher das Thier so über und über bedeckt, daß man
nicht einmal Kops und Beine sieht. Die Treiber in „Unterhosen und Hemd"
mit Strohhut und Stab bringen eben ihre Ladung Pferdefutter nach der
Stadt zum Verkauf.
Aus der nahen xulxorig, an der Ecke, einem Kramladen für die untere
Classe des Volks, deren wir schon vielen, immer an der Ecke der Straßen,
begegnet sind, dringen verworrene Stimmen heftig gesticulirender Neger und
Zambos, die ein Spielball ihrer Leidenschaft, in vollen Zügen dem Brannt¬
wein huldigen.
Unterdessen sind die Schatten der Bäume länger und länger geworden
und gern weilten wir noch hier auf der Bank von Stein, um das erhabne
Schauspiel eines tropischen Sonnenunterganges zu genießen; aber eilen wir
lieber hinauf nordwestlich nach dem hochgelegenen freien Platz der stattlichen
Kirche San Trinidad. Nur können wir jetzt nicht mehr unsern Weg nach
Belieben wählen. Zwei Flüsse, gleich dem östlichen Arauco, durchziehen
von Norden her die Stadt. Steile, selbstdurchbrochene Wände, barocke
Windungen und kräftige Ausbicgungen zeichnen ihren gewaltsamen Pfad
— wilde Söhne des Küstengebirgs, die bei den fast täglichen Regengüssen
des Winters zwischen April und October ganz plötzlich anschwellen und
die aus dem abschüssigen Boden in furchtbarem Brausen sich überstürzen¬
den Gewässer nach dem südlichen Goaire entladen. Kleinere und größere
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |