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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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einer Landung von Boulogne aus; zwar hatte er nicht über eine große Kriegs¬
flotte zu gebieten, immerhin war aber eine Invasion, wenn Wind und Wetter
den Transport von Truppen auf flachen Schisien erlaubten, denkbar, und ein¬
mal mit einer Armee auf englischem Boden, winde er sich schon zu helfen
gewußt haben. Damals suchten die Engländer ihre Küsten durch Befestigungen
zu schützen, die Zeit drängte, und es entstand rasch jene Uferbefestigung, die
heute noch existirt. --Dover, der erste der sogenannten "fünf Häfen" (OiiMie
Ports), ist der östliche Flügelpunkt derselben. Ein altes, auf einer steilen Höhe
liegendes römisches Castell ward aufs neue befestigt, und aus den jenseitigen
Hohen, getrennt von einer Straße, die durch eine Einsattlung nach der un¬
mittelbar um Ufer liegenden Stadt führt, mehre geschlossene Redouten aufgeführt;
auch legte man einige Batterien am Meeresufer selbst an und errichtete der¬
gleichen auf dem Hange des Berges, auf dem das Castell liegt, nach Osten
zu.. Von der offnen Stadt selbst, die nicht einmal einen einfachen Wall hat.
führt eine kleine in den Felsen gehauene Wendeltreppe nach dein Hasen, deren
Eingang von einem kleinen Werke vertheidigt ist; diese und jener oben be¬
rührte Weg sind die einzigen Communicationen zwischen der Stadt und den
Festungswerken. Um , dem nicht sehr geräumigen Hasen eine größere Aus¬
dehnung zu geben, hat man vom Westen der Stadt aus. wo die Felsen sich
schroff in das Meer herabsenken, einen hohen Molo (w<zakna.ehr) vorgetrieben,
welcher den Fehler hat. daß er das Feuer der im Osten gelegenen Uferbattc-
ncn und die Umsicht aus denselben sehr beschränkt, und der einzige Punkt,
wo eine Batterie mit Vortheil anzulegen wäre, ein kleines Plateau, das gleich
einer Bastion vorspringt, ist nicht zur Anlage einer solchen, sondern zum Bau
des ersten Gasthauses der Stadt, "Lord Wartens Hotel" genannt, benutzt
worden. Infolge dieser Uebelstände hat eine von Westen kommende angrei¬
fende Flotte von den Uferbatterien so lange nichts zu fürchten, als sie hinter
den Molen bleibt, und ist dort nur dem Feuer des Castells und der Redouten
ausgesetzt, da dies aber nicht anders als bohrend sein kann, weil diese hoch
über dem Wasserspiegel liegen, so bringt es eben keine zu große Gefahr.
Der Weg, welcher nach dem Hafen führt, ist fast nirgend bestrichen, und liegt
fast überall im todten Winkel. Die Hauptverbindung, die Eisenbahn, welche
von London kommt, geht von Folkstone aus oft dicht am Ufer hin, und kann
an einzelnen Stellen von Schiffen aus beschossen werden. Dieser Flügelpunkt
ist nach dem, was wir gesehen und hier gesagt haben, zu schwach, um als
Anlehnungspunkt gelten zu können, die Stadt ist ohne Mauer, und würde
sofort durch Landung von Truppen in Böten genommen werden können; diese
würden dann auf dem eben beschriebenen Wege die Häfen hinter den Redouten zu
erreichen suchen, die, trotzdem daß sie letztere im Bereich des Büchsenschusses
dominiren, doch nicht in das Festungsnetz gezogen sind, weil man an einen derar-


einer Landung von Boulogne aus; zwar hatte er nicht über eine große Kriegs¬
flotte zu gebieten, immerhin war aber eine Invasion, wenn Wind und Wetter
den Transport von Truppen auf flachen Schisien erlaubten, denkbar, und ein¬
mal mit einer Armee auf englischem Boden, winde er sich schon zu helfen
gewußt haben. Damals suchten die Engländer ihre Küsten durch Befestigungen
zu schützen, die Zeit drängte, und es entstand rasch jene Uferbefestigung, die
heute noch existirt. —Dover, der erste der sogenannten „fünf Häfen" (OiiMie
Ports), ist der östliche Flügelpunkt derselben. Ein altes, auf einer steilen Höhe
liegendes römisches Castell ward aufs neue befestigt, und aus den jenseitigen
Hohen, getrennt von einer Straße, die durch eine Einsattlung nach der un¬
mittelbar um Ufer liegenden Stadt führt, mehre geschlossene Redouten aufgeführt;
auch legte man einige Batterien am Meeresufer selbst an und errichtete der¬
gleichen auf dem Hange des Berges, auf dem das Castell liegt, nach Osten
zu.. Von der offnen Stadt selbst, die nicht einmal einen einfachen Wall hat.
führt eine kleine in den Felsen gehauene Wendeltreppe nach dein Hasen, deren
Eingang von einem kleinen Werke vertheidigt ist; diese und jener oben be¬
rührte Weg sind die einzigen Communicationen zwischen der Stadt und den
Festungswerken. Um , dem nicht sehr geräumigen Hasen eine größere Aus¬
dehnung zu geben, hat man vom Westen der Stadt aus. wo die Felsen sich
schroff in das Meer herabsenken, einen hohen Molo (w<zakna.ehr) vorgetrieben,
welcher den Fehler hat. daß er das Feuer der im Osten gelegenen Uferbattc-
ncn und die Umsicht aus denselben sehr beschränkt, und der einzige Punkt,
wo eine Batterie mit Vortheil anzulegen wäre, ein kleines Plateau, das gleich
einer Bastion vorspringt, ist nicht zur Anlage einer solchen, sondern zum Bau
des ersten Gasthauses der Stadt, „Lord Wartens Hotel" genannt, benutzt
worden. Infolge dieser Uebelstände hat eine von Westen kommende angrei¬
fende Flotte von den Uferbatterien so lange nichts zu fürchten, als sie hinter
den Molen bleibt, und ist dort nur dem Feuer des Castells und der Redouten
ausgesetzt, da dies aber nicht anders als bohrend sein kann, weil diese hoch
über dem Wasserspiegel liegen, so bringt es eben keine zu große Gefahr.
Der Weg, welcher nach dem Hafen führt, ist fast nirgend bestrichen, und liegt
fast überall im todten Winkel. Die Hauptverbindung, die Eisenbahn, welche
von London kommt, geht von Folkstone aus oft dicht am Ufer hin, und kann
an einzelnen Stellen von Schiffen aus beschossen werden. Dieser Flügelpunkt
ist nach dem, was wir gesehen und hier gesagt haben, zu schwach, um als
Anlehnungspunkt gelten zu können, die Stadt ist ohne Mauer, und würde
sofort durch Landung von Truppen in Böten genommen werden können; diese
würden dann auf dem eben beschriebenen Wege die Häfen hinter den Redouten zu
erreichen suchen, die, trotzdem daß sie letztere im Bereich des Büchsenschusses
dominiren, doch nicht in das Festungsnetz gezogen sind, weil man an einen derar-


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[0023] einer Landung von Boulogne aus; zwar hatte er nicht über eine große Kriegs¬ flotte zu gebieten, immerhin war aber eine Invasion, wenn Wind und Wetter den Transport von Truppen auf flachen Schisien erlaubten, denkbar, und ein¬ mal mit einer Armee auf englischem Boden, winde er sich schon zu helfen gewußt haben. Damals suchten die Engländer ihre Küsten durch Befestigungen zu schützen, die Zeit drängte, und es entstand rasch jene Uferbefestigung, die heute noch existirt. —Dover, der erste der sogenannten „fünf Häfen" (OiiMie Ports), ist der östliche Flügelpunkt derselben. Ein altes, auf einer steilen Höhe liegendes römisches Castell ward aufs neue befestigt, und aus den jenseitigen Hohen, getrennt von einer Straße, die durch eine Einsattlung nach der un¬ mittelbar um Ufer liegenden Stadt führt, mehre geschlossene Redouten aufgeführt; auch legte man einige Batterien am Meeresufer selbst an und errichtete der¬ gleichen auf dem Hange des Berges, auf dem das Castell liegt, nach Osten zu.. Von der offnen Stadt selbst, die nicht einmal einen einfachen Wall hat. führt eine kleine in den Felsen gehauene Wendeltreppe nach dein Hasen, deren Eingang von einem kleinen Werke vertheidigt ist; diese und jener oben be¬ rührte Weg sind die einzigen Communicationen zwischen der Stadt und den Festungswerken. Um , dem nicht sehr geräumigen Hasen eine größere Aus¬ dehnung zu geben, hat man vom Westen der Stadt aus. wo die Felsen sich schroff in das Meer herabsenken, einen hohen Molo (w<zakna.ehr) vorgetrieben, welcher den Fehler hat. daß er das Feuer der im Osten gelegenen Uferbattc- ncn und die Umsicht aus denselben sehr beschränkt, und der einzige Punkt, wo eine Batterie mit Vortheil anzulegen wäre, ein kleines Plateau, das gleich einer Bastion vorspringt, ist nicht zur Anlage einer solchen, sondern zum Bau des ersten Gasthauses der Stadt, „Lord Wartens Hotel" genannt, benutzt worden. Infolge dieser Uebelstände hat eine von Westen kommende angrei¬ fende Flotte von den Uferbatterien so lange nichts zu fürchten, als sie hinter den Molen bleibt, und ist dort nur dem Feuer des Castells und der Redouten ausgesetzt, da dies aber nicht anders als bohrend sein kann, weil diese hoch über dem Wasserspiegel liegen, so bringt es eben keine zu große Gefahr. Der Weg, welcher nach dem Hafen führt, ist fast nirgend bestrichen, und liegt fast überall im todten Winkel. Die Hauptverbindung, die Eisenbahn, welche von London kommt, geht von Folkstone aus oft dicht am Ufer hin, und kann an einzelnen Stellen von Schiffen aus beschossen werden. Dieser Flügelpunkt ist nach dem, was wir gesehen und hier gesagt haben, zu schwach, um als Anlehnungspunkt gelten zu können, die Stadt ist ohne Mauer, und würde sofort durch Landung von Truppen in Böten genommen werden können; diese würden dann auf dem eben beschriebenen Wege die Häfen hinter den Redouten zu erreichen suchen, die, trotzdem daß sie letztere im Bereich des Büchsenschusses dominiren, doch nicht in das Festungsnetz gezogen sind, weil man an einen derar-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/23>, abgerufen am 02.07.2024.