Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.schichte glauben kann, Preußen oder auch nur Würtemvcrg werde sich einem schichte glauben kann, Preußen oder auch nur Würtemvcrg werde sich einem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266011"/> <p xml:id="ID_505" prev="#ID_504" next="#ID_506"> schichte glauben kann, Preußen oder auch nur Würtemvcrg werde sich einem<lb/> mittel- oder kleinstaallichen Oberhaupt unterordnen, ist nicht begreiflich.<lb/> Der Verfasser führt zwar an, daß in einer Note vom 16. Novbr. 1814<lb/> die Bevollmächtigten von 29 Staaten feierlich ihre Bereitwilligkeit erklärt, zum<lb/> Besten des Ganzen auf jede nothwendige Beschränkung ihrer Souveränetät<lb/> eingehen zu wollen, wobei namentlich ein gemeinsames Bundesoberhaupt in<lb/> Aussicht genommen, welchem Vollziehungsgewalt, Bundesjustiz, Kriegsmacht<lb/> des Bundes ausschließlich übertragen sein solle, so daß dieses Oberhaupt als<lb/> erster Repräsentant der deutschen Nation nach Innen und Außen, als Garant<lb/> der Verfassung, als deutscher Freiheit A'egide sich darstelle. Aber er vergißt,<lb/> daß diese Anerbietungen, unter dem frischen Eindruck des jüngstvergangenen<lb/> Elends und der Befreiungskriege gemacht, nicht in das Gebiet des wirklichen,^<lb/> verbindlichen Rechtes übergegangen sind; die einzige einheitliche Spitze, welche<lb/> die Bundesverfassung kennt, ist der Oberfeldherr, der jedesmal wenn die Auf¬<lb/> stellung des Kriegsheeres beschlossen wird, von dem Bunde erwählt wird.<lb/> Seine Stelle hört mit der Auflösung des Heeres wieder auf (Art 13 der<lb/> Grundzüge der Kriegsverfassung des d. B.). Mein kann aber noch dazu kaum<lb/> sagen, daß die Sache praktisch geworden, da die Verhältnisse bei Ausbruch<lb/> des Schleswig-holsteinischen Krieges ganz exceptioneller Art waren und Oest¬<lb/> reich namentlich kaum eine Stimme hatte. Der Verfasser übersieht ferner,<lb/> daß selbst, wenn jene angebotenen Beschränkungen der Einzelsouveränetät for¬<lb/> melles Recht geworden wären, damit noch keineswegs gesagt wäre, daß sie<lb/> ins wirkliche Leben eingetreten wären. Das höchste Gesetz der Souveränetät<lb/> ist ihre Erhaltung, man kann sie vernichten, ihre wesentlichen Befugnisse kön¬<lb/> nen durch die Gewalt der Umstände suspendirt sein wie 1848, aber man kann<lb/> ihr dieselben nicht dauernd nehmen, ohne daß sie aufhört, sie selbst zu sein.<lb/> Die deutschen Staaten haben es in vierzig Jahren noch nicht dahin gebracht,<lb/> einen gemeinsamen Konsul zu haben, wie hätten sie sich einem Oberhaupt<lb/> untergeordnet! — Ein anderes Beispiel der Optimistik ist es, wenn der Ver¬<lb/> fasser hofft, Oestreich werde seinen ausschließlich östlichen Beruf erkennen und<lb/> verheißt, Deutschland werde ihm dabei treulich zur Seite stehn. Daß dies<lb/> die beste Auseinandersetzung zwischen Oestreich und Deutschland sei, bezweifeln<lb/> wir nicht, aber der Knoten liegt doch eben darin, daß Oestreich wol gewillt<lb/> ist, seine Macht nach Osten auszudehnen, aber seinen Einfluß auf Deutsch¬<lb/> land dabei so wenig aufgeben will, als den in Italien. So fest ist es da¬<lb/> rin, daß es kaum halb der Revolution Meister sich beeilte, das Programm<lb/> von Kremsicr zu widerrufen und biurqmö spielte, um jene Ausschließung<lb/> aus Deutschland zu verhindern. Wenn endlich S. 118 gesagt wird: „Oest¬<lb/> reich und Preußen könnten die Unabhängigkeit, die Sicherheit des deutschen<lb/> Bundes für immer begründen, durch einen Druck ihrer Hand, durch eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
schichte glauben kann, Preußen oder auch nur Würtemvcrg werde sich einem
mittel- oder kleinstaallichen Oberhaupt unterordnen, ist nicht begreiflich.
Der Verfasser führt zwar an, daß in einer Note vom 16. Novbr. 1814
die Bevollmächtigten von 29 Staaten feierlich ihre Bereitwilligkeit erklärt, zum
Besten des Ganzen auf jede nothwendige Beschränkung ihrer Souveränetät
eingehen zu wollen, wobei namentlich ein gemeinsames Bundesoberhaupt in
Aussicht genommen, welchem Vollziehungsgewalt, Bundesjustiz, Kriegsmacht
des Bundes ausschließlich übertragen sein solle, so daß dieses Oberhaupt als
erster Repräsentant der deutschen Nation nach Innen und Außen, als Garant
der Verfassung, als deutscher Freiheit A'egide sich darstelle. Aber er vergißt,
daß diese Anerbietungen, unter dem frischen Eindruck des jüngstvergangenen
Elends und der Befreiungskriege gemacht, nicht in das Gebiet des wirklichen,^
verbindlichen Rechtes übergegangen sind; die einzige einheitliche Spitze, welche
die Bundesverfassung kennt, ist der Oberfeldherr, der jedesmal wenn die Auf¬
stellung des Kriegsheeres beschlossen wird, von dem Bunde erwählt wird.
Seine Stelle hört mit der Auflösung des Heeres wieder auf (Art 13 der
Grundzüge der Kriegsverfassung des d. B.). Mein kann aber noch dazu kaum
sagen, daß die Sache praktisch geworden, da die Verhältnisse bei Ausbruch
des Schleswig-holsteinischen Krieges ganz exceptioneller Art waren und Oest¬
reich namentlich kaum eine Stimme hatte. Der Verfasser übersieht ferner,
daß selbst, wenn jene angebotenen Beschränkungen der Einzelsouveränetät for¬
melles Recht geworden wären, damit noch keineswegs gesagt wäre, daß sie
ins wirkliche Leben eingetreten wären. Das höchste Gesetz der Souveränetät
ist ihre Erhaltung, man kann sie vernichten, ihre wesentlichen Befugnisse kön¬
nen durch die Gewalt der Umstände suspendirt sein wie 1848, aber man kann
ihr dieselben nicht dauernd nehmen, ohne daß sie aufhört, sie selbst zu sein.
Die deutschen Staaten haben es in vierzig Jahren noch nicht dahin gebracht,
einen gemeinsamen Konsul zu haben, wie hätten sie sich einem Oberhaupt
untergeordnet! — Ein anderes Beispiel der Optimistik ist es, wenn der Ver¬
fasser hofft, Oestreich werde seinen ausschließlich östlichen Beruf erkennen und
verheißt, Deutschland werde ihm dabei treulich zur Seite stehn. Daß dies
die beste Auseinandersetzung zwischen Oestreich und Deutschland sei, bezweifeln
wir nicht, aber der Knoten liegt doch eben darin, daß Oestreich wol gewillt
ist, seine Macht nach Osten auszudehnen, aber seinen Einfluß auf Deutsch¬
land dabei so wenig aufgeben will, als den in Italien. So fest ist es da¬
rin, daß es kaum halb der Revolution Meister sich beeilte, das Programm
von Kremsicr zu widerrufen und biurqmö spielte, um jene Ausschließung
aus Deutschland zu verhindern. Wenn endlich S. 118 gesagt wird: „Oest¬
reich und Preußen könnten die Unabhängigkeit, die Sicherheit des deutschen
Bundes für immer begründen, durch einen Druck ihrer Hand, durch eine
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