Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.-schlagen. dies zu thun und jenes zu lassen; zwar in großen und drängenden Wir haben deshalb auch die Reihe der anonymen Flugschriften, welche Grenzboten IV. 13S3. 25
-schlagen. dies zu thun und jenes zu lassen; zwar in großen und drängenden Wir haben deshalb auch die Reihe der anonymen Flugschriften, welche Grenzboten IV. 13S3. 25
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0201" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266010"/> <p xml:id="ID_503" prev="#ID_502"> -schlagen. dies zu thun und jenes zu lassen; zwar in großen und drängenden<lb/> Krisen spricht sich meist der politische Jnstinct des Volkes mit unwidersteh¬<lb/> licher Gewalt aus, und es Ware Vermessenheit, diese Stimme zu mißachten,<lb/> aber wo die Entscheidung nicht drängt, wo man blos daraus, daß eine an¬<lb/> dere Hand das Staatsruder erfaßt oder neue politische Factoren sich entwickeln,<lb/> folgert, es stehe ein Umschwung der Dinge bevor, da werden die verschiedenen<lb/> Rathschläge vorsichtig zu wägen sein, man wird vor allem fragen, wer ihr<lb/> Urheber sei. ob er besonders über die Verhältnisse unterrichtet, ob er praktisch<lb/> sich in Staatsgeschäften bewährt. mi< einem Wort, welches seine Autorität sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_504" next="#ID_505"> Wir haben deshalb auch die Reihe der anonymen Flugschriften, welche<lb/> die künftige Politik Preußens erörtern, mit einem gewissen Mißtrauen in die<lb/> Hand genommen. Wären sie Denkschriften, welche einem Fürsten Vorgelegt<lb/> werden sollten, so hätten sie wegen dieser Bestimmung schon Interesse, so<lb/> aber wird man sie als bloße politische Betrachtungen anzusehen haben, bei<lb/> denen es darauf ankommt, inwiefern sie richtig und zeitgemäß sind. Die<lb/> bedeutendste der Broschüren möchte die zuletzt erschienene sein: Das euro¬<lb/> päische Gleichgewicht der Zukunft. Berlin, Springer. Sie zeichnet sich<lb/> durch eine praktischere Behandlung und namentlich durch eingehendere ge¬<lb/> schichtliche Begründung aus. Obwol wie ihre Vorgängerinnen im beson¬<lb/> deren Hinblick auf Preußen geschrieben, ist ihr Horizont doch weiter, sie ist,<lb/> wie der Titel besagt, eine wirkliche Erörterung des Verhältnisses der euro¬<lb/> päischen Hauptstaaten; einige Capitel, z. B. die Geschichte der englischen<lb/> Seeherrschaft bieten ein vollständiges Bild und manches Neue, vielfach<lb/> finden wir glückliche Ausdrücke und treffende Schilderungen; aber obwol<lb/> in der Einleitung sehr richtig das Rufen nach einer englischen Allianz um<lb/> jeden Preis, ohne bestimmte Ansicht von deren augenblicklicher Zweckmäßig¬<lb/> keit, getadelt wird, obwol der Verfasser betont, man müsse die politischen<lb/> Machtfragen von dem Gesichtspunkt des Möglichen und Nützlichen behandeln,<lb/> so finden wir diesen Gesichtspunkt oft außer Augen gelassen. Wenn z. B.<lb/> S. 102 gesagt wird: eine engere und unlösbarere Vereinigung aller deut¬<lb/> schen Staaten unter einem Haupte, einem Oberhaupte sei nothwendig,<lb/> der Versasser aber stelle keineswegs von vornherein die bestimmte Ansicht<lb/> auf. daß dieses Oberhaupt Preußen und das preußische Regentenhaus sei<lb/> und nur sein könne, vielmehr sei es derjenige Staat, der es am geeig¬<lb/> netsten und füglichsten sein könne, so möge es nicht Preußen, sondern<lb/> Baiern. Hessen, Neuß, Lichtenstein, oder jeder andere Staat sein, wenn etwa<lb/> der eine oder der andere dieser Staaten dazu befugter, befähigter und geeig¬<lb/> neter sein sollte, nur einer solle und müsse es sein — so weiß man doch nicht,<lb/> ob der Verfasser sich das Verhältniß der deutschen Staaten klar gedacht hat.<lb/> Wie man auch nach dem flüchtigsten Blick auf die neuere vaterländische Gc-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 13S3. 25</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0201]
-schlagen. dies zu thun und jenes zu lassen; zwar in großen und drängenden
Krisen spricht sich meist der politische Jnstinct des Volkes mit unwidersteh¬
licher Gewalt aus, und es Ware Vermessenheit, diese Stimme zu mißachten,
aber wo die Entscheidung nicht drängt, wo man blos daraus, daß eine an¬
dere Hand das Staatsruder erfaßt oder neue politische Factoren sich entwickeln,
folgert, es stehe ein Umschwung der Dinge bevor, da werden die verschiedenen
Rathschläge vorsichtig zu wägen sein, man wird vor allem fragen, wer ihr
Urheber sei. ob er besonders über die Verhältnisse unterrichtet, ob er praktisch
sich in Staatsgeschäften bewährt. mi< einem Wort, welches seine Autorität sei.
Wir haben deshalb auch die Reihe der anonymen Flugschriften, welche
die künftige Politik Preußens erörtern, mit einem gewissen Mißtrauen in die
Hand genommen. Wären sie Denkschriften, welche einem Fürsten Vorgelegt
werden sollten, so hätten sie wegen dieser Bestimmung schon Interesse, so
aber wird man sie als bloße politische Betrachtungen anzusehen haben, bei
denen es darauf ankommt, inwiefern sie richtig und zeitgemäß sind. Die
bedeutendste der Broschüren möchte die zuletzt erschienene sein: Das euro¬
päische Gleichgewicht der Zukunft. Berlin, Springer. Sie zeichnet sich
durch eine praktischere Behandlung und namentlich durch eingehendere ge¬
schichtliche Begründung aus. Obwol wie ihre Vorgängerinnen im beson¬
deren Hinblick auf Preußen geschrieben, ist ihr Horizont doch weiter, sie ist,
wie der Titel besagt, eine wirkliche Erörterung des Verhältnisses der euro¬
päischen Hauptstaaten; einige Capitel, z. B. die Geschichte der englischen
Seeherrschaft bieten ein vollständiges Bild und manches Neue, vielfach
finden wir glückliche Ausdrücke und treffende Schilderungen; aber obwol
in der Einleitung sehr richtig das Rufen nach einer englischen Allianz um
jeden Preis, ohne bestimmte Ansicht von deren augenblicklicher Zweckmäßig¬
keit, getadelt wird, obwol der Verfasser betont, man müsse die politischen
Machtfragen von dem Gesichtspunkt des Möglichen und Nützlichen behandeln,
so finden wir diesen Gesichtspunkt oft außer Augen gelassen. Wenn z. B.
S. 102 gesagt wird: eine engere und unlösbarere Vereinigung aller deut¬
schen Staaten unter einem Haupte, einem Oberhaupte sei nothwendig,
der Versasser aber stelle keineswegs von vornherein die bestimmte Ansicht
auf. daß dieses Oberhaupt Preußen und das preußische Regentenhaus sei
und nur sein könne, vielmehr sei es derjenige Staat, der es am geeig¬
netsten und füglichsten sein könne, so möge es nicht Preußen, sondern
Baiern. Hessen, Neuß, Lichtenstein, oder jeder andere Staat sein, wenn etwa
der eine oder der andere dieser Staaten dazu befugter, befähigter und geeig¬
neter sein sollte, nur einer solle und müsse es sein — so weiß man doch nicht,
ob der Verfasser sich das Verhältniß der deutschen Staaten klar gedacht hat.
Wie man auch nach dem flüchtigsten Blick auf die neuere vaterländische Gc-
Grenzboten IV. 13S3. 25
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