Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.dreizehn Werke vertreten) herrschend erscheint. Wären sein: Letzter Schlaf des Schick und Wächter, durch das geräuschvolle Auftreten des spätern Künstlcr- dreizehn Werke vertreten) herrschend erscheint. Wären sein: Letzter Schlaf des Schick und Wächter, durch das geräuschvolle Auftreten des spätern Künstlcr- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265824"/> <p xml:id="ID_11" prev="#ID_10"> dreizehn Werke vertreten) herrschend erscheint. Wären sein: Letzter Schlaf des<lb/> Sokrates, seine Andromeda, Hiob mit seinen Freunden im Louvre aufgestellt,<lb/> keinem Menschen würde ein Zweifel über ihren französischen Ursprung auf¬<lb/> tauchen. Das „Lebensschiff", ein reizend erfundenes Motiv, brauchte blos um<lb/> einen Ton Heller angelegt zu sein, um für eine Arbeit des bekannten Hamon<lb/> zu gelten. Nur im „Batchus, der Amor den Trank der Unsterblichkeit zeigt",<lb/> fühlt man die keuschere deutsche Natur durchbrechen, nur in seinen Zeichnungen<lb/> und ebenso in jenen Wagners, Hetschs u. a. bemerkt man die ernstere Vertie¬<lb/> fung in die Antike, wie sie die Franzosen mit ihrer rhetorischen Anlage nie¬<lb/> mals kennen. Will man Davids Einfluß auf die deutsche Kunst noch weiter<lb/> verfolgen, so trete man vor Matthaeis (in Dresden) Ermordung des Aeghist<lb/> oder Fügers (Wien) Tod des Germanicus. Patriotische Klagen brauchen<lb/> wegen dieser raschen Entfremdung der deutschen Kunst vom nationalen Boden<lb/> nicht laut zu werden. Zunächst greift die Bildung der modernen Völker enger<lb/> ineinander, und läßt sich eine gegenseitige Absperrung auf diesem Gebiet nicht<lb/> mehr erreichen. Und dann war dadurch noch keineswegs eine eigentliche Fran-<lb/> zvsirung des deutschen Geschmackes erreicht, keine Huldigung dem französischen<lb/> Geiste beabsichtigt worden. David hatte eben den scheinbar richtigen Aus¬<lb/> druck für die malerische Verwerthung der-ant'item Formen gefunden, hatte die<lb/> Zugänglichkeit der letzteren erweitert und wurde so für einige Zeit das Vor¬<lb/> bild zahlreicher Maler aus aller Herren Ländern. Uebrigens dauerte auch<lb/> seine Herrschaft in der deutschen Malerei nicht lange, und wurde noch zu einer<lb/> Zeit, wo der französische Imperialismus officiell galt, von andern bestimmen¬<lb/> den Einflüssen abgelöst.</p><lb/> <p xml:id="ID_12" next="#ID_13"> Schick und Wächter, durch das geräuschvolle Auftreten des spätern Künstlcr-<lb/> gcschlechts in den Hintergrund gedrängt, in den besuchteren deutschen Gemälde¬<lb/> galerien nicht vertreten, werden für die Mehrzahl der Besucher der Münchner<lb/> Ausstellung wahrscheinlich eine ganz neue, jedenfalls eine überaus anziehende<lb/> Erscheinung bilden, durch welche die Frage nach der Entwicklung unsrer Kunst<lb/> bei vielen eine von der gewöhnlichen Meinung abweichende Lösung erfahren<lb/> dürfte. Man wirft uns häusig Parteilichkeit gegen Cornelius und Kaulbach<lb/> vor und nennt es Undank gegen die Größe dieser beiden Männer, daß wir<lb/> ihre Bedeutung einschränken, ihre Wirksamkeit als bereits theilweise der Ge¬<lb/> schichte verfallen darstellen. Mit größerem Recht könnte man uns, d. h. das<lb/> gegenwärtige Geschlecht, der Parteilichkeit für diese Künstler und ihre Zeit¬<lb/> genossen zeihen und uns anklagen, daß wir die Verdienste ihrer unmittelbaren<lb/> Vorgänger der Vergessenheit überlieferten. Wir lassen die Größe unsrer Kunst,<lb/> mag sie nun eine wirkliche oder nur eine scheinbare Größe besitzen, durch die<lb/> Einkehr in das Heimathliche und Ursprüngliche, wie sie gewöhnlich von den<lb/> Bewohnern des Klosters San Jsidoro gerühmt wird, bedingt werden, wir</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
dreizehn Werke vertreten) herrschend erscheint. Wären sein: Letzter Schlaf des
Sokrates, seine Andromeda, Hiob mit seinen Freunden im Louvre aufgestellt,
keinem Menschen würde ein Zweifel über ihren französischen Ursprung auf¬
tauchen. Das „Lebensschiff", ein reizend erfundenes Motiv, brauchte blos um
einen Ton Heller angelegt zu sein, um für eine Arbeit des bekannten Hamon
zu gelten. Nur im „Batchus, der Amor den Trank der Unsterblichkeit zeigt",
fühlt man die keuschere deutsche Natur durchbrechen, nur in seinen Zeichnungen
und ebenso in jenen Wagners, Hetschs u. a. bemerkt man die ernstere Vertie¬
fung in die Antike, wie sie die Franzosen mit ihrer rhetorischen Anlage nie¬
mals kennen. Will man Davids Einfluß auf die deutsche Kunst noch weiter
verfolgen, so trete man vor Matthaeis (in Dresden) Ermordung des Aeghist
oder Fügers (Wien) Tod des Germanicus. Patriotische Klagen brauchen
wegen dieser raschen Entfremdung der deutschen Kunst vom nationalen Boden
nicht laut zu werden. Zunächst greift die Bildung der modernen Völker enger
ineinander, und läßt sich eine gegenseitige Absperrung auf diesem Gebiet nicht
mehr erreichen. Und dann war dadurch noch keineswegs eine eigentliche Fran-
zvsirung des deutschen Geschmackes erreicht, keine Huldigung dem französischen
Geiste beabsichtigt worden. David hatte eben den scheinbar richtigen Aus¬
druck für die malerische Verwerthung der-ant'item Formen gefunden, hatte die
Zugänglichkeit der letzteren erweitert und wurde so für einige Zeit das Vor¬
bild zahlreicher Maler aus aller Herren Ländern. Uebrigens dauerte auch
seine Herrschaft in der deutschen Malerei nicht lange, und wurde noch zu einer
Zeit, wo der französische Imperialismus officiell galt, von andern bestimmen¬
den Einflüssen abgelöst.
Schick und Wächter, durch das geräuschvolle Auftreten des spätern Künstlcr-
gcschlechts in den Hintergrund gedrängt, in den besuchteren deutschen Gemälde¬
galerien nicht vertreten, werden für die Mehrzahl der Besucher der Münchner
Ausstellung wahrscheinlich eine ganz neue, jedenfalls eine überaus anziehende
Erscheinung bilden, durch welche die Frage nach der Entwicklung unsrer Kunst
bei vielen eine von der gewöhnlichen Meinung abweichende Lösung erfahren
dürfte. Man wirft uns häusig Parteilichkeit gegen Cornelius und Kaulbach
vor und nennt es Undank gegen die Größe dieser beiden Männer, daß wir
ihre Bedeutung einschränken, ihre Wirksamkeit als bereits theilweise der Ge¬
schichte verfallen darstellen. Mit größerem Recht könnte man uns, d. h. das
gegenwärtige Geschlecht, der Parteilichkeit für diese Künstler und ihre Zeit¬
genossen zeihen und uns anklagen, daß wir die Verdienste ihrer unmittelbaren
Vorgänger der Vergessenheit überlieferten. Wir lassen die Größe unsrer Kunst,
mag sie nun eine wirkliche oder nur eine scheinbare Größe besitzen, durch die
Einkehr in das Heimathliche und Ursprüngliche, wie sie gewöhnlich von den
Bewohnern des Klosters San Jsidoro gerühmt wird, bedingt werden, wir
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