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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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ein so heiterer Freudenschein, jeder Einzelne ist so sehr mit ganzer Seele bei
dem Fest, daß ähnlich wie in Roberts Schilderung eine gehobene Stimmung
aus der reichen Gruppe spricht, zumal als auch ein schöner Linienfluß beob¬
achtet wurde und die einzelnen Figuren in einfacher, wohlthuender Weise sich
zu einem geschlossenen Ganzen aufbauen, Grünewald führt in einer Fries¬
skizze das menschliche Leben in den vier Jahreszeiten vor. ein uraltes Motiv,
dem aber der Maler so viele frische und sinnige Züge entlockt, daß man Mühe
hat, sich von dem Werk zu trennen. Die große Freude, die es erregt, in
jüngern Kreisen vielversprechende Kräfte zu erblicken und richtige Grundsätze, vor
allem die so lange verachtete Einfachheit und Wahrheit hier geltend anzu¬
treffen, darf jedoch gegen die Verdienste anerkannter und längst berühmter
Künstler nicht verblenden.

Im Landschaftsfach haben die letzteren ihre alte Anziehungskraft be¬
währt, die Palme, die ihnen längst schon gereicht wurde, bleibt noch immer
in ihren Händen. Die bekannten Lieblinge des Publicums,- die beiden Ueber-
hand, und Weber in Düsseldorf, Schirmer in Karlsruhe, Alb. Zimmermann,
Schleich, Morgenstern u. a. in München, Hildebrandt in Berlin sind auch im
Münchner Glaspalast mächtige Anziehungspunkte, Wenn neue Namen den¬
selben sich anschließen, wie jener Marcos und Raffalts aus Wien, so gehören
dieselben nicht dem jüngern Geschlecht an, sondern bewährten Männern,
deren Wirksamkeit sich nur in einem minder zugänglichen Kreise bewegte. Die
jüngern tüchtigen Kräfte, an denen es keineswegs mangelt, folgen willig den
Spuren der Meister und wissen nichts von dem tiefen Zwiespalt, der auf den
übrigen Gebieten der Malerei die letzte Künstlergeneration von der früheren
trennt. Auch die Flucht in das Ausland, zunächst technischer Zwecke willen,
die bei unsern jüngern Historienmalern immer allgemeiner wird und jedenfalls
Beachtung verdient, kommt hier so gut wie gar nicht vor, und wenn sie
vorkommt, wie z. B. bei dem frankfurter Maler Buruitz, regt sie keines¬
wegs die Zurückgebliebenen zur Nachfolge an. Den Einwirkungen, die Jaros-
lciv Czermak. falls er der deutschen Künstlerwelt angereiht werden kann. Kraus,
Henneberger und theilweise auch Piloty der Fremde verdanken, läßt sich im
Kreise der Landschaftsmalerei nichts zur Seite stellen. Es fehlt auch hier
nicht an Gegensätzen. Zwischen Ueberhand und Schirmer liegt eine ganze
Welt, ebenso sind Ueberhand und der Berliner Hildebrandt, Schirmer und die
Münchner Stilisten weit getrennt, trotzdem daß sie eine gleichnamige Richtung
verfolgen. Die Entwicklung der modernen Landschaftsmalerei geht vorzugs¬
weise auf das Malerische. Auch diejenigen Meister, deren Bilder durch den
bedeutsamen Bau der landschaftlichen Formen, durch Linienschönheit wirken,
und symbolische Beziehungen auf menschliche Verhältnisse in sich bergen, be¬
nutzen das Colorit als Ausdrucksmittel und würden, obgleich sie sich selbst


ein so heiterer Freudenschein, jeder Einzelne ist so sehr mit ganzer Seele bei
dem Fest, daß ähnlich wie in Roberts Schilderung eine gehobene Stimmung
aus der reichen Gruppe spricht, zumal als auch ein schöner Linienfluß beob¬
achtet wurde und die einzelnen Figuren in einfacher, wohlthuender Weise sich
zu einem geschlossenen Ganzen aufbauen, Grünewald führt in einer Fries¬
skizze das menschliche Leben in den vier Jahreszeiten vor. ein uraltes Motiv,
dem aber der Maler so viele frische und sinnige Züge entlockt, daß man Mühe
hat, sich von dem Werk zu trennen. Die große Freude, die es erregt, in
jüngern Kreisen vielversprechende Kräfte zu erblicken und richtige Grundsätze, vor
allem die so lange verachtete Einfachheit und Wahrheit hier geltend anzu¬
treffen, darf jedoch gegen die Verdienste anerkannter und längst berühmter
Künstler nicht verblenden.

Im Landschaftsfach haben die letzteren ihre alte Anziehungskraft be¬
währt, die Palme, die ihnen längst schon gereicht wurde, bleibt noch immer
in ihren Händen. Die bekannten Lieblinge des Publicums,- die beiden Ueber-
hand, und Weber in Düsseldorf, Schirmer in Karlsruhe, Alb. Zimmermann,
Schleich, Morgenstern u. a. in München, Hildebrandt in Berlin sind auch im
Münchner Glaspalast mächtige Anziehungspunkte, Wenn neue Namen den¬
selben sich anschließen, wie jener Marcos und Raffalts aus Wien, so gehören
dieselben nicht dem jüngern Geschlecht an, sondern bewährten Männern,
deren Wirksamkeit sich nur in einem minder zugänglichen Kreise bewegte. Die
jüngern tüchtigen Kräfte, an denen es keineswegs mangelt, folgen willig den
Spuren der Meister und wissen nichts von dem tiefen Zwiespalt, der auf den
übrigen Gebieten der Malerei die letzte Künstlergeneration von der früheren
trennt. Auch die Flucht in das Ausland, zunächst technischer Zwecke willen,
die bei unsern jüngern Historienmalern immer allgemeiner wird und jedenfalls
Beachtung verdient, kommt hier so gut wie gar nicht vor, und wenn sie
vorkommt, wie z. B. bei dem frankfurter Maler Buruitz, regt sie keines¬
wegs die Zurückgebliebenen zur Nachfolge an. Den Einwirkungen, die Jaros-
lciv Czermak. falls er der deutschen Künstlerwelt angereiht werden kann. Kraus,
Henneberger und theilweise auch Piloty der Fremde verdanken, läßt sich im
Kreise der Landschaftsmalerei nichts zur Seite stellen. Es fehlt auch hier
nicht an Gegensätzen. Zwischen Ueberhand und Schirmer liegt eine ganze
Welt, ebenso sind Ueberhand und der Berliner Hildebrandt, Schirmer und die
Münchner Stilisten weit getrennt, trotzdem daß sie eine gleichnamige Richtung
verfolgen. Die Entwicklung der modernen Landschaftsmalerei geht vorzugs¬
weise auf das Malerische. Auch diejenigen Meister, deren Bilder durch den
bedeutsamen Bau der landschaftlichen Formen, durch Linienschönheit wirken,
und symbolische Beziehungen auf menschliche Verhältnisse in sich bergen, be¬
nutzen das Colorit als Ausdrucksmittel und würden, obgleich sie sich selbst


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[0124] ein so heiterer Freudenschein, jeder Einzelne ist so sehr mit ganzer Seele bei dem Fest, daß ähnlich wie in Roberts Schilderung eine gehobene Stimmung aus der reichen Gruppe spricht, zumal als auch ein schöner Linienfluß beob¬ achtet wurde und die einzelnen Figuren in einfacher, wohlthuender Weise sich zu einem geschlossenen Ganzen aufbauen, Grünewald führt in einer Fries¬ skizze das menschliche Leben in den vier Jahreszeiten vor. ein uraltes Motiv, dem aber der Maler so viele frische und sinnige Züge entlockt, daß man Mühe hat, sich von dem Werk zu trennen. Die große Freude, die es erregt, in jüngern Kreisen vielversprechende Kräfte zu erblicken und richtige Grundsätze, vor allem die so lange verachtete Einfachheit und Wahrheit hier geltend anzu¬ treffen, darf jedoch gegen die Verdienste anerkannter und längst berühmter Künstler nicht verblenden. Im Landschaftsfach haben die letzteren ihre alte Anziehungskraft be¬ währt, die Palme, die ihnen längst schon gereicht wurde, bleibt noch immer in ihren Händen. Die bekannten Lieblinge des Publicums,- die beiden Ueber- hand, und Weber in Düsseldorf, Schirmer in Karlsruhe, Alb. Zimmermann, Schleich, Morgenstern u. a. in München, Hildebrandt in Berlin sind auch im Münchner Glaspalast mächtige Anziehungspunkte, Wenn neue Namen den¬ selben sich anschließen, wie jener Marcos und Raffalts aus Wien, so gehören dieselben nicht dem jüngern Geschlecht an, sondern bewährten Männern, deren Wirksamkeit sich nur in einem minder zugänglichen Kreise bewegte. Die jüngern tüchtigen Kräfte, an denen es keineswegs mangelt, folgen willig den Spuren der Meister und wissen nichts von dem tiefen Zwiespalt, der auf den übrigen Gebieten der Malerei die letzte Künstlergeneration von der früheren trennt. Auch die Flucht in das Ausland, zunächst technischer Zwecke willen, die bei unsern jüngern Historienmalern immer allgemeiner wird und jedenfalls Beachtung verdient, kommt hier so gut wie gar nicht vor, und wenn sie vorkommt, wie z. B. bei dem frankfurter Maler Buruitz, regt sie keines¬ wegs die Zurückgebliebenen zur Nachfolge an. Den Einwirkungen, die Jaros- lciv Czermak. falls er der deutschen Künstlerwelt angereiht werden kann. Kraus, Henneberger und theilweise auch Piloty der Fremde verdanken, läßt sich im Kreise der Landschaftsmalerei nichts zur Seite stellen. Es fehlt auch hier nicht an Gegensätzen. Zwischen Ueberhand und Schirmer liegt eine ganze Welt, ebenso sind Ueberhand und der Berliner Hildebrandt, Schirmer und die Münchner Stilisten weit getrennt, trotzdem daß sie eine gleichnamige Richtung verfolgen. Die Entwicklung der modernen Landschaftsmalerei geht vorzugs¬ weise auf das Malerische. Auch diejenigen Meister, deren Bilder durch den bedeutsamen Bau der landschaftlichen Formen, durch Linienschönheit wirken, und symbolische Beziehungen auf menschliche Verhältnisse in sich bergen, be¬ nutzen das Colorit als Ausdrucksmittel und würden, obgleich sie sich selbst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/124>, abgerufen am 26.07.2024.