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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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sens, einzuführen. "Händel selbst, der diese beiden Lebenshälstcn und ihren
Charakter sehr klar übersah, schied sie voneinander und setzte einen Denkstein
in das Jahr 1720, indem er sagte: Man muß lernen, was zu lernen ist,
und dann seinen eignen Weg gehen."

Somit sei dieses vortreffliche Buch zu jedermanns Händen aufs beste em¬
pfohlen, Künstler und Laien tonnen sich genußreiche Stunden damit bereiten
und sehr viel daraus lernen.

Ebenso Gutes läßt dieses Werk von Chrysandcrs Leitung der Händelaus¬
gabe durch die leipziger Händelgessllschaft sicher voraussagen; es ergehe des¬
halb der Aufruf an das kunstliebende Publicum Deutschlands, dieses Unter¬
nehmen durch lebhafte Theilnahme'recht kräftig zu unterstützen.

Das Händeldenkmal, wofür besonders Robert Franz und der Verein in
Halle aufs thätigste wirken (es .steht wiederum eine große Ausführung des
Judas Maccabäus bevor) geht zwar allmülig seiner endlichen Verwirklichung
entgegen, doch fehlt noch immer viel dazu. Es ist Sache des Volkes, dazu
beizutragen, deshalb mögen diejenigen Städte und deren Musikvereine, welche
sich noch nicht thätig daran betheiligt haben, durch Concerte und Aufführungen
daran mithelfen, daß wenigstens diese geringe Dankbarkeitsschuld gegen einen
der größten Meister der Tonkunst bald ausgeglichen werde. In Leipzig ist
der Niedelsche Verein mit gutem Beispiel vorangegangen, doch sollte man mit
allem Recht eine Nachfolge ante.rer hiesiger Kunstinstitute erwarten können.


D.


Die deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung
in München.

Beinahe der dritte Theil der ausgestellten Bilder gehört dem landschaft¬
lichen Facke an (von 174t nahezu 500), ein Achtel der ganzen Summe hat
die sogenannte Genremalerei beigesteuert. So groß diese Zahlen vielleicht
erscheinen mögen, so drücken sie noch immer nicht hinlänglich das richtige
Verhältniß namentlich der landschaftlichen Schöpfungen zur modernen Kunst-
production aus. Die gute Hälfte unserer künstlerischen Thätigkeit ist der Pflege der
Landschaftsmalerei gewidmet. Sollen wir dieses Vordrängen der beiden genannten
Kunstzweige mit der Ueberflutung unseres Tonsinns durch Salvnmusik in
eine Paralelle stellen und dann ähnlich wie hier auf eine Abnahme unseres
künstlerischen Vermögens schließen? Kein Zweifel, daß diese Frage von Vielen


sens, einzuführen. „Händel selbst, der diese beiden Lebenshälstcn und ihren
Charakter sehr klar übersah, schied sie voneinander und setzte einen Denkstein
in das Jahr 1720, indem er sagte: Man muß lernen, was zu lernen ist,
und dann seinen eignen Weg gehen."

Somit sei dieses vortreffliche Buch zu jedermanns Händen aufs beste em¬
pfohlen, Künstler und Laien tonnen sich genußreiche Stunden damit bereiten
und sehr viel daraus lernen.

Ebenso Gutes läßt dieses Werk von Chrysandcrs Leitung der Händelaus¬
gabe durch die leipziger Händelgessllschaft sicher voraussagen; es ergehe des¬
halb der Aufruf an das kunstliebende Publicum Deutschlands, dieses Unter¬
nehmen durch lebhafte Theilnahme'recht kräftig zu unterstützen.

Das Händeldenkmal, wofür besonders Robert Franz und der Verein in
Halle aufs thätigste wirken (es .steht wiederum eine große Ausführung des
Judas Maccabäus bevor) geht zwar allmülig seiner endlichen Verwirklichung
entgegen, doch fehlt noch immer viel dazu. Es ist Sache des Volkes, dazu
beizutragen, deshalb mögen diejenigen Städte und deren Musikvereine, welche
sich noch nicht thätig daran betheiligt haben, durch Concerte und Aufführungen
daran mithelfen, daß wenigstens diese geringe Dankbarkeitsschuld gegen einen
der größten Meister der Tonkunst bald ausgeglichen werde. In Leipzig ist
der Niedelsche Verein mit gutem Beispiel vorangegangen, doch sollte man mit
allem Recht eine Nachfolge ante.rer hiesiger Kunstinstitute erwarten können.


D.


Die deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung
in München.

Beinahe der dritte Theil der ausgestellten Bilder gehört dem landschaft¬
lichen Facke an (von 174t nahezu 500), ein Achtel der ganzen Summe hat
die sogenannte Genremalerei beigesteuert. So groß diese Zahlen vielleicht
erscheinen mögen, so drücken sie noch immer nicht hinlänglich das richtige
Verhältniß namentlich der landschaftlichen Schöpfungen zur modernen Kunst-
production aus. Die gute Hälfte unserer künstlerischen Thätigkeit ist der Pflege der
Landschaftsmalerei gewidmet. Sollen wir dieses Vordrängen der beiden genannten
Kunstzweige mit der Ueberflutung unseres Tonsinns durch Salvnmusik in
eine Paralelle stellen und dann ähnlich wie hier auf eine Abnahme unseres
künstlerischen Vermögens schließen? Kein Zweifel, daß diese Frage von Vielen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/118>, abgerufen am 28.09.2024.