Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.Miss neue umgewandelt und erweiternd veredelt, er bildete auch den Schlu߬ "Wenn irgend etwas in seiner an großen Zügen so reichen Wanderung, Man sah Handel mit großer Erwartung entgegen, der Ruf von seinen Am Schluß der Saison ging er nach Hannover, um das Kapellmeister- 14*
Miss neue umgewandelt und erweiternd veredelt, er bildete auch den Schlu߬ „Wenn irgend etwas in seiner an großen Zügen so reichen Wanderung, Man sah Handel mit großer Erwartung entgegen, der Ruf von seinen Am Schluß der Saison ging er nach Hannover, um das Kapellmeister- 14*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0115" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265924"/> <p xml:id="ID_273" prev="#ID_272"> Miss neue umgewandelt und erweiternd veredelt, er bildete auch den Schlu߬<lb/> stein seines Wirkens „er arbeitete zu allerletzt daran, in den wenigen Augen¬<lb/> blicken, welche die Tage seiner Blindheit erhellten, bis in sein 72. Jahr."<lb/> Auch Versuche ihn zum Katholicismus zu bekehren mißlangen natürlicherweise.<lb/> Aus der Oper Agrippina. 1708, ging eine in die Oper Pyrrhus von Scarlatti<lb/> aufgenommene Arie nach England über — die ersten Töne, welche von Hän¬<lb/> del nach England drangen und auch sogleich Wurzel schlugen. In Venedig<lb/> lernte er Kielmannsegge und Steffan kennen, ging mit ihnen nach Deutsch¬<lb/> land, wurde Kapellmeister zu Hannover, und trat im Spätherbst 1710 seine<lb/> erste Reise nach London an.</p><lb/> <p xml:id="ID_274"> „Wenn irgend etwas in seiner an großen Zügen so reichen Wanderung,<lb/> so ist diese Fahrt über eine Kunstreise gewöhnlichen Schlages erhaben. Sie<lb/> war folgenreich für sein ganzes Leben, indem sie seine Neigungen so sehr an<lb/> dieses Land fesselte, daß er demselben fortan fast ausschließlich seine Kräfte<lb/> weihte; und sie war im höchsten Maße bedeutsam für die englische Musik¬<lb/> geschichte, da mit Handels Auftreten eine neue Periode, die eigentliche Glanz¬<lb/> zeit beginnt."</p><lb/> <p xml:id="ID_275"> Man sah Handel mit großer Erwartung entgegen, der Ruf von seinen<lb/> ungemeinen Fähigkeiten war ihm schon vorausgegangen. Die MusiMebc war<lb/> während der letzten Jahre sehr gewachsen, entbehrte aber noch des eigent¬<lb/> lichen Führers; im Volk lebte wol das Verlangen, sich auf eine höhere<lb/> Kunststufe zu schwingen, aber nicht die dazu nöthige productive Kraft. Getöse<lb/> Purcell, der reichbegabte Vorgänger Handels. vermochte nicht, trotz Gesund¬<lb/> heit, Vielseitigkeit und dramatisch einheitlicher Gestaltungskraft, die englische<lb/> Oper zur Vollendung zu führen. Aber das in sich kraftvolle, poetisch damals-<lb/> hochstehende Volk mit einer neu aufblühenden Literatur und vielem Kunst¬<lb/> drang, war der geeignete Boden, in dem die durch Purcell gepflanzte und durch<lb/> Händel zur Reise gebrachte Frucht wohl gedeihen konnte. Der junge Theatcr-<lb/> director am Heumarkt, Aron Hill, ein vielseitig gebildeter junger Mann voll<lb/> Phantasie und Feuer, aber ebenso voll Unsicherheit und heißblütiger Unbe¬<lb/> ständigkeit bei Ausführung seiner verschiedenartigsten Pläne, empfing Händel<lb/> mit offenen Armen. Die Oper Rinald kam in vierzehn Tagen durch Händel<lb/> zu Stande und brachte ihm Ehre und Ruhm in Italien, Hamburg und. mit<lb/> Ausnahme des Widerspruchs bei Addison und Steele, auch in England.</p><lb/> <p xml:id="ID_276" next="#ID_277"> Am Schluß der Saison ging er nach Hannover, um das Kapellmeister-<lb/> "'ut. welches sein berühmter Vorgänger Agostino Steffan, geb. 1V55 zu<lb/> tastet franco niedergelegt hatte, anzutreten. Die ausführlichen Mittheilungen<lb/> Chrysandcrs über Steffan sind von Interesse, da im Ganzen über Stcffanis<lb/> Werke und Wissen wenig bekannt ist. Auf die Entwicklung der Oper als<lb/> dramatisches Kunstwerk im Ganzen hat er keinen großen Einfluß geübt; die</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 14*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0115]
Miss neue umgewandelt und erweiternd veredelt, er bildete auch den Schlu߬
stein seines Wirkens „er arbeitete zu allerletzt daran, in den wenigen Augen¬
blicken, welche die Tage seiner Blindheit erhellten, bis in sein 72. Jahr."
Auch Versuche ihn zum Katholicismus zu bekehren mißlangen natürlicherweise.
Aus der Oper Agrippina. 1708, ging eine in die Oper Pyrrhus von Scarlatti
aufgenommene Arie nach England über — die ersten Töne, welche von Hän¬
del nach England drangen und auch sogleich Wurzel schlugen. In Venedig
lernte er Kielmannsegge und Steffan kennen, ging mit ihnen nach Deutsch¬
land, wurde Kapellmeister zu Hannover, und trat im Spätherbst 1710 seine
erste Reise nach London an.
„Wenn irgend etwas in seiner an großen Zügen so reichen Wanderung,
so ist diese Fahrt über eine Kunstreise gewöhnlichen Schlages erhaben. Sie
war folgenreich für sein ganzes Leben, indem sie seine Neigungen so sehr an
dieses Land fesselte, daß er demselben fortan fast ausschließlich seine Kräfte
weihte; und sie war im höchsten Maße bedeutsam für die englische Musik¬
geschichte, da mit Handels Auftreten eine neue Periode, die eigentliche Glanz¬
zeit beginnt."
Man sah Handel mit großer Erwartung entgegen, der Ruf von seinen
ungemeinen Fähigkeiten war ihm schon vorausgegangen. Die MusiMebc war
während der letzten Jahre sehr gewachsen, entbehrte aber noch des eigent¬
lichen Führers; im Volk lebte wol das Verlangen, sich auf eine höhere
Kunststufe zu schwingen, aber nicht die dazu nöthige productive Kraft. Getöse
Purcell, der reichbegabte Vorgänger Handels. vermochte nicht, trotz Gesund¬
heit, Vielseitigkeit und dramatisch einheitlicher Gestaltungskraft, die englische
Oper zur Vollendung zu führen. Aber das in sich kraftvolle, poetisch damals-
hochstehende Volk mit einer neu aufblühenden Literatur und vielem Kunst¬
drang, war der geeignete Boden, in dem die durch Purcell gepflanzte und durch
Händel zur Reise gebrachte Frucht wohl gedeihen konnte. Der junge Theatcr-
director am Heumarkt, Aron Hill, ein vielseitig gebildeter junger Mann voll
Phantasie und Feuer, aber ebenso voll Unsicherheit und heißblütiger Unbe¬
ständigkeit bei Ausführung seiner verschiedenartigsten Pläne, empfing Händel
mit offenen Armen. Die Oper Rinald kam in vierzehn Tagen durch Händel
zu Stande und brachte ihm Ehre und Ruhm in Italien, Hamburg und. mit
Ausnahme des Widerspruchs bei Addison und Steele, auch in England.
Am Schluß der Saison ging er nach Hannover, um das Kapellmeister-
"'ut. welches sein berühmter Vorgänger Agostino Steffan, geb. 1V55 zu
tastet franco niedergelegt hatte, anzutreten. Die ausführlichen Mittheilungen
Chrysandcrs über Steffan sind von Interesse, da im Ganzen über Stcffanis
Werke und Wissen wenig bekannt ist. Auf die Entwicklung der Oper als
dramatisches Kunstwerk im Ganzen hat er keinen großen Einfluß geübt; die
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