Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.ständigen Ehrgeiz nach Vergrößerung geplagt, schlössen mit dem Auslande jene Ein wesentlicher Zug des Staatswesens des 18. Jahrhunderts war die Wenn die Verwaltung des vorigen Jahrhunderts insofern einfacher war ständigen Ehrgeiz nach Vergrößerung geplagt, schlössen mit dem Auslande jene Ein wesentlicher Zug des Staatswesens des 18. Jahrhunderts war die Wenn die Verwaltung des vorigen Jahrhunderts insofern einfacher war <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0485" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186898"/> <p xml:id="ID_1088" prev="#ID_1087"> ständigen Ehrgeiz nach Vergrößerung geplagt, schlössen mit dem Auslande jene<lb/> heillosen Bündnisse und wurden der Sitz des hartnäckigsten Particularismus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1089"> Ein wesentlicher Zug des Staatswesens des 18. Jahrhunderts war die<lb/> Ausbildung des modernen Beamtenthums, welche gleichen Schritt mit dem<lb/> Verfalle der Stände und des selbstständigen Gemeindclebens hielt. Bei den<lb/> steinen Territorien waren die Beamten wenig anderes als fürstliche Privat¬<lb/> diener, der Ritter v. Lang erzählt dafür die merkwürdigsten Belege; selbst in<lb/> Hessen erschien I7K2 eine Rangordnung „von unsern sämmtlichen Bedienten,"<lb/> welche sich die neuesten honnov ersehen Gesetzgeber vielleicht zum Muster ge¬<lb/> nommen haben. In größern Staaten dagegen wie in Baiern gestalteten sich<lb/> die Verhältnisse doch schon mehr nach einem rationellen Zuschnitt, nur griff<lb/> die fürstliche Willkür auch hier oft auf das gewaltthätigste ein. Leute wurden<lb/> ohne Recht und Urtheil abgesetzt, die Beamten unregelmäßig und schlecht be¬<lb/> zahlt und dabei doch sehr in Anspruch genommen. Die Beispiele, die Lang<lb/> aus Baiern noch unter Montgelas Verwaltung anführt, scheinen sast unglaub¬<lb/> lich , Unordnung und abgeschmackter Schlendrian im Geschäftsgange waren die<lb/> natürlichen Folgen solcher Zustände, wurde man von oben gedrückt, so drückte<lb/> man wieder nach unten, die erste Regel war, sich bei seineu Vorgesetzten be¬<lb/> liebt zu machen, sich ihren Launen anzubequemen, das Volk galt als bloßes<lb/> steuerndes Subject, als wiserg, ecmtriduenL Mds. Indeß hier zeichnete sich<lb/> das nördliche Deutschland entschieden vor dem südlichen aus, und es war vor<lb/> allem Friedrichs 2. Ruhm, einen Beamtenstand geschaffen zu haben, der sich<lb/> durch Unbestechlichkeit. Einsicht und rasche Action auszeichnete, freilich auch<lb/> neben der Ehrenhaftigkeit Steifheit und Beschränktheit zeigte, wie denn der<lb/> beste Beamtenstaat stets nur ein Mechanismus bleiben wird. Dabei ging ihm<lb/> alle jene Selbstständigkeit ab, welche in älterer Zeit den Beamten eigen war<lb/> und welche sie in unserer Zeit wieder erstreben, Friedrich litt keinen Wider¬<lb/> spruch und wenn er seinen Dienern gestattete, Theilnehmer eines auf durch¬<lb/> dachten Ideen beruhenden Regierungssystems zu sein, so mußte doch seine<lb/> Einsicht alles leiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1090" next="#ID_1091"> Wenn die Verwaltung des vorigen Jahrhunderts insofern einfacher war<lb/> als die unsrige, als die Verhältnisse des politischen und socialen Lebens ein¬<lb/> facher waren, und der vor Willkür allerdings schirmende büreaukratische In-<lb/> stanzenzug noch nicht eingeführt war. so ging das Bcvormundnngssustem doch<lb/> viel weiter als jetzt. Man kennt jene Verordnungen über das Innere der<lb/> Haushaltungen, welche, wie Forster sagt, jedem Unterthan in den Topf gucken<lb/> wollen. „Unsere fürstliche Hofkammer ist die natürliche Vormünderin Unserer<lb/> Unterthanen" heißt es in einer badischen Kammcrordnung; sodann vermehrten<lb/> namentlich in größern Territorien, welche allmälig aus verschiedenen Bestand¬<lb/> theilen zusammengewachsen waren, die getrennt gebliebenen Verwaltungen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0485]
ständigen Ehrgeiz nach Vergrößerung geplagt, schlössen mit dem Auslande jene
heillosen Bündnisse und wurden der Sitz des hartnäckigsten Particularismus.
Ein wesentlicher Zug des Staatswesens des 18. Jahrhunderts war die
Ausbildung des modernen Beamtenthums, welche gleichen Schritt mit dem
Verfalle der Stände und des selbstständigen Gemeindclebens hielt. Bei den
steinen Territorien waren die Beamten wenig anderes als fürstliche Privat¬
diener, der Ritter v. Lang erzählt dafür die merkwürdigsten Belege; selbst in
Hessen erschien I7K2 eine Rangordnung „von unsern sämmtlichen Bedienten,"
welche sich die neuesten honnov ersehen Gesetzgeber vielleicht zum Muster ge¬
nommen haben. In größern Staaten dagegen wie in Baiern gestalteten sich
die Verhältnisse doch schon mehr nach einem rationellen Zuschnitt, nur griff
die fürstliche Willkür auch hier oft auf das gewaltthätigste ein. Leute wurden
ohne Recht und Urtheil abgesetzt, die Beamten unregelmäßig und schlecht be¬
zahlt und dabei doch sehr in Anspruch genommen. Die Beispiele, die Lang
aus Baiern noch unter Montgelas Verwaltung anführt, scheinen sast unglaub¬
lich , Unordnung und abgeschmackter Schlendrian im Geschäftsgange waren die
natürlichen Folgen solcher Zustände, wurde man von oben gedrückt, so drückte
man wieder nach unten, die erste Regel war, sich bei seineu Vorgesetzten be¬
liebt zu machen, sich ihren Launen anzubequemen, das Volk galt als bloßes
steuerndes Subject, als wiserg, ecmtriduenL Mds. Indeß hier zeichnete sich
das nördliche Deutschland entschieden vor dem südlichen aus, und es war vor
allem Friedrichs 2. Ruhm, einen Beamtenstand geschaffen zu haben, der sich
durch Unbestechlichkeit. Einsicht und rasche Action auszeichnete, freilich auch
neben der Ehrenhaftigkeit Steifheit und Beschränktheit zeigte, wie denn der
beste Beamtenstaat stets nur ein Mechanismus bleiben wird. Dabei ging ihm
alle jene Selbstständigkeit ab, welche in älterer Zeit den Beamten eigen war
und welche sie in unserer Zeit wieder erstreben, Friedrich litt keinen Wider¬
spruch und wenn er seinen Dienern gestattete, Theilnehmer eines auf durch¬
dachten Ideen beruhenden Regierungssystems zu sein, so mußte doch seine
Einsicht alles leiten.
Wenn die Verwaltung des vorigen Jahrhunderts insofern einfacher war
als die unsrige, als die Verhältnisse des politischen und socialen Lebens ein¬
facher waren, und der vor Willkür allerdings schirmende büreaukratische In-
stanzenzug noch nicht eingeführt war. so ging das Bcvormundnngssustem doch
viel weiter als jetzt. Man kennt jene Verordnungen über das Innere der
Haushaltungen, welche, wie Forster sagt, jedem Unterthan in den Topf gucken
wollen. „Unsere fürstliche Hofkammer ist die natürliche Vormünderin Unserer
Unterthanen" heißt es in einer badischen Kammcrordnung; sodann vermehrten
namentlich in größern Territorien, welche allmälig aus verschiedenen Bestand¬
theilen zusammengewachsen waren, die getrennt gebliebenen Verwaltungen
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