Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Begriff des Zweckmäßiger tritt. Nicht Evolution, heißt es jetzt, sondern Re¬ Begriff des Zweckmäßiger tritt. Nicht Evolution, heißt es jetzt, sondern Re¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186844"/> <p xml:id="ID_974" prev="#ID_973" next="#ID_975"> Begriff des Zweckmäßiger tritt. Nicht Evolution, heißt es jetzt, sondern Re¬<lb/> volution d. h. Neugestaltung ohne alle Rücksicht auf das zu Recht Bestehende,<lb/> Man höre. „Man darf sagen, daß wenn unsere alle Verfassung nicht Keime<lb/> des Untergangs in sich getragen hätte, das Reich nicht so erbärmlich kraftlos<lb/> und sie selbst nicht unhaltbar geworden wäre. Auch sonst hat unsere deutsche<lb/> Vielherrschaft dem innern Flor und Fortgang vieles Guten beträchtlich ge¬<lb/> schadet. Sollen wir die »ich! ausdrücklich proscrivirten Reste dieser fatalen<lb/> Verhältnisse sorgfältig zusammenlesen, um, sofern thunlich, das Unwesen doch<lb/> beizubehalten? Wollen wir nicht lieber eine ganz freie Ansicht von den Dingen<lb/> nehmen, wie sie sind, und anstatt zu fragen, wie dies und das Fragment<lb/> aus dein lucxUv u>evo zu conformircn, betrachten, ob es an sich etwas bringt?<lb/> Sehet ja wohl zu. daß der alte Lappen im neuen Kleide nickt einen größern<lb/> Riß mache. Alles beruht auf der Zweckmäßigkeit, auf der innern Güte . . .<lb/> Wir wollen nicht wissen, was Friedrich, der Große dem Herzog von Oels da¬<lb/> mals gut zu heißen schicklich fand, sondern was die Localverhältnisse in dem<lb/> vorgetragenen Fall jetzt räthlich machen. Wo nicht, und entlehnen wir unsere<lb/> Auslegung von fremden Zwecken und Staaten, so bleibt unser Wesen ein<lb/> Flickwerk. Alle solche Notizen haben Werth, aber historischen; so wie einer<lb/> einen Zug aus A'enophon oder Plutarch benutzen kann! leiten mag auch das<lb/> Aeltere, gesetzlicher Ausleger däucht es uns nicht sein zu solle». Uebrigens<lb/> leuchtet in den Verhandlungen des Bundes ein billiger und humaner Geist<lb/> hervor, welcher hoffen läßt, daß allenfalls auf vernünftige Vorstellungen sich<lb/> alles von selbst geben wird." — Noch weiter geht er im folgenden Heft,<lb/> (10. April 1807) wo er von den „aufgeklärten Fürsten der germanischen Eon-<lb/> fvdcrativn (!)" spricht: „Die Souveränetät, welche eigentlich nichts Anderes<lb/> war, als die Lösung der sie an das römisch-deutsche Kaiserthum fesselnden<lb/> Bande, ist ihren erhabenen Gemüthern nicht eine Auflösung aller göttlichen<lb/> und menschlichen Rechte . . . Unsere Fürsten (das werden wir sehen, wenn<lb/> Bundestage einst regelmäßig sind) werden Institute, auf welchen Sicherheit<lb/> und Credit beruht, jeder in seinein Lande, durch Gewährleistung des Bundes¬<lb/> tages heiligen. Dessen standhafte Festhaltung darauf, wie seine Kraft gegen<lb/> Ruhestörer (indem diese den, Thron und jene dem Unterthan unzerstörbare<lb/> Sicherheit gibt) wird in den Kreisen des deutschen Bundes die seltene Ver¬<lb/> einigung der Freudigkeit lind des Gehorsams herrschend machen. Diese Aus¬<lb/> sichten (gar nicht schwärmerisch; gesunder Verstand muß sie empfehle») haben<lb/> viel Erhebendes." „Inwiefern dieser Blind, die neue Hoffnung Deutschlands,<lb/> in Lösung der schweren Aufgabe einer Vereinigung souveräner Gewalt mit<lb/> selbstgegcbcuen. »öthige». festen Gesetzen, glücklich sein wird, läßt sich erst<lb/> hoffen; er ist noch in der Geburt: wenn er aber eine Einheit bewirkt, wie sie<lb/> von' einem solchen Primas und einem Bundestag aufgeklärter und wohlwollen-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Begriff des Zweckmäßiger tritt. Nicht Evolution, heißt es jetzt, sondern Re¬
volution d. h. Neugestaltung ohne alle Rücksicht auf das zu Recht Bestehende,
Man höre. „Man darf sagen, daß wenn unsere alle Verfassung nicht Keime
des Untergangs in sich getragen hätte, das Reich nicht so erbärmlich kraftlos
und sie selbst nicht unhaltbar geworden wäre. Auch sonst hat unsere deutsche
Vielherrschaft dem innern Flor und Fortgang vieles Guten beträchtlich ge¬
schadet. Sollen wir die »ich! ausdrücklich proscrivirten Reste dieser fatalen
Verhältnisse sorgfältig zusammenlesen, um, sofern thunlich, das Unwesen doch
beizubehalten? Wollen wir nicht lieber eine ganz freie Ansicht von den Dingen
nehmen, wie sie sind, und anstatt zu fragen, wie dies und das Fragment
aus dein lucxUv u>evo zu conformircn, betrachten, ob es an sich etwas bringt?
Sehet ja wohl zu. daß der alte Lappen im neuen Kleide nickt einen größern
Riß mache. Alles beruht auf der Zweckmäßigkeit, auf der innern Güte . . .
Wir wollen nicht wissen, was Friedrich, der Große dem Herzog von Oels da¬
mals gut zu heißen schicklich fand, sondern was die Localverhältnisse in dem
vorgetragenen Fall jetzt räthlich machen. Wo nicht, und entlehnen wir unsere
Auslegung von fremden Zwecken und Staaten, so bleibt unser Wesen ein
Flickwerk. Alle solche Notizen haben Werth, aber historischen; so wie einer
einen Zug aus A'enophon oder Plutarch benutzen kann! leiten mag auch das
Aeltere, gesetzlicher Ausleger däucht es uns nicht sein zu solle». Uebrigens
leuchtet in den Verhandlungen des Bundes ein billiger und humaner Geist
hervor, welcher hoffen läßt, daß allenfalls auf vernünftige Vorstellungen sich
alles von selbst geben wird." — Noch weiter geht er im folgenden Heft,
(10. April 1807) wo er von den „aufgeklärten Fürsten der germanischen Eon-
fvdcrativn (!)" spricht: „Die Souveränetät, welche eigentlich nichts Anderes
war, als die Lösung der sie an das römisch-deutsche Kaiserthum fesselnden
Bande, ist ihren erhabenen Gemüthern nicht eine Auflösung aller göttlichen
und menschlichen Rechte . . . Unsere Fürsten (das werden wir sehen, wenn
Bundestage einst regelmäßig sind) werden Institute, auf welchen Sicherheit
und Credit beruht, jeder in seinein Lande, durch Gewährleistung des Bundes¬
tages heiligen. Dessen standhafte Festhaltung darauf, wie seine Kraft gegen
Ruhestörer (indem diese den, Thron und jene dem Unterthan unzerstörbare
Sicherheit gibt) wird in den Kreisen des deutschen Bundes die seltene Ver¬
einigung der Freudigkeit lind des Gehorsams herrschend machen. Diese Aus¬
sichten (gar nicht schwärmerisch; gesunder Verstand muß sie empfehle») haben
viel Erhebendes." „Inwiefern dieser Blind, die neue Hoffnung Deutschlands,
in Lösung der schweren Aufgabe einer Vereinigung souveräner Gewalt mit
selbstgegcbcuen. »öthige». festen Gesetzen, glücklich sein wird, läßt sich erst
hoffen; er ist noch in der Geburt: wenn er aber eine Einheit bewirkt, wie sie
von' einem solchen Primas und einem Bundestag aufgeklärter und wohlwollen-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |