Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.rionetten hat man Bonapartes Bild heruntergeschmissen" u. s. w. -- Dann rionetten hat man Bonapartes Bild heruntergeschmissen" u. s. w. — Dann <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186766"/> <p xml:id="ID_804" prev="#ID_803" next="#ID_805"> rionetten hat man Bonapartes Bild heruntergeschmissen" u. s. w. — Dann<lb/> folgen die Nachrichten über die östreichischen Niederlagen, von Gentz mit dem<lb/> lernst und der Aufregung, die der Sache gebührt, berichtet; Müller antwortet<lb/> !>, Nov. ungefähr in der Art einer Schulrhetorik über ein gegebenes Thema:<lb/> „Wie sympathisirt meine Seele mit deiner Verzweiflung . . . der Kaiser soll<lb/> einen Edelmuth aufrufenden Brief an den Sultan schreiben; die Muselmänner<lb/> sind leicht zu entflammen . , Mit Rechtsum! Linksum! ist zu Marathon nicht<lb/> gesiegt worden, und ich wollte nützlicher als zehn der gefangenen Generale<lb/> gewesen sein, wenn ich die Vorstellung des Schweizerheers in Umlauf gebracht,<lb/> weiches bei Se. Jakob ganz ohne Ausnahme den Heldentod nahm, nachdem<lb/> es achtmal so viel Feinde geschlachtet. (Lies das erste Cap. meines 4. Theils)."<lb/> (17. Nov.) „Du selbst v Freund! erwache von dem Bedauern des Geschehenen<lb/> zum Aufruf zu Befreiung und Herstellung der Welt; und alle Kraft habe nur<lb/> einen Gegenstand, den Ruin des Verderbers, ohne den die Menschheit nie<lb/> ruhuz sein wird." — Gentz, mit einem tiefern Gefühl für Preußens Bestim-<lb/> mung, als Müller, schreibt 8. Nov.: „Der König von Preußen ist jetzt im<lb/> eigentlichsten Verstände der Schiedsrichter über Leben und Tod von Europa.<lb/> Wenn er auch nur wankt, so geht alles zu Grunde, und diesmal gewiß, ohne<lb/> je wieder auszustehen. Wenn er groß und weise handelt, so kann noch —<lb/> vieles gerettet werden. Ich bin uicht einer von denen, die jetzt keine andere<lb/> Politik kennen als das Geschrei: „Kömmt denn Preußen nicht bald?" Ich<lb/> finde, daß wir alle sammt und sonders bei dem, was die preußischen Armeen<lb/> jetzt unternehmen sollen, in eurem solchen Grade interessirt sind, daß unser<lb/> höchster und einziger Wunsch sein muß, es möge dort nur alles mit Ruhe,<lb/> mit Ueberlegung, mit Zeit und Klugheit geschehen. Das alles ist unser Inter¬<lb/> esse; denn der Erfolg einer preußischen Unternehmung ist jetzt gradezu der auf<lb/> immer entscheidende Punkt in dem gemeinschaftlichen Schicksal von Europa.<lb/> Eine preußische Armee geschlagen! Dies ist ein Gedanke, wogegen mir der,<lb/> daß morgen die Franzosen in Wien einziehen, noch süß und lieblich vorkömmt."<lb/> — Wegen dieser Bedenklichkeiten muß er sich sogar von Müller Vorwürfe<lb/> gefallen lassen! Nun kam der furchtbare Tag bei Austerlitz. Jedes der Worte,<lb/> in denen Gentz seinen Schmerz und seine Wuth ausdrückt, fühlt man in voll¬<lb/> ster Seele mit, und doch verblendet die Leidenschaft keinen Augenblick seine<lb/> Vernunft. „Der Krieg wird von nun an ein bloßer Ritterkrieg; der Kaiser<lb/> von Nußland wünscht ihn offenbar nur, um seine Ehre zu behaupten. So<lb/> schön das auch sein mag, so fürchte ich doch, es wird dem König von Preu¬<lb/> ßen nicht genügen; er wird (und ich deute er muß und soll) dem Kaiser ins<lb/> Gewissen reden, um ihn vou einer Unternehmung zurückzuhalten, bei der nichts<lb/> mehr zu gewinnen, wol aber noch das Letzte zu verspielen ist." Er muß<lb/> noch etwas Anderes beobachten. Sein Verkehr mit der vornehmen russischen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354]
rionetten hat man Bonapartes Bild heruntergeschmissen" u. s. w. — Dann
folgen die Nachrichten über die östreichischen Niederlagen, von Gentz mit dem
lernst und der Aufregung, die der Sache gebührt, berichtet; Müller antwortet
!>, Nov. ungefähr in der Art einer Schulrhetorik über ein gegebenes Thema:
„Wie sympathisirt meine Seele mit deiner Verzweiflung . . . der Kaiser soll
einen Edelmuth aufrufenden Brief an den Sultan schreiben; die Muselmänner
sind leicht zu entflammen . , Mit Rechtsum! Linksum! ist zu Marathon nicht
gesiegt worden, und ich wollte nützlicher als zehn der gefangenen Generale
gewesen sein, wenn ich die Vorstellung des Schweizerheers in Umlauf gebracht,
weiches bei Se. Jakob ganz ohne Ausnahme den Heldentod nahm, nachdem
es achtmal so viel Feinde geschlachtet. (Lies das erste Cap. meines 4. Theils)."
(17. Nov.) „Du selbst v Freund! erwache von dem Bedauern des Geschehenen
zum Aufruf zu Befreiung und Herstellung der Welt; und alle Kraft habe nur
einen Gegenstand, den Ruin des Verderbers, ohne den die Menschheit nie
ruhuz sein wird." — Gentz, mit einem tiefern Gefühl für Preußens Bestim-
mung, als Müller, schreibt 8. Nov.: „Der König von Preußen ist jetzt im
eigentlichsten Verstände der Schiedsrichter über Leben und Tod von Europa.
Wenn er auch nur wankt, so geht alles zu Grunde, und diesmal gewiß, ohne
je wieder auszustehen. Wenn er groß und weise handelt, so kann noch —
vieles gerettet werden. Ich bin uicht einer von denen, die jetzt keine andere
Politik kennen als das Geschrei: „Kömmt denn Preußen nicht bald?" Ich
finde, daß wir alle sammt und sonders bei dem, was die preußischen Armeen
jetzt unternehmen sollen, in eurem solchen Grade interessirt sind, daß unser
höchster und einziger Wunsch sein muß, es möge dort nur alles mit Ruhe,
mit Ueberlegung, mit Zeit und Klugheit geschehen. Das alles ist unser Inter¬
esse; denn der Erfolg einer preußischen Unternehmung ist jetzt gradezu der auf
immer entscheidende Punkt in dem gemeinschaftlichen Schicksal von Europa.
Eine preußische Armee geschlagen! Dies ist ein Gedanke, wogegen mir der,
daß morgen die Franzosen in Wien einziehen, noch süß und lieblich vorkömmt."
— Wegen dieser Bedenklichkeiten muß er sich sogar von Müller Vorwürfe
gefallen lassen! Nun kam der furchtbare Tag bei Austerlitz. Jedes der Worte,
in denen Gentz seinen Schmerz und seine Wuth ausdrückt, fühlt man in voll¬
ster Seele mit, und doch verblendet die Leidenschaft keinen Augenblick seine
Vernunft. „Der Krieg wird von nun an ein bloßer Ritterkrieg; der Kaiser
von Nußland wünscht ihn offenbar nur, um seine Ehre zu behaupten. So
schön das auch sein mag, so fürchte ich doch, es wird dem König von Preu¬
ßen nicht genügen; er wird (und ich deute er muß und soll) dem Kaiser ins
Gewissen reden, um ihn vou einer Unternehmung zurückzuhalten, bei der nichts
mehr zu gewinnen, wol aber noch das Letzte zu verspielen ist." Er muß
noch etwas Anderes beobachten. Sein Verkehr mit der vornehmen russischen
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