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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Diese beiden Auskunftsmittel den Communen die Ausgaben zu sparen sind
so äußerst häusig angewandt worden, daß man gar nicht zweifeln kann, der
hochlöbliche Gemeinderall) und die sehr achtbare Bürgerschaft haben sich öfter
unter der Hand erkundigt, ob ihr Mitbürger N. N. auch wirklich die ihm zu
votirende Statue ablehnen, eventuell die Kosten selbst tragen werde, und erst
im Bejahungsfalle den Beschluß gefaßt, ihm die Ehre anzubieten. In Sutri
ereignete es sich einst, daß der Gefeierte die Beiträge zu einer Statue für sich
wirklich selbst einsammeln ließ, und erst als er sich solchergestalt von dem
guten Willen seiner Mitbürger überzeugt hatte, das Geld zurückgab und sich
die Statue selbst setzte. Doch gewöhnlich ließ man es nicht so weit kommen,
und am Schluß der Decrete zur Errichtung eines Monuments heißt es äußerst
häusig- "Mit der Ehre zufrieden, hat er die Kohle" .erlassen." In einem
toskanischen Ort, dem jetzigen Fossombrone, hatte ein verdienter Mann schon
einmal die ihm angebotene Statue abgelehnt. Nun faßte man den Beschluß
zum zweiten Mal ohne sein Wissen und setzte ihn nicht eher davon in Kennt¬
niß, als bis die Statue fertig war. Die Adresse, die der Gemeinderath nach
ihrer Vollendung an ihn richtete, ist auf einer Nebcnseite des Postaments in
ihrer ganzen Länge eingehauen, und es heißt darin wörtlich wie folgt: "Schon
längst haben wir beschlossen, dir eine Statue zu Fuß aus unsere Kosten zu
setzen, aber den Beschluß deshalb nicht an dich gelangen lassen, damit du
nicht auch diesmal, wie du früher gethan, als dir eine Statue öffentlich zu¬
erkannt wurde, antworten solltest, du seiest schon mit der Ehre zufrieden. Eine
solche Handlungsweise würde zwar deine Bescheidenheit in Helles Licht setze",
uns aber gleichsam unsre Säumigkeit vorwerfen. Daher wird die poeme
Statue, damit du sie nicht ablehnen kannst, schon fertig zu dir gebracht. Wir
ersuchen dich schließlich, unserm guten Willen Rechnung zu tragen und uns
bekannt zu machen, welche Inschrift du anbringen zu lassen gedenkst, und
wünschen dir wohl zu leben."

Auf der Hauptseite des Postaments steht nun der Name des Gefeierte"
mit sämmtlichen Titeln und Würden, und zwar wurden in solchen Fällen nicht
nur die Aemter, die jemand grade bekleidete, sondern auch alle, die er jemals
bekleidet hatte, genau in der Reihenfolge der amtlichen Laufbahn geordnet,
hintereinander aufgeführt, daher diese Titel in der Regel mehre Zeilen füllen,
Aus dieser Inschrift erfahren wir, daß der edle Mann den Gemeinderath für
die gehabten Kosten glänzend entschädigte, indem er bei der feierlichen Aus¬
stellung seiner Statue jedem Mitglieds desselben ein Geschenk von siebzig
Sesterzen (etwa s Thaler) machte. Wenn nun. wie es in der Regel der Fall
war. der Gemeinderath aus hundert Mitgliedern bestand, waren die für die
Statue erforderlichen Beiträge vermuthlich mehr als gedeckt.

Man darf nicht glauben, daß die Decurionen (d. i. die Gemeinderäthe)


Diese beiden Auskunftsmittel den Communen die Ausgaben zu sparen sind
so äußerst häusig angewandt worden, daß man gar nicht zweifeln kann, der
hochlöbliche Gemeinderall) und die sehr achtbare Bürgerschaft haben sich öfter
unter der Hand erkundigt, ob ihr Mitbürger N. N. auch wirklich die ihm zu
votirende Statue ablehnen, eventuell die Kosten selbst tragen werde, und erst
im Bejahungsfalle den Beschluß gefaßt, ihm die Ehre anzubieten. In Sutri
ereignete es sich einst, daß der Gefeierte die Beiträge zu einer Statue für sich
wirklich selbst einsammeln ließ, und erst als er sich solchergestalt von dem
guten Willen seiner Mitbürger überzeugt hatte, das Geld zurückgab und sich
die Statue selbst setzte. Doch gewöhnlich ließ man es nicht so weit kommen,
und am Schluß der Decrete zur Errichtung eines Monuments heißt es äußerst
häusig- „Mit der Ehre zufrieden, hat er die Kohle» .erlassen." In einem
toskanischen Ort, dem jetzigen Fossombrone, hatte ein verdienter Mann schon
einmal die ihm angebotene Statue abgelehnt. Nun faßte man den Beschluß
zum zweiten Mal ohne sein Wissen und setzte ihn nicht eher davon in Kennt¬
niß, als bis die Statue fertig war. Die Adresse, die der Gemeinderath nach
ihrer Vollendung an ihn richtete, ist auf einer Nebcnseite des Postaments in
ihrer ganzen Länge eingehauen, und es heißt darin wörtlich wie folgt: „Schon
längst haben wir beschlossen, dir eine Statue zu Fuß aus unsere Kosten zu
setzen, aber den Beschluß deshalb nicht an dich gelangen lassen, damit du
nicht auch diesmal, wie du früher gethan, als dir eine Statue öffentlich zu¬
erkannt wurde, antworten solltest, du seiest schon mit der Ehre zufrieden. Eine
solche Handlungsweise würde zwar deine Bescheidenheit in Helles Licht setze»,
uns aber gleichsam unsre Säumigkeit vorwerfen. Daher wird die poeme
Statue, damit du sie nicht ablehnen kannst, schon fertig zu dir gebracht. Wir
ersuchen dich schließlich, unserm guten Willen Rechnung zu tragen und uns
bekannt zu machen, welche Inschrift du anbringen zu lassen gedenkst, und
wünschen dir wohl zu leben."

Auf der Hauptseite des Postaments steht nun der Name des Gefeierte»
mit sämmtlichen Titeln und Würden, und zwar wurden in solchen Fällen nicht
nur die Aemter, die jemand grade bekleidete, sondern auch alle, die er jemals
bekleidet hatte, genau in der Reihenfolge der amtlichen Laufbahn geordnet,
hintereinander aufgeführt, daher diese Titel in der Regel mehre Zeilen füllen,
Aus dieser Inschrift erfahren wir, daß der edle Mann den Gemeinderath für
die gehabten Kosten glänzend entschädigte, indem er bei der feierlichen Aus¬
stellung seiner Statue jedem Mitglieds desselben ein Geschenk von siebzig
Sesterzen (etwa s Thaler) machte. Wenn nun. wie es in der Regel der Fall
war. der Gemeinderath aus hundert Mitgliedern bestand, waren die für die
Statue erforderlichen Beiträge vermuthlich mehr als gedeckt.

Man darf nicht glauben, daß die Decurionen (d. i. die Gemeinderäthe)


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[0335] Diese beiden Auskunftsmittel den Communen die Ausgaben zu sparen sind so äußerst häusig angewandt worden, daß man gar nicht zweifeln kann, der hochlöbliche Gemeinderall) und die sehr achtbare Bürgerschaft haben sich öfter unter der Hand erkundigt, ob ihr Mitbürger N. N. auch wirklich die ihm zu votirende Statue ablehnen, eventuell die Kosten selbst tragen werde, und erst im Bejahungsfalle den Beschluß gefaßt, ihm die Ehre anzubieten. In Sutri ereignete es sich einst, daß der Gefeierte die Beiträge zu einer Statue für sich wirklich selbst einsammeln ließ, und erst als er sich solchergestalt von dem guten Willen seiner Mitbürger überzeugt hatte, das Geld zurückgab und sich die Statue selbst setzte. Doch gewöhnlich ließ man es nicht so weit kommen, und am Schluß der Decrete zur Errichtung eines Monuments heißt es äußerst häusig- „Mit der Ehre zufrieden, hat er die Kohle» .erlassen." In einem toskanischen Ort, dem jetzigen Fossombrone, hatte ein verdienter Mann schon einmal die ihm angebotene Statue abgelehnt. Nun faßte man den Beschluß zum zweiten Mal ohne sein Wissen und setzte ihn nicht eher davon in Kennt¬ niß, als bis die Statue fertig war. Die Adresse, die der Gemeinderath nach ihrer Vollendung an ihn richtete, ist auf einer Nebcnseite des Postaments in ihrer ganzen Länge eingehauen, und es heißt darin wörtlich wie folgt: „Schon längst haben wir beschlossen, dir eine Statue zu Fuß aus unsere Kosten zu setzen, aber den Beschluß deshalb nicht an dich gelangen lassen, damit du nicht auch diesmal, wie du früher gethan, als dir eine Statue öffentlich zu¬ erkannt wurde, antworten solltest, du seiest schon mit der Ehre zufrieden. Eine solche Handlungsweise würde zwar deine Bescheidenheit in Helles Licht setze», uns aber gleichsam unsre Säumigkeit vorwerfen. Daher wird die poeme Statue, damit du sie nicht ablehnen kannst, schon fertig zu dir gebracht. Wir ersuchen dich schließlich, unserm guten Willen Rechnung zu tragen und uns bekannt zu machen, welche Inschrift du anbringen zu lassen gedenkst, und wünschen dir wohl zu leben." Auf der Hauptseite des Postaments steht nun der Name des Gefeierte» mit sämmtlichen Titeln und Würden, und zwar wurden in solchen Fällen nicht nur die Aemter, die jemand grade bekleidete, sondern auch alle, die er jemals bekleidet hatte, genau in der Reihenfolge der amtlichen Laufbahn geordnet, hintereinander aufgeführt, daher diese Titel in der Regel mehre Zeilen füllen, Aus dieser Inschrift erfahren wir, daß der edle Mann den Gemeinderath für die gehabten Kosten glänzend entschädigte, indem er bei der feierlichen Aus¬ stellung seiner Statue jedem Mitglieds desselben ein Geschenk von siebzig Sesterzen (etwa s Thaler) machte. Wenn nun. wie es in der Regel der Fall war. der Gemeinderath aus hundert Mitgliedern bestand, waren die für die Statue erforderlichen Beiträge vermuthlich mehr als gedeckt. Man darf nicht glauben, daß die Decurionen (d. i. die Gemeinderäthe)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/335>, abgerufen am 22.12.2024.