Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Bahn zurückgeführt. Ein wohlhabender Privatmann vermacht ohne weitere Bahn zurückgeführt. Ein wohlhabender Privatmann vermacht ohne weitere <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186739"/> <p xml:id="ID_745" prev="#ID_744" next="#ID_746"> Bahn zurückgeführt. Ein wohlhabender Privatmann vermacht ohne weitere<lb/> nähere Bestimmung ein Legat der leipziger Schillerstiftnng. Rum gibt es einen<lb/> leipziger Schillcrvcrci» und eine dresdner Schillerstiftung. Beide machen An¬<lb/> spruch ans die Summe. Wenn zwischen den beiden Parteien keine gütlichste Einigung<lb/> stattfindet so gibt es nur einen Ausweg die Sache zu entscheiden, das gerichtliche<lb/> Urtheil. Es sei uns, die wir keiner von beiden Gesellschaften angehören, erlaubt,<lb/> ohne auf die eigentliche Materie einzugehn, einige unparteiische Bemerkungen über<lb/> die Form des Streits hinzuzufügen. Der Tadel gegen den Borstand des leipziger<lb/> Schillcrvcreins, daß er acht sofort seine vermeintlichen Rechtsansprüche ausgegeben<lb/> habe, ist durchaus unbegründet. Der Vorstand des leipziger Schilicrvercins war<lb/> nicht blos berechtigt, sondern verpflichtet, den Rechtswcg zu verfolgen, da es sich<lb/> nicht um seine eignen Interessen handelte, sonder» um die Interessen der Gesellschaft<lb/> deren Vertretung er übernommen hatte. Beide Gesellschaften verfolgen einen nac'»<lb/> ihrer Ueberzeugung für das Vaterland wohlthätigen Zweck und es ist dabei ganz<lb/> gleichgiltig, ob dieser Zweck andern ebenso viel gilt. Die dresdner Schillerstiftnng<lb/> will, wen» wir recht berichtet sind, die unverschuldete Noth deutscher Dichter und<lb/> Schriftsteller mildern, der leipziger Schillerverein will das Andenken der hohen Ideen,<lb/> die Schiller verbreitete, im Volk wach erhalten. Beides sind löbliche Zwecke und<lb/> wenn ein Unbeteiligter darüber in Zweifel sein kann, ob der Ankauf von Schiller-<lb/> Häusern grade das beste Mittel zum Zweck ist, so muß man dabei doch die all¬<lb/> gemeine Richtung der Zeit in Anschlag bringen, die aus die Begründung und Er¬<lb/> haltung öffentlicher Monumente ein .großes Gewicht legt. Allein die dresdner<lb/> Schillerstistung geht von einem Gefühl aus, welches man wol begreifen, aber nicht<lb/> rechtfertigen kann, von dein Gefühl nämlich, daß ihre Sache die heiligste Deutschlands<lb/> sei, und daß jeder Deutsche dieselbe Ueberzeugung hege Es ist ihr völlig unbegreiflich,<lb/> wie ein Verehrer Schillers ein Legat zu andern Zwecken aussehen kann als zu den<lb/> ihrigen. — Dies Gefühl beruht aber offenbar ans einem Irrthum. Wir haben bis<lb/> letzt kein Wort gegen das Unternehmen gesagt, weil wir es als einen Erguß des Wvhl-<lb/> thätigkeitssinns, der nach vielen Seilen hin schöne Früchte getragen hat, weil wir es<lb/> als ein Zeichen von dem fortdauernden Antheil an unsrer Literatur ehrten und weil<lb/> wir vor allen Dingen keinen erheblichen Nachtheil davon befürchteten. Mir können<lb/> aber nicht verschweigen, das! der Pomp, mit dem man die Sacht treibt, uns nicht<lb/> gefällt. In den mcfftcn Provinzen Preußens eristiren sogenannte Fried ens-<lb/> gcscllschasten, die jährlich ein sehr erhebliches Capital auf die Unterstützung<lb/> hilfsbedürftiger Studirender und Künstler verwenden. Diese Gesellschaften haben seit<lb/> einem Menschenalter auf das segenreichste gewirkt, sie find aber außerhalb ihrer Pro¬<lb/> vinz fast unbekannt, weil sie es verschmähten, die Journale als Lobposauuc zu<lb/> benutzen. Vergleicht man nun die realen, nach klingender Münze berechneten Hoff¬<lb/> nungen, welche die dresdner Schillerstiflung den Dichtern und Schriftstellern Deutsch¬<lb/> lands verheißt, mit dem, was fern unbekannte» Gesellschaften wirklich geleistet<lb/> haben, so kann »ran sich bei der Ruhmredigkeit der erstern eines stillen Lächelns nicht<lb/> erwehren. Es handelt sich hier zudem nicht um Abhilfe einer bestimmten Noth, nicht<lb/> um die Uebernahme einer Nechtsvcrpflichtung. wie i» der Sache Schleswig-Holsteins,<lb/> sondern um ein unbestimmtes Bedürfniß, das im Jahr 1859 erst aufgefunden und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0327]
Bahn zurückgeführt. Ein wohlhabender Privatmann vermacht ohne weitere
nähere Bestimmung ein Legat der leipziger Schillerstiftnng. Rum gibt es einen
leipziger Schillcrvcrci» und eine dresdner Schillerstiftung. Beide machen An¬
spruch ans die Summe. Wenn zwischen den beiden Parteien keine gütlichste Einigung
stattfindet so gibt es nur einen Ausweg die Sache zu entscheiden, das gerichtliche
Urtheil. Es sei uns, die wir keiner von beiden Gesellschaften angehören, erlaubt,
ohne auf die eigentliche Materie einzugehn, einige unparteiische Bemerkungen über
die Form des Streits hinzuzufügen. Der Tadel gegen den Borstand des leipziger
Schillcrvcreins, daß er acht sofort seine vermeintlichen Rechtsansprüche ausgegeben
habe, ist durchaus unbegründet. Der Vorstand des leipziger Schilicrvercins war
nicht blos berechtigt, sondern verpflichtet, den Rechtswcg zu verfolgen, da es sich
nicht um seine eignen Interessen handelte, sonder» um die Interessen der Gesellschaft
deren Vertretung er übernommen hatte. Beide Gesellschaften verfolgen einen nac'»
ihrer Ueberzeugung für das Vaterland wohlthätigen Zweck und es ist dabei ganz
gleichgiltig, ob dieser Zweck andern ebenso viel gilt. Die dresdner Schillerstiftnng
will, wen» wir recht berichtet sind, die unverschuldete Noth deutscher Dichter und
Schriftsteller mildern, der leipziger Schillerverein will das Andenken der hohen Ideen,
die Schiller verbreitete, im Volk wach erhalten. Beides sind löbliche Zwecke und
wenn ein Unbeteiligter darüber in Zweifel sein kann, ob der Ankauf von Schiller-
Häusern grade das beste Mittel zum Zweck ist, so muß man dabei doch die all¬
gemeine Richtung der Zeit in Anschlag bringen, die aus die Begründung und Er¬
haltung öffentlicher Monumente ein .großes Gewicht legt. Allein die dresdner
Schillerstistung geht von einem Gefühl aus, welches man wol begreifen, aber nicht
rechtfertigen kann, von dein Gefühl nämlich, daß ihre Sache die heiligste Deutschlands
sei, und daß jeder Deutsche dieselbe Ueberzeugung hege Es ist ihr völlig unbegreiflich,
wie ein Verehrer Schillers ein Legat zu andern Zwecken aussehen kann als zu den
ihrigen. — Dies Gefühl beruht aber offenbar ans einem Irrthum. Wir haben bis
letzt kein Wort gegen das Unternehmen gesagt, weil wir es als einen Erguß des Wvhl-
thätigkeitssinns, der nach vielen Seilen hin schöne Früchte getragen hat, weil wir es
als ein Zeichen von dem fortdauernden Antheil an unsrer Literatur ehrten und weil
wir vor allen Dingen keinen erheblichen Nachtheil davon befürchteten. Mir können
aber nicht verschweigen, das! der Pomp, mit dem man die Sacht treibt, uns nicht
gefällt. In den mcfftcn Provinzen Preußens eristiren sogenannte Fried ens-
gcscllschasten, die jährlich ein sehr erhebliches Capital auf die Unterstützung
hilfsbedürftiger Studirender und Künstler verwenden. Diese Gesellschaften haben seit
einem Menschenalter auf das segenreichste gewirkt, sie find aber außerhalb ihrer Pro¬
vinz fast unbekannt, weil sie es verschmähten, die Journale als Lobposauuc zu
benutzen. Vergleicht man nun die realen, nach klingender Münze berechneten Hoff¬
nungen, welche die dresdner Schillerstiflung den Dichtern und Schriftstellern Deutsch¬
lands verheißt, mit dem, was fern unbekannte» Gesellschaften wirklich geleistet
haben, so kann »ran sich bei der Ruhmredigkeit der erstern eines stillen Lächelns nicht
erwehren. Es handelt sich hier zudem nicht um Abhilfe einer bestimmten Noth, nicht
um die Uebernahme einer Nechtsvcrpflichtung. wie i» der Sache Schleswig-Holsteins,
sondern um ein unbestimmtes Bedürfniß, das im Jahr 1859 erst aufgefunden und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |