Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Meinungen, Gefühle sich verschworen zu haben, entweder einem gewaltigen Grenzboten II. 1L58. 3ö
Meinungen, Gefühle sich verschworen zu haben, entweder einem gewaltigen Grenzboten II. 1L58. 3ö
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Meinungen, Gefühle sich verschworen zu haben, entweder einem gewaltigen
Feind Unaufhaltbarkeit, oder seiner nur illusorischen Größe präpotente Realität
zu geben: es stürmen Winde und Wogen, durch deren Stoß alle Grundvesten
erbeben. Das neue Evangelium der Freiheit und Gleichheit mit der noch
immer sehr zweideutigen Aussicht auf bevorstehen sollendes großes Glück kann
seine wärmsten Verehrer nicht mehr begeistern, als man in den Religions¬
kriegen des 17. Jahrhunderts für Glaubensformen, für Gott und ewige Zu¬
kunft war. Auch diese Ähnlichkeit hatten jene mit unserm Krieg, daß an
jedem Hos und auf jedem Dorf die nichtherrschende Partei heimlich eifrige
Anhänger hatte. Aber „beiden Parteien blieb die heilige Schrift alten und
neuen Testaments, die Verehrung der Majestät, hergebrachte Organisation der
Verwaltung, das Eigenthum der Edlen, der Bürger und Landleute, die Moralität
gesitteter Völker: dahingegen kein Stein, keine Fuge in dein ganzen Gebäude unsrer
Verfassungen und Sitten, keine Andacht, keine Verehrung und Liebe, im Himmel,
auf dem Fürstenstuhl und in der Hütte des armen Mannes ist, so jetzt nicht
in Gefahr wäre, gebrochen, zerrissen, entweiht zu werden." „Ich will nicht
sagen, daß der Gott unsrer Altvorden, durch den wir sind, vor dem sie an¬
gebetet, vor dem in dieser Stunde zahllose Scharen gemißhandelte, beraubte,
vertriebene, geschreckte Menschen in Thränen der Angst Rettung und Herstellung
der Ordnung erflehen; und ich will nicht sagen, daß der, auf den wir getauft
sind, auf dessen Blut wir Vergebung hoffen, den selbst Arabiens Prophet als
künftigen Richter der Erde verehrt, eben die zu Feinden hat, welche unser
Staat: denn der im Himmel wohnet lacht ihrer, und der Höchste hat seinen
Hohn mit ihnen; ein Wort mag er reden zu seiner Zeit, so sind sie dahin,
und winken, so sind sie verschwunden." Das Elend Oestreichs liegt nur darin,
daß es jedem freisteht, auf die Negierung zu lästern. „Der Verrätherei
werden wenige Vollziehungssälle eines einigen Gesetzes vorbeugen: daß, wer
angegeben wird, von Friede gesprochen zu haben, ehe der Feind in seiner
alten Grenze ist, oder eine Maßregel zu tadeln, ohne der Behörde eine bessere
um Handen zu geben, oder irgend Freund unsers Feindes zu sein, von Ge¬
schworenen öffentlich summarisch gerichtet, und wenn er überwiesen wird (sei
er, wer er will), als Feind des Vaterlandes dem Volke Preis gegeben werde."
„Wo gewöhnliche Mittel nichts helfen, ist nichts verloren, so lang außerordent¬
liche möglich sind." „Das ist die Gleichheit, wenn alle streiten; das ist die
Freiheit, wenn man nichts fürchtet; der siegt, der ernstlich will. Oestreichs,
meine Mitbürger! ihr wollet Friede» mit Ehren? Seid Männer; iia.!" —
Eure weitere Denkschrift: Mantua 17W. die nebenbei, wie auch die folgen¬
den, von Bonaparte ziemlich geringschätzig spricht, macht hauptsächlich auf
Folgendes aufmerksam: „Das ist das Geheimniß des Sieges: die Ueberzeugung
von der Nothwendigkeit, alles zu vergessen, um jetzt nur Eines zu wollen,
Grenzboten II. 1L58. 3ö
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