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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Rußland, ehemals hinter Polen liegend, ist jetzt, Ostpreußen umgehend,
Preußen von Oestreich trennend, mit mobiler und immobiler Kriegsmacht
bis auf "0 Meilen von Berlin vorgerückt. Von Warschau aus bedroht es
alle Richtungen. Es kann durch Ostpreußen bis zu dessen Seeplätzen dringen,
um diese anzugreifen, bevor dort noch die Hilfe von England und Schweden,
oft durch den Winter aufgehalten, eintreffen kann. Es kaun aber auch bei
entschiedener Ueberlegenheit (zumal durch Oestreich unterstützt), da jetzt der
gerade Weg über Posen gesperrt ist, sich gleich auf Breslau dirigiren, um
von hier, wo es alle Mittel findet, weiter gegen Berlin vorzudringen.

Dagegen kann Preußen defensiv wirken durch das der Seehilfe ge¬
öffnete Königsberg mit Pillau, Danzig mit Weichselmünde und Marienburg
und offensiv von Thorn (dem letzten großen Drehpunkt der Weichsel), aus,
wenn es zeitig dort eine starke Armee sammelt, große Magazine und ver¬
schanzte Lager auf beiden Seiten der Weichsel bereit hat -- und wenn es
über Breslau nicht umgangen werden kann. Breslau muß also befestigt wer¬
den; und wird dieses durch die dort vorhandenen großen Kräfte und Mittel,
so wie durch die Beschaffenheit der Oberarme gleich sehr begünstigt.") Von
Breslau kann die Festungslinie auf Reiße und Glatz zurückgebogen werden.

Oestreich hat von der Grenze des vorspringenden Böhmens noch etwa
30 Meilen bis Berlin, dabei einen fast sichern Vorsprung bis Dresden und
zur Elbe; immer seine Hauptprovinzen mit gesicherter Verbindung und Er¬
nährung grade hinter sich; und ist in unmittelbarer Berührung mit den zwei
bedeutendsten Staaten von Mitteldeutschland. So wird es auf baldige ent¬
scheidende Schlacht und auf Berlin dringen, und mir warten, wenn noch
weitere Kräfte (Russen und Oestreicher) von Breslau her im Anzüge sind.
Die so wichtige gegenseitige Beziehung von Breslau, Dresden und Berlin
geht daraus klar hervor; ebenso die von Breslau und Krakau, wenn Preußen
und Oestreich gegen Nußland alliirt sind. Frankreich ist zwar vom Rhein
aus uoch an 90 Meilen von Berlin entfernt, aber es kann doch durch
seine grade auf Straßburg und Mannheim zulaufenden Eisenbahnen, bald



mit Hilft der Initiative und Ueberraschung auch den wahrscheinlich grösser" Widerstand im
feindlichen Innern überwinde" "ut entscheiden will, bevor sich andere Staaten einmischen.
Dadurch wird die Kriegführung a"f einfaches Schlagen zmückgesührt. A"es stand Napoleon
schon meistens seitwärts von dem Staat, den er bekriegen wollte.
-) Ein großes Unglück war es für Friedrich in, siebenjährigen Krieg, daß Breslau so
früh verloren wurde. Ward 1813 früh an einem dortigen verschanzte" Lager hinter der
Lohe gearbeitet, so konnte es die rctirirende alliirte Armee aufnehme", und die Verbindung
mit Oestreich erhalten. Der Scitenrüekzug "ach Schweidmlz war el" ""sicheres Mittel dazu,
dem der Waffe"stillsta"d glücklich "achhals Im Lauf des Feldzugs würde" Breslau ""d
Berlin befestigt der Nord- "ut schlesischen Armee als sichere Waffe"- und Nüetzugsplätze sehr
nüklich gewesen sei".

Rußland, ehemals hinter Polen liegend, ist jetzt, Ostpreußen umgehend,
Preußen von Oestreich trennend, mit mobiler und immobiler Kriegsmacht
bis auf «0 Meilen von Berlin vorgerückt. Von Warschau aus bedroht es
alle Richtungen. Es kann durch Ostpreußen bis zu dessen Seeplätzen dringen,
um diese anzugreifen, bevor dort noch die Hilfe von England und Schweden,
oft durch den Winter aufgehalten, eintreffen kann. Es kaun aber auch bei
entschiedener Ueberlegenheit (zumal durch Oestreich unterstützt), da jetzt der
gerade Weg über Posen gesperrt ist, sich gleich auf Breslau dirigiren, um
von hier, wo es alle Mittel findet, weiter gegen Berlin vorzudringen.

Dagegen kann Preußen defensiv wirken durch das der Seehilfe ge¬
öffnete Königsberg mit Pillau, Danzig mit Weichselmünde und Marienburg
und offensiv von Thorn (dem letzten großen Drehpunkt der Weichsel), aus,
wenn es zeitig dort eine starke Armee sammelt, große Magazine und ver¬
schanzte Lager auf beiden Seiten der Weichsel bereit hat — und wenn es
über Breslau nicht umgangen werden kann. Breslau muß also befestigt wer¬
den; und wird dieses durch die dort vorhandenen großen Kräfte und Mittel,
so wie durch die Beschaffenheit der Oberarme gleich sehr begünstigt.") Von
Breslau kann die Festungslinie auf Reiße und Glatz zurückgebogen werden.

Oestreich hat von der Grenze des vorspringenden Böhmens noch etwa
30 Meilen bis Berlin, dabei einen fast sichern Vorsprung bis Dresden und
zur Elbe; immer seine Hauptprovinzen mit gesicherter Verbindung und Er¬
nährung grade hinter sich; und ist in unmittelbarer Berührung mit den zwei
bedeutendsten Staaten von Mitteldeutschland. So wird es auf baldige ent¬
scheidende Schlacht und auf Berlin dringen, und mir warten, wenn noch
weitere Kräfte (Russen und Oestreicher) von Breslau her im Anzüge sind.
Die so wichtige gegenseitige Beziehung von Breslau, Dresden und Berlin
geht daraus klar hervor; ebenso die von Breslau und Krakau, wenn Preußen
und Oestreich gegen Nußland alliirt sind. Frankreich ist zwar vom Rhein
aus uoch an 90 Meilen von Berlin entfernt, aber es kann doch durch
seine grade auf Straßburg und Mannheim zulaufenden Eisenbahnen, bald



mit Hilft der Initiative und Ueberraschung auch den wahrscheinlich grösser» Widerstand im
feindlichen Innern überwinde» »ut entscheiden will, bevor sich andere Staaten einmischen.
Dadurch wird die Kriegführung a»f einfaches Schlagen zmückgesührt. A»es stand Napoleon
schon meistens seitwärts von dem Staat, den er bekriegen wollte.
-) Ein großes Unglück war es für Friedrich in, siebenjährigen Krieg, daß Breslau so
früh verloren wurde. Ward 1813 früh an einem dortigen verschanzte» Lager hinter der
Lohe gearbeitet, so konnte es die rctirirende alliirte Armee aufnehme», und die Verbindung
mit Oestreich erhalten. Der Scitenrüekzug »ach Schweidmlz war el» »»sicheres Mittel dazu,
dem der Waffe»stillsta»d glücklich »achhals Im Lauf des Feldzugs würde» Breslau »»d
Berlin befestigt der Nord- »ut schlesischen Armee als sichere Waffe»- und Nüetzugsplätze sehr
nüklich gewesen sei».
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[0256] Rußland, ehemals hinter Polen liegend, ist jetzt, Ostpreußen umgehend, Preußen von Oestreich trennend, mit mobiler und immobiler Kriegsmacht bis auf «0 Meilen von Berlin vorgerückt. Von Warschau aus bedroht es alle Richtungen. Es kann durch Ostpreußen bis zu dessen Seeplätzen dringen, um diese anzugreifen, bevor dort noch die Hilfe von England und Schweden, oft durch den Winter aufgehalten, eintreffen kann. Es kaun aber auch bei entschiedener Ueberlegenheit (zumal durch Oestreich unterstützt), da jetzt der gerade Weg über Posen gesperrt ist, sich gleich auf Breslau dirigiren, um von hier, wo es alle Mittel findet, weiter gegen Berlin vorzudringen. Dagegen kann Preußen defensiv wirken durch das der Seehilfe ge¬ öffnete Königsberg mit Pillau, Danzig mit Weichselmünde und Marienburg und offensiv von Thorn (dem letzten großen Drehpunkt der Weichsel), aus, wenn es zeitig dort eine starke Armee sammelt, große Magazine und ver¬ schanzte Lager auf beiden Seiten der Weichsel bereit hat — und wenn es über Breslau nicht umgangen werden kann. Breslau muß also befestigt wer¬ den; und wird dieses durch die dort vorhandenen großen Kräfte und Mittel, so wie durch die Beschaffenheit der Oberarme gleich sehr begünstigt.") Von Breslau kann die Festungslinie auf Reiße und Glatz zurückgebogen werden. Oestreich hat von der Grenze des vorspringenden Böhmens noch etwa 30 Meilen bis Berlin, dabei einen fast sichern Vorsprung bis Dresden und zur Elbe; immer seine Hauptprovinzen mit gesicherter Verbindung und Er¬ nährung grade hinter sich; und ist in unmittelbarer Berührung mit den zwei bedeutendsten Staaten von Mitteldeutschland. So wird es auf baldige ent¬ scheidende Schlacht und auf Berlin dringen, und mir warten, wenn noch weitere Kräfte (Russen und Oestreicher) von Breslau her im Anzüge sind. Die so wichtige gegenseitige Beziehung von Breslau, Dresden und Berlin geht daraus klar hervor; ebenso die von Breslau und Krakau, wenn Preußen und Oestreich gegen Nußland alliirt sind. Frankreich ist zwar vom Rhein aus uoch an 90 Meilen von Berlin entfernt, aber es kann doch durch seine grade auf Straßburg und Mannheim zulaufenden Eisenbahnen, bald mit Hilft der Initiative und Ueberraschung auch den wahrscheinlich grösser» Widerstand im feindlichen Innern überwinde» »ut entscheiden will, bevor sich andere Staaten einmischen. Dadurch wird die Kriegführung a»f einfaches Schlagen zmückgesührt. A»es stand Napoleon schon meistens seitwärts von dem Staat, den er bekriegen wollte. -) Ein großes Unglück war es für Friedrich in, siebenjährigen Krieg, daß Breslau so früh verloren wurde. Ward 1813 früh an einem dortigen verschanzte» Lager hinter der Lohe gearbeitet, so konnte es die rctirirende alliirte Armee aufnehme», und die Verbindung mit Oestreich erhalten. Der Scitenrüekzug »ach Schweidmlz war el» »»sicheres Mittel dazu, dem der Waffe»stillsta»d glücklich »achhals Im Lauf des Feldzugs würde» Breslau »»d Berlin befestigt der Nord- »ut schlesischen Armee als sichere Waffe»- und Nüetzugsplätze sehr nüklich gewesen sei».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/256>, abgerufen am 22.12.2024.