schon, daß auch jene Reglements d. h. die Schisfahrtsöacte wirklich mit dem vom Friedensvertrag aufgestellten Grundsätzen stimme. Entweder ist die Acte vom 7. Nov. denselben entsprechend, dann wird der Kongreß der Mächte sie ge¬ währen lassen, oder nicht, dann wird er über Unzuträglichkeiten oder Zweifel entscheiden. Dieselben Gründe, welche die freie Donauschifsahrt zu einer der Friedensbedingungen gemacht haben, fordern, daß jede Verletzung der mühsam errungenen Grundsätze verhindert werde.
Die zweite und wesentliche Frage, wodurch die erste formelle erst praktisch wird, ist die-, entspricht die Acte vom 7. Nov. 1857 den Bestimmungen des pariser Friedens? Schwerlich wird man dies behaupten können. Der Ver¬ trag vom 3". März 185" erklärt, daß die Grundsätze der wiener Congreßacte über die Ströme, welche verschiedne Staaten trennen oder durchschneiden, künftighin gleichfalls auf die Donau und ihre Mündungen angewendet wer¬ den sollen. Es fragt sich nun. was sind die wiener Grundsätze? Jedermann, der mit vorurtheilsfreien Auge sieht, wird H. Wurm beistimmen müssen, wenn er sagt: "Man hat in ihnen ein Minimum aufstellen wollen von Zugestünd¬ nissen der Uferstaaten an die Interessen der Schiffahrt und des Verkehrs auf jenen Strömen, und zwar hat man dies gewollt aus dem europäischen Stand¬ punkt, nicht aus dein der Uferstaaten." -- Durch den ersten pariser Frieden 30. März 1814 ward Art. 5. die Rheinschifffahrt vollständig frei erklärt und die Anwendung dieses Grundsatzes auf alle die übrigen Flüsse in Aussicht gestellt, welche in ihrem schiffbaren Laufe verschiedene Staaten trennen oder durchschneiden. Die Verwirklichung dieses Versprechens sollte auf dem wiener Kongresse stattfinden; wir finden in den Art. 108--117 der Congreßacte das Ergebniß der Berathungen niedergelegt. Wirft man einen Blick auf ihre Entstehungsgeschichte, so sieht man zuerst, daß der Gedanke einer europäischen Behandlung der Frage festgehalten ist, es ward zur Berathung eine Commission, bestehend aus einem östreichischen, einem preußischen, einem englischen und einem französischen Congreßgcsandten von dem Ausschuß der 8 Mächte eingesetzt, der auch ihre Arbeiten förmlich sanctionirte, Lord Clancarty, der Vertreter eines Landes, das nirgend Uferstaat war, saß in der Commission und befürwortete die liberalste Fassung der Bestimmungen. Eine Vergleichung derselben mit dem Art. 5 des pariserMedens zeigt zwar eine Abschwächung in manchen Beziehungen, aber es blieb doch noch genng übrig; freilich die Allsführung entscheidet erst über die Brauchbarkeit allgemeiner Grundsätze. Wir können uns nicht versagen, hier einen kleinen Zug einzuschalten, welcher die feine Art der Behandlung des Verfassers zeigt. Indem er den Art. 5 des pariser Friedens mit den entspre¬ chenden der Congreßacte vergleicht, sagt er: "Man erzählt, der verewigte Bürgermeister Smidt sei mit einer und derselben unzerbrochenen Thonpfeife von Paris zum wiener Congreß gereist. Die Mythenbilduug bemächtigt sich
schon, daß auch jene Reglements d. h. die Schisfahrtsöacte wirklich mit dem vom Friedensvertrag aufgestellten Grundsätzen stimme. Entweder ist die Acte vom 7. Nov. denselben entsprechend, dann wird der Kongreß der Mächte sie ge¬ währen lassen, oder nicht, dann wird er über Unzuträglichkeiten oder Zweifel entscheiden. Dieselben Gründe, welche die freie Donauschifsahrt zu einer der Friedensbedingungen gemacht haben, fordern, daß jede Verletzung der mühsam errungenen Grundsätze verhindert werde.
Die zweite und wesentliche Frage, wodurch die erste formelle erst praktisch wird, ist die-, entspricht die Acte vom 7. Nov. 1857 den Bestimmungen des pariser Friedens? Schwerlich wird man dies behaupten können. Der Ver¬ trag vom 3». März 185« erklärt, daß die Grundsätze der wiener Congreßacte über die Ströme, welche verschiedne Staaten trennen oder durchschneiden, künftighin gleichfalls auf die Donau und ihre Mündungen angewendet wer¬ den sollen. Es fragt sich nun. was sind die wiener Grundsätze? Jedermann, der mit vorurtheilsfreien Auge sieht, wird H. Wurm beistimmen müssen, wenn er sagt: „Man hat in ihnen ein Minimum aufstellen wollen von Zugestünd¬ nissen der Uferstaaten an die Interessen der Schiffahrt und des Verkehrs auf jenen Strömen, und zwar hat man dies gewollt aus dem europäischen Stand¬ punkt, nicht aus dein der Uferstaaten." — Durch den ersten pariser Frieden 30. März 1814 ward Art. 5. die Rheinschifffahrt vollständig frei erklärt und die Anwendung dieses Grundsatzes auf alle die übrigen Flüsse in Aussicht gestellt, welche in ihrem schiffbaren Laufe verschiedene Staaten trennen oder durchschneiden. Die Verwirklichung dieses Versprechens sollte auf dem wiener Kongresse stattfinden; wir finden in den Art. 108—117 der Congreßacte das Ergebniß der Berathungen niedergelegt. Wirft man einen Blick auf ihre Entstehungsgeschichte, so sieht man zuerst, daß der Gedanke einer europäischen Behandlung der Frage festgehalten ist, es ward zur Berathung eine Commission, bestehend aus einem östreichischen, einem preußischen, einem englischen und einem französischen Congreßgcsandten von dem Ausschuß der 8 Mächte eingesetzt, der auch ihre Arbeiten förmlich sanctionirte, Lord Clancarty, der Vertreter eines Landes, das nirgend Uferstaat war, saß in der Commission und befürwortete die liberalste Fassung der Bestimmungen. Eine Vergleichung derselben mit dem Art. 5 des pariserMedens zeigt zwar eine Abschwächung in manchen Beziehungen, aber es blieb doch noch genng übrig; freilich die Allsführung entscheidet erst über die Brauchbarkeit allgemeiner Grundsätze. Wir können uns nicht versagen, hier einen kleinen Zug einzuschalten, welcher die feine Art der Behandlung des Verfassers zeigt. Indem er den Art. 5 des pariser Friedens mit den entspre¬ chenden der Congreßacte vergleicht, sagt er: „Man erzählt, der verewigte Bürgermeister Smidt sei mit einer und derselben unzerbrochenen Thonpfeife von Paris zum wiener Congreß gereist. Die Mythenbilduug bemächtigt sich
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schon, daß auch jene Reglements d. h. die Schisfahrtsöacte wirklich mit dem vom
Friedensvertrag aufgestellten Grundsätzen stimme. Entweder ist die Acte vom
7. Nov. denselben entsprechend, dann wird der Kongreß der Mächte sie ge¬
währen lassen, oder nicht, dann wird er über Unzuträglichkeiten oder Zweifel
entscheiden. Dieselben Gründe, welche die freie Donauschifsahrt zu einer der
Friedensbedingungen gemacht haben, fordern, daß jede Verletzung der mühsam
errungenen Grundsätze verhindert werde.
Die zweite und wesentliche Frage, wodurch die erste formelle erst praktisch
wird, ist die-, entspricht die Acte vom 7. Nov. 1857 den Bestimmungen des
pariser Friedens? Schwerlich wird man dies behaupten können. Der Ver¬
trag vom 3». März 185« erklärt, daß die Grundsätze der wiener Congreßacte
über die Ströme, welche verschiedne Staaten trennen oder durchschneiden,
künftighin gleichfalls auf die Donau und ihre Mündungen angewendet wer¬
den sollen. Es fragt sich nun. was sind die wiener Grundsätze? Jedermann,
der mit vorurtheilsfreien Auge sieht, wird H. Wurm beistimmen müssen, wenn
er sagt: „Man hat in ihnen ein Minimum aufstellen wollen von Zugestünd¬
nissen der Uferstaaten an die Interessen der Schiffahrt und des Verkehrs auf
jenen Strömen, und zwar hat man dies gewollt aus dem europäischen Stand¬
punkt, nicht aus dein der Uferstaaten." — Durch den ersten pariser Frieden
30. März 1814 ward Art. 5. die Rheinschifffahrt vollständig frei erklärt und
die Anwendung dieses Grundsatzes auf alle die übrigen Flüsse in Aussicht
gestellt, welche in ihrem schiffbaren Laufe verschiedene Staaten trennen oder
durchschneiden. Die Verwirklichung dieses Versprechens sollte auf dem wiener
Kongresse stattfinden; wir finden in den Art. 108—117 der Congreßacte das
Ergebniß der Berathungen niedergelegt. Wirft man einen Blick auf ihre
Entstehungsgeschichte, so sieht man zuerst, daß der Gedanke einer europäischen
Behandlung der Frage festgehalten ist, es ward zur Berathung eine Commission,
bestehend aus einem östreichischen, einem preußischen, einem englischen und einem
französischen Congreßgcsandten von dem Ausschuß der 8 Mächte eingesetzt, der
auch ihre Arbeiten förmlich sanctionirte, Lord Clancarty, der Vertreter eines
Landes, das nirgend Uferstaat war, saß in der Commission und befürwortete die
liberalste Fassung der Bestimmungen. Eine Vergleichung derselben mit dem
Art. 5 des pariserMedens zeigt zwar eine Abschwächung in manchen Beziehungen,
aber es blieb doch noch genng übrig; freilich die Allsführung entscheidet erst über
die Brauchbarkeit allgemeiner Grundsätze. Wir können uns nicht versagen,
hier einen kleinen Zug einzuschalten, welcher die feine Art der Behandlung des
Verfassers zeigt. Indem er den Art. 5 des pariser Friedens mit den entspre¬
chenden der Congreßacte vergleicht, sagt er: „Man erzählt, der verewigte
Bürgermeister Smidt sei mit einer und derselben unzerbrochenen Thonpfeife
von Paris zum wiener Congreß gereist. Die Mythenbilduug bemächtigt sich
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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/212>, abgerufen am 29.12.2024.
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