Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.bestimmter Einrichtungen durch das freiwillige Zuthun der Menschen be¬ Der gegenwärtige Zustand und die Aussichten der Malerei in Deutschland. Im ganzen Laufe der uns bekannten Geschichte der Malerei und Sculp-, Wir werden uns dabei blos mit dem Werth dieser Beiwörter für Male¬ bestimmter Einrichtungen durch das freiwillige Zuthun der Menschen be¬ Der gegenwärtige Zustand und die Aussichten der Malerei in Deutschland. Im ganzen Laufe der uns bekannten Geschichte der Malerei und Sculp-, Wir werden uns dabei blos mit dem Werth dieser Beiwörter für Male¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0020" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186432"/> <p xml:id="ID_35" prev="#ID_34"> bestimmter Einrichtungen durch das freiwillige Zuthun der Menschen be¬<lb/><note type="byline"> G. C.</note> dingt wird. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der gegenwärtige Zustand und die Aussichten der Malerei<lb/> in Deutschland.</head><lb/> <p xml:id="ID_36"> Im ganzen Laufe der uns bekannten Geschichte der Malerei und Sculp-,<lb/> tur bemerkt man ein regelmäßig eintretendes periodisches Schwanken von der<lb/> idealistischen zur realistischen Richtung und umgekehrt. Ehe wir uns nun mit<lb/> seiner Betrachtung beschäftigen, das Gcseiz desselben, so wie den Punkt, an<lb/> dem unsere deutsche Kunst dermalen angelangt ist, zu ergründen suchen, wird<lb/> es nothwendig sein, erst die Bedeutung jener Ausdrücke idealistisch und reali¬<lb/> stisch für die bildenden Künste überhaupt festzustellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_37" next="#ID_38"> Wir werden uns dabei blos mit dem Werth dieser Beiwörter für Male¬<lb/> rei und Sculptur befasse», da die Architektur ihrer innern Natur nach die<lb/> vorzugsweise idealisirende Kunst bleiben muß, nur in den seltensten Fällen die<lb/> Gebilde der Natur unmittelbar nachahmen, auf die Hervorbringung des<lb/> Scheins der Wirklichkeit ausgehen kann. Die Basis aller bildenden Kunst ist<lb/> die Wahrnehmung, daß Formen und Farben einen bestimmten und zwar sehr<lb/> verschiedenen Eindruck, wie auf unser Auge, so auf unser Gemüth machen,<lb/> z. B. daß Schwarz uns die Idee der Trauer, Noth die der Freude, Gelb die<lb/> des Reichthums erweckt, daß eine grade Linie den Eindruck der Strenge, eine<lb/> sanft geschwungene den der Weichheit mache, mit andern Worten, daß es<lb/> eine Physiognomik gebe, daß man mit Formen und Farben, wie mit Lauten<lb/> sprechen und selbst Ideen, ganz besonders aber Empfindungen ausdrücken<lb/> könne. Dies deutet ja schon der Name Zeichenkunst, zeichnen an. Im<lb/> Anfange war denn auchj. wenn wir nach dem uns bis jehr vorliegenden Ma¬<lb/> terielle urtheilen dürfen, die Malerei und Sculptur aller Völker vorzugsweise<lb/> eine Zeichensprache, diese Künste wuchsen nnr nllmälig aus der Symbolik der<lb/> Hieroglyphenschrift heraus, es dauerte allem Anschein nach Jahrtausende, ehe<lb/> Schrift und Bild nur einigermaßen geschieden waren, und allmälig der bil¬<lb/> dende Trieb der Menschen sie lehrte, diese Zeichen zu verlebendigen, bis man<lb/> versuchte, sie mehr und mehr naturwahrer zu machen; man erreichte in dieser<lb/> Nachbildung oft schon eine sehr hohe Stufe der Bollkommenheit. ohne sich<lb/> jemals von der symbolischen Bedeutung zu entfernen, wie die Kunst der<lb/> Egypter und die älteste griechische noch zeigt. Man schritt sogar weiter fort<lb/> und versuchte wirkliche historische Begebenheiten zu schildern, man bildete<lb/> aber immer nur die Gattung, nie das Individuum, man begnügte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0020]
bestimmter Einrichtungen durch das freiwillige Zuthun der Menschen be¬
G. C. dingt wird.
Der gegenwärtige Zustand und die Aussichten der Malerei
in Deutschland.
Im ganzen Laufe der uns bekannten Geschichte der Malerei und Sculp-,
tur bemerkt man ein regelmäßig eintretendes periodisches Schwanken von der
idealistischen zur realistischen Richtung und umgekehrt. Ehe wir uns nun mit
seiner Betrachtung beschäftigen, das Gcseiz desselben, so wie den Punkt, an
dem unsere deutsche Kunst dermalen angelangt ist, zu ergründen suchen, wird
es nothwendig sein, erst die Bedeutung jener Ausdrücke idealistisch und reali¬
stisch für die bildenden Künste überhaupt festzustellen.
Wir werden uns dabei blos mit dem Werth dieser Beiwörter für Male¬
rei und Sculptur befasse», da die Architektur ihrer innern Natur nach die
vorzugsweise idealisirende Kunst bleiben muß, nur in den seltensten Fällen die
Gebilde der Natur unmittelbar nachahmen, auf die Hervorbringung des
Scheins der Wirklichkeit ausgehen kann. Die Basis aller bildenden Kunst ist
die Wahrnehmung, daß Formen und Farben einen bestimmten und zwar sehr
verschiedenen Eindruck, wie auf unser Auge, so auf unser Gemüth machen,
z. B. daß Schwarz uns die Idee der Trauer, Noth die der Freude, Gelb die
des Reichthums erweckt, daß eine grade Linie den Eindruck der Strenge, eine
sanft geschwungene den der Weichheit mache, mit andern Worten, daß es
eine Physiognomik gebe, daß man mit Formen und Farben, wie mit Lauten
sprechen und selbst Ideen, ganz besonders aber Empfindungen ausdrücken
könne. Dies deutet ja schon der Name Zeichenkunst, zeichnen an. Im
Anfange war denn auchj. wenn wir nach dem uns bis jehr vorliegenden Ma¬
terielle urtheilen dürfen, die Malerei und Sculptur aller Völker vorzugsweise
eine Zeichensprache, diese Künste wuchsen nnr nllmälig aus der Symbolik der
Hieroglyphenschrift heraus, es dauerte allem Anschein nach Jahrtausende, ehe
Schrift und Bild nur einigermaßen geschieden waren, und allmälig der bil¬
dende Trieb der Menschen sie lehrte, diese Zeichen zu verlebendigen, bis man
versuchte, sie mehr und mehr naturwahrer zu machen; man erreichte in dieser
Nachbildung oft schon eine sehr hohe Stufe der Bollkommenheit. ohne sich
jemals von der symbolischen Bedeutung zu entfernen, wie die Kunst der
Egypter und die älteste griechische noch zeigt. Man schritt sogar weiter fort
und versuchte wirkliche historische Begebenheiten zu schildern, man bildete
aber immer nur die Gattung, nie das Individuum, man begnügte
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