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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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königlichen Hermelin führend, nahmen sich gut aus. und sind hier mit den
Schneidern vereinigt nur bescheiden vertreten. Haben fast alle bisher ge¬
nannten Gewerke uns mehr oder weniger mittelalterliche Reminiscenzen erweckt,
so werden wir durch die Erzeugnisse des galv anoplastischcn Instituts
direkt in die neue Zeit hinübergeleitet; wir sind mitten in ihr, wenn wir in
den runden sogenannten Actsaal treten, der ganz und gar den Maschinen¬
baufabriken eingeräumt ist. -- Obgleich sich einige der größten hiesigen
Fabriken von der Theilnahme am Festzuge ganz ausgeschlossen hatten, so he-
ll.ef sich dennoch die Zahl der Arbeiter an jenem Tage auf 9 318. Sie tru¬
gen jeder ein silbernes Abzeichen am Hute, und aus diesen ist hier der Na¬
menszug des prinzlichen Paares gebildet worden. Sie standen an dem Ein¬
holungstage dem Schlosse zunächst, um sich dein Zuge als Schlußstein zuletzt
anschließen zu können, doch reichte ihre Ausstellung in vierfacher Reihe bis
weit in die Lindenpromcnadc hinein. Mit lebhafter Sympathie wurden die
einzelnen Trupps aus den größern Fabriken vom Volke begrüßt, als sie sich
nach ihren Aufstellungsplätzen begaben, und in der That, es war ein wohl¬
thuendes Gefühl, das diese kräftigen bärtigen Gestalten erweckten, wie sie
mit solcher Sicherheit dahinschritten, als seien sie ihrer Kraft sich bewußt, als
fühlten sie, wie gewissermaßen auf ihren Schultern, als einer kräftigen Grund¬
lage das Staatsgebäude ruhe.

Die Arbeiter aller Fabriken hatten außer dem übereinstimmenden Hut¬
abzeichen auch das gemeinsam, daß auf ihren Stäben ein kleiner vergoldeter
Dampsregulator (zwcischeukliger Stock mit zwei Kugeln) sich befand. Diese
Stäbe ineinander verschränkt bilden hier die Wandverzierung des Saales, der
außerdem mit dunkelm Tannengrün und den zahlreichen, oft sehr schön gemal¬
ten Fahnen der verschiedenen Fabriken decorirt ist. Die gemalten enthalten
Darstellungen von Gießereien, von Werkzeugen des Maschinenbaus oder auch
allegorische Figuren, die diesen Zweig der Industrie vcrsinnbilden. Das
Jnteressanteste in diesem Saale aber sind die vielen Modelle von allen größe¬
ren Leistunge-n des Maschinenbaus. Da ist ein Postwagen in ein Achtel der
natürlichen Größe aus der Fabrik von Pflug, eine Chaise in ein Sechstel
ihrer natürlichen Größe von demselben, das Modell einer 200pferdigen Dampf¬
maschine in ein Achtel ihrer Größe von Egells. mehre mit brennendem Spiritus
wirklich in Bewegung zu Setzende Locomotiven ähnlichen Maßstabes nebst
Eisenbahnwaggons von Borsig; dieser hat auch die Modelle einer eisernen Dreh¬
brücke, so wie der Eisenbahnbrücke über die Ruhr, die aus seiner Fabrik her¬
vorging, ausgestellt, und überhaupt, wie billig das größte Contingent gestellt.
Aber auch andere Fabriken geben durch die Zahl ihrer Arbeiter und ihre Lei¬
stungen einen hohen Begriff von der Stufe, die sie erreicht und von dem Um¬
satz, den sie erzielen müssen. Im Hintergrunde des Saales befindet sich unter


königlichen Hermelin führend, nahmen sich gut aus. und sind hier mit den
Schneidern vereinigt nur bescheiden vertreten. Haben fast alle bisher ge¬
nannten Gewerke uns mehr oder weniger mittelalterliche Reminiscenzen erweckt,
so werden wir durch die Erzeugnisse des galv anoplastischcn Instituts
direkt in die neue Zeit hinübergeleitet; wir sind mitten in ihr, wenn wir in
den runden sogenannten Actsaal treten, der ganz und gar den Maschinen¬
baufabriken eingeräumt ist. — Obgleich sich einige der größten hiesigen
Fabriken von der Theilnahme am Festzuge ganz ausgeschlossen hatten, so he-
ll.ef sich dennoch die Zahl der Arbeiter an jenem Tage auf 9 318. Sie tru¬
gen jeder ein silbernes Abzeichen am Hute, und aus diesen ist hier der Na¬
menszug des prinzlichen Paares gebildet worden. Sie standen an dem Ein¬
holungstage dem Schlosse zunächst, um sich dein Zuge als Schlußstein zuletzt
anschließen zu können, doch reichte ihre Ausstellung in vierfacher Reihe bis
weit in die Lindenpromcnadc hinein. Mit lebhafter Sympathie wurden die
einzelnen Trupps aus den größern Fabriken vom Volke begrüßt, als sie sich
nach ihren Aufstellungsplätzen begaben, und in der That, es war ein wohl¬
thuendes Gefühl, das diese kräftigen bärtigen Gestalten erweckten, wie sie
mit solcher Sicherheit dahinschritten, als seien sie ihrer Kraft sich bewußt, als
fühlten sie, wie gewissermaßen auf ihren Schultern, als einer kräftigen Grund¬
lage das Staatsgebäude ruhe.

Die Arbeiter aller Fabriken hatten außer dem übereinstimmenden Hut¬
abzeichen auch das gemeinsam, daß auf ihren Stäben ein kleiner vergoldeter
Dampsregulator (zwcischeukliger Stock mit zwei Kugeln) sich befand. Diese
Stäbe ineinander verschränkt bilden hier die Wandverzierung des Saales, der
außerdem mit dunkelm Tannengrün und den zahlreichen, oft sehr schön gemal¬
ten Fahnen der verschiedenen Fabriken decorirt ist. Die gemalten enthalten
Darstellungen von Gießereien, von Werkzeugen des Maschinenbaus oder auch
allegorische Figuren, die diesen Zweig der Industrie vcrsinnbilden. Das
Jnteressanteste in diesem Saale aber sind die vielen Modelle von allen größe¬
ren Leistunge-n des Maschinenbaus. Da ist ein Postwagen in ein Achtel der
natürlichen Größe aus der Fabrik von Pflug, eine Chaise in ein Sechstel
ihrer natürlichen Größe von demselben, das Modell einer 200pferdigen Dampf¬
maschine in ein Achtel ihrer Größe von Egells. mehre mit brennendem Spiritus
wirklich in Bewegung zu Setzende Locomotiven ähnlichen Maßstabes nebst
Eisenbahnwaggons von Borsig; dieser hat auch die Modelle einer eisernen Dreh¬
brücke, so wie der Eisenbahnbrücke über die Ruhr, die aus seiner Fabrik her¬
vorging, ausgestellt, und überhaupt, wie billig das größte Contingent gestellt.
Aber auch andere Fabriken geben durch die Zahl ihrer Arbeiter und ihre Lei¬
stungen einen hohen Begriff von der Stufe, die sie erreicht und von dem Um¬
satz, den sie erzielen müssen. Im Hintergrunde des Saales befindet sich unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/198>, abgerufen am 21.12.2024.