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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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einen festen Kern bildet, wie dieser Verein sich vor allen Dingen durch Geld¬
mittel zu stärken sucht, wie er durch diese die Mittel des Geistes, Belehrung und
Ueberredung, in Bewegung seht, und wie aus diese Art, wenn auch langsam
und unmerklich, ja unter mancherlei Hindernissen und Niederlagen, die Sache
sortscheitet. Auf diese "kleinen Anfänge" legt der Engländer großen Werth.
Er haßt die plötzlichen Ausbrüche und drastischen Effecte, und überläßt sie
dein Feuerwerke, das ebenso rasch verpufft, als es aufsprüht, und ebenso diese
-Dunkelheit zurückläßt, als es augenblicklich strahlte und blendete. Wir sehen
endlich auch das seltsame Verfahren seiner Debatte. Mit einem wunderlichen
Instincte vermeidet er es, die Principien der Frage festzustellen, um die es
sich eigentlich handelt. Geflissentlich scheint er sich zu hüten, daß er das
Stichwort gebe, welches die Lebensfrage der Gegenpartei in sich schließt.
Schritt für Schritt rückt er vor, Zoll für Zoll gewinnt er dem Gegner das
Terrain ab, Mann bei Mann sucht er auf seine Seite herüberzuziehen. Er ist
nicht der Thor, auf eine Karte den ganzen Besitz zu sehen, oder durch eine
Herausforderung auf Leben und Tod den Gegner zum Aeuhersten zu treiben.
"Gut Ding will Weile haben!"

Vermuthlich erwartet der Leser eine Argumentation wie diese: -- "Ohne
Zweifel soll der Sonntag der religiösen Erbauung vorzugsweise gewidmet sein
und jedes Mittel ergriffen werden, um dieselbe allgemeiner und anziehender
zu machen. Allein in einem Zeitalter, wo sich der Gedanke einen eignen
Cultus geschaffen und als ein Repräsentant der Gottheit so herrlich mitten
unter den Menschen steht, mag wol Gottesdienst und Geistesdienst nebenein¬
ander bestehen und sich gegenseitig ergänzen. Wer die Größe des Menschen
und seiner Werke so recht verstehen und genießen kann, dem geht erst die
Größe der Gottheit auf. Darum sollte sich ein Cultus des Schönen und Hei¬
teren mit dem des Erhabenen und Heiligen paaren!" So von der liberalen
Seite. Von der conservativen aber wird er etwa folgende Entgegnung zu hören
hoffen: "Die Werke Gottes sind ein Ding, die Werke des Menschen ein
anderes. Es thut kein gut, beide miteinander zu vernnscheu. Beider Ein¬
druck wird dadurch geschwächt, das Göttliche geschwächt und ein heidnisches
Element in das Christenthum getragen. Verhüte Gott, daß das Gnechenthum
sich in die protestantische Kirche einschleiche und auf seinen verlockenden Pfaden
zur Sinnlichkeit und Genußsucht anstatt zur Anbetung und Selbstverleugnung
uns hinlocke." -- Damit wäre in der That die praktische wie die theoretische
Seite der Frage erschöpft, und es ist sehr wahrscheinlich, daß in Deutschland
dieser Weg eingeschlagen worden wäre. Welchen Weg geht man aber in
England?

Als Verfasser dieses Aufsatzes einen edinburger Fährmann auf einen
Sonntag zu engagiren wünschte, um von Leith über die Mündung des Forth


einen festen Kern bildet, wie dieser Verein sich vor allen Dingen durch Geld¬
mittel zu stärken sucht, wie er durch diese die Mittel des Geistes, Belehrung und
Ueberredung, in Bewegung seht, und wie aus diese Art, wenn auch langsam
und unmerklich, ja unter mancherlei Hindernissen und Niederlagen, die Sache
sortscheitet. Auf diese „kleinen Anfänge" legt der Engländer großen Werth.
Er haßt die plötzlichen Ausbrüche und drastischen Effecte, und überläßt sie
dein Feuerwerke, das ebenso rasch verpufft, als es aufsprüht, und ebenso diese
-Dunkelheit zurückläßt, als es augenblicklich strahlte und blendete. Wir sehen
endlich auch das seltsame Verfahren seiner Debatte. Mit einem wunderlichen
Instincte vermeidet er es, die Principien der Frage festzustellen, um die es
sich eigentlich handelt. Geflissentlich scheint er sich zu hüten, daß er das
Stichwort gebe, welches die Lebensfrage der Gegenpartei in sich schließt.
Schritt für Schritt rückt er vor, Zoll für Zoll gewinnt er dem Gegner das
Terrain ab, Mann bei Mann sucht er auf seine Seite herüberzuziehen. Er ist
nicht der Thor, auf eine Karte den ganzen Besitz zu sehen, oder durch eine
Herausforderung auf Leben und Tod den Gegner zum Aeuhersten zu treiben.
„Gut Ding will Weile haben!"

Vermuthlich erwartet der Leser eine Argumentation wie diese: — „Ohne
Zweifel soll der Sonntag der religiösen Erbauung vorzugsweise gewidmet sein
und jedes Mittel ergriffen werden, um dieselbe allgemeiner und anziehender
zu machen. Allein in einem Zeitalter, wo sich der Gedanke einen eignen
Cultus geschaffen und als ein Repräsentant der Gottheit so herrlich mitten
unter den Menschen steht, mag wol Gottesdienst und Geistesdienst nebenein¬
ander bestehen und sich gegenseitig ergänzen. Wer die Größe des Menschen
und seiner Werke so recht verstehen und genießen kann, dem geht erst die
Größe der Gottheit auf. Darum sollte sich ein Cultus des Schönen und Hei¬
teren mit dem des Erhabenen und Heiligen paaren!" So von der liberalen
Seite. Von der conservativen aber wird er etwa folgende Entgegnung zu hören
hoffen: „Die Werke Gottes sind ein Ding, die Werke des Menschen ein
anderes. Es thut kein gut, beide miteinander zu vernnscheu. Beider Ein¬
druck wird dadurch geschwächt, das Göttliche geschwächt und ein heidnisches
Element in das Christenthum getragen. Verhüte Gott, daß das Gnechenthum
sich in die protestantische Kirche einschleiche und auf seinen verlockenden Pfaden
zur Sinnlichkeit und Genußsucht anstatt zur Anbetung und Selbstverleugnung
uns hinlocke." — Damit wäre in der That die praktische wie die theoretische
Seite der Frage erschöpft, und es ist sehr wahrscheinlich, daß in Deutschland
dieser Weg eingeschlagen worden wäre. Welchen Weg geht man aber in
England?

Als Verfasser dieses Aufsatzes einen edinburger Fährmann auf einen
Sonntag zu engagiren wünschte, um von Leith über die Mündung des Forth


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/190>, abgerufen am 30.12.2024.