Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.steigende Zinsfuß ist wol noch in aller Gedächtniß, Mit diesen, hoben Zins¬ Man sieht also politische, sittliche, wirthschaftliche Momente, sie alle Vielleicht findet ein Leser diese Sätze so trivial, daß wir sie ihm füglich 2*
steigende Zinsfuß ist wol noch in aller Gedächtniß, Mit diesen, hoben Zins¬ Man sieht also politische, sittliche, wirthschaftliche Momente, sie alle Vielleicht findet ein Leser diese Sätze so trivial, daß wir sie ihm füglich 2*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186431"/> <p xml:id="ID_32" prev="#ID_31"> steigende Zinsfuß ist wol noch in aller Gedächtniß, Mit diesen, hoben Zins¬<lb/> fuß minderte sich aber zugleich die Möglichfeit, den einmal eingeschlagenen<lb/> verkehrten Weg zu verlassen. Wer nicht unter acht Procent Geld bekommen<lb/> kann, ein Discontosatz, der aus den oben angeführten Gründen im Betrieb<lb/> des Wechsclrcitens noch weit hoher zu stehen kommt, der muß entsprechend<lb/> höher» Gewinn machen, um sich zu halten. Es galt also den Eigensinn der<lb/> Consumtion zu biegen oder selbst zu brechen, und ganz natürlich geschah das<lb/> Letztere. Die Krisis war da.</p><lb/> <p xml:id="ID_33"> Man sieht also politische, sittliche, wirthschaftliche Momente, sie alle<lb/> wirkten zu dem einen großen Krach zusammen. Wenn unsere Leser in der<lb/> obigen Darstellung Beziehungen zu gewissen bekannten Einrichtungen vermissen,<lb/> also Vergehens nach dem Antheil der Banken, des Papiergeldes u. s. w. zur<lb/> Entwicklung der Krisis suchen, so fällt es uns zwar gewiß nicht ein, diesen<lb/> Antheil leugnen zu wollen, allein mehr als je hat grade diese letztere Zeit<lb/> in uus die Ueberzeugung von der Unzuträglichkeit einer Methode befestigt,<lb/> welche die zufälligen oder die unmittelbar wahrnehmbaren Anlässe einer Be¬<lb/> gebenheit hervvrsuckt, um darin ihren Ursprung zu erkennen. Hätte die eine<lb/> Bank diese Befugniß gehabt, und die andere jene nicht, wäre hier diese, dort<lb/> jene Einrichtung getroffen worden, so wäre — etwa die Krisis vermieden<lb/> worden? Das wird Angesichts der Ueberspannung des ganzen Verkehrs niemand<lb/> behaupten wollen. Vielleicht wäre die Art und der Ort ihres Auftretens an¬<lb/> ders gewesen, sie selbst aber wäre sicher nicht ausgeblieben. Im wirtschaftlichen<lb/> Leben, wie im politischen, wie in allem Thun des Menschen ist seine Freiheit<lb/> nur eine bedingte, und weiter geht auch uicht sein Einfluß auf das, was ge¬<lb/> schehen soll. Damit wollen wir denn freilich nicht sagen, daß die wirthschaft¬<lb/> lichen Einrichtungen absolut werthlos seien, sie siud es so wenig wie die po¬<lb/> litischem; aber uicht sie füllen deu Menschen aus, sondern der Mensch belebt<lb/> sie mit seinem Geiste. Verkehrte Einrichtungen werden freilich das Verderben<lb/> beschleunigen, und gute die Gelegenheit geben, es abzuwenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_34" next="#ID_35"> Vielleicht findet ein Leser diese Sätze so trivial, daß wir sie ihm füglich<lb/> hätten ersparen können. Und allerdings sind sie fast allenthalben anerkannt,<lb/> nur uicht auf dem Gebiete der Nationalökonomie. Die amerikanischen Banken<lb/> und die schottischen Banken haben es gethan mit ihrer Baufreiheit, rufen<lb/> die Einen, die Goldcntdeckungcn find daran Schuld oder das Papiergeld, oder<lb/> ^ Krieg j„ China, in Ostindien, die Silberausfuhren, und hätten wir nur<lb/> u'chtzcitig dies oder jenes gethan, seufzen die Andern. Wir wollen nun hier nicht<lb/> lpcciell daraus eingehen, wie weit jede dieser Ursachen mit oder ohne Grund hier<lb/> in Reihe und Glied steht; wir wolle» im nächsten Abschnitt lieber an einigen<lb/> großen Beispiele» aus der Krisis selber zeigen, i» welcher Weise die Wirkung</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 2*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
steigende Zinsfuß ist wol noch in aller Gedächtniß, Mit diesen, hoben Zins¬
fuß minderte sich aber zugleich die Möglichfeit, den einmal eingeschlagenen
verkehrten Weg zu verlassen. Wer nicht unter acht Procent Geld bekommen
kann, ein Discontosatz, der aus den oben angeführten Gründen im Betrieb
des Wechsclrcitens noch weit hoher zu stehen kommt, der muß entsprechend
höher» Gewinn machen, um sich zu halten. Es galt also den Eigensinn der
Consumtion zu biegen oder selbst zu brechen, und ganz natürlich geschah das
Letztere. Die Krisis war da.
Man sieht also politische, sittliche, wirthschaftliche Momente, sie alle
wirkten zu dem einen großen Krach zusammen. Wenn unsere Leser in der
obigen Darstellung Beziehungen zu gewissen bekannten Einrichtungen vermissen,
also Vergehens nach dem Antheil der Banken, des Papiergeldes u. s. w. zur
Entwicklung der Krisis suchen, so fällt es uns zwar gewiß nicht ein, diesen
Antheil leugnen zu wollen, allein mehr als je hat grade diese letztere Zeit
in uus die Ueberzeugung von der Unzuträglichkeit einer Methode befestigt,
welche die zufälligen oder die unmittelbar wahrnehmbaren Anlässe einer Be¬
gebenheit hervvrsuckt, um darin ihren Ursprung zu erkennen. Hätte die eine
Bank diese Befugniß gehabt, und die andere jene nicht, wäre hier diese, dort
jene Einrichtung getroffen worden, so wäre — etwa die Krisis vermieden
worden? Das wird Angesichts der Ueberspannung des ganzen Verkehrs niemand
behaupten wollen. Vielleicht wäre die Art und der Ort ihres Auftretens an¬
ders gewesen, sie selbst aber wäre sicher nicht ausgeblieben. Im wirtschaftlichen
Leben, wie im politischen, wie in allem Thun des Menschen ist seine Freiheit
nur eine bedingte, und weiter geht auch uicht sein Einfluß auf das, was ge¬
schehen soll. Damit wollen wir denn freilich nicht sagen, daß die wirthschaft¬
lichen Einrichtungen absolut werthlos seien, sie siud es so wenig wie die po¬
litischem; aber uicht sie füllen deu Menschen aus, sondern der Mensch belebt
sie mit seinem Geiste. Verkehrte Einrichtungen werden freilich das Verderben
beschleunigen, und gute die Gelegenheit geben, es abzuwenden.
Vielleicht findet ein Leser diese Sätze so trivial, daß wir sie ihm füglich
hätten ersparen können. Und allerdings sind sie fast allenthalben anerkannt,
nur uicht auf dem Gebiete der Nationalökonomie. Die amerikanischen Banken
und die schottischen Banken haben es gethan mit ihrer Baufreiheit, rufen
die Einen, die Goldcntdeckungcn find daran Schuld oder das Papiergeld, oder
^ Krieg j„ China, in Ostindien, die Silberausfuhren, und hätten wir nur
u'chtzcitig dies oder jenes gethan, seufzen die Andern. Wir wollen nun hier nicht
lpcciell daraus eingehen, wie weit jede dieser Ursachen mit oder ohne Grund hier
in Reihe und Glied steht; wir wolle» im nächsten Abschnitt lieber an einigen
großen Beispiele» aus der Krisis selber zeigen, i» welcher Weise die Wirkung
2*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |