weniger Speculationen oder bei ganz unbedeutenden Abmachungen vorkommt. Der Kaufmann sammelt eben keine unnütz liegenden Capitalien an. Desto ausgedehnter ist die Anwendung des Credits, und wird der Verkäufer ihn gern auf eine bestimmte, durch Gebrauch meist feststehende Zeit bewilligen, wenn er von der allgemeinen Zahlungsfähigkeit und der Ehrlichkeit des Käufers überzeugt ist. Es kaun dies im regelmäßigen Geschäftsgange auch gar nicht anders sein, da erst allmälig aus der kleinen und kleinsten Konsumtion die Zahlmittel zusammenfließen. Man müßte auf die Uranfänge alles Verkehrs zurückkehren und das Ineinandergreifen der verschiedensten Thätigkeiten gradezu wieder ausheben, wollte man auf den Verkauf und Kauf Zug um Zug, Waare für Geld bestehen. Man wird aber leicht aus jenem Gang der Dinge erkennen, wie sehr das Gedeihen alles Handels von einer geregelten Consumtion ab¬ hängt. Als daher für die große Speculution die Waare mehr Gegenstand des Umsatzes und der Preissteigerungen, als des Fortführens bis zur Con¬ sumtion wurde, fehlten ihr natürlich auch die aus derselben sonst zufließenden Geldmittel. Die Speculanten hatten volle Lager, sie hatten große, in ihren Büchern verzeichnete Preise und Gewinne, aber das baare Geld sehlte ihnen und doch sollten sie ihre kolossalen Waarenvorrüthe bezahlen. Es blieb also nichts übrig, als den Credit in einer für gewöhnliche Zeiten nicht üblichen Weise in Anspruch zu nehmen. Die Mittel dazu waren verschieden. Hier war es eine Bank oder ein bloßer Bankier, der auf den kaufmännischen Ruf des Beteiligten Gelder vorschaß, oder die Wechseluntcrschrift hergab, dort waren es die Kaufleute, welche sich direct halfen durch Prolongationen.ihrer Forderungen, oder was in den meisten Fällen nur in der Form anders war. durch Annahme neuer Wechsel. Solche Zeiten sind wie dazu gemacht, um "Wechselreitereien" hervorzurufen d. h. um den einen Wechsel durch den andern zu decken. Man glaube ja nicht, daß dies ein besonders billiges Manoeuvre ist; im Gegentheil, nicht allein wird bei jedem neuen Wechsel der Disconto ab- oder der Zins zuzurechnen sein, so daß er vom Betreffenden sofort als Capital angesehen und wieder verzinst werden muß, (die meisten kaufmännischen Wechsel lausen nur ein Vierteljahr), sondern auch die Gefahren dieses Verkehrs müssen in irgend einer Weise vergütet werden. Und. außer¬ dem sind noch gelegentliche kostspielige Transactivnen erforderlich, um das Räderwerk im Gang zu erhalten.
Wie groß aber auch die Beträge waren, welche als Baarmittcl. als Pa¬ piergeld, als Vorschüsse und Wechsel in den Verkehr kamen, dem Bedürfnisse konnten sie nicht genügen; natürlich, denn es fehlte ja der nährende Absatz, während die zur Aufrechthaltung der Wnarenanspeicherung erforderlichen Sum¬ men nothwendig stiegen. So kam es denn, daß Geld und Credit ungewöhn¬ lich theuer bezahlt wurden, der hohe und bis zum Ausbruch der Krisis stetig
weniger Speculationen oder bei ganz unbedeutenden Abmachungen vorkommt. Der Kaufmann sammelt eben keine unnütz liegenden Capitalien an. Desto ausgedehnter ist die Anwendung des Credits, und wird der Verkäufer ihn gern auf eine bestimmte, durch Gebrauch meist feststehende Zeit bewilligen, wenn er von der allgemeinen Zahlungsfähigkeit und der Ehrlichkeit des Käufers überzeugt ist. Es kaun dies im regelmäßigen Geschäftsgange auch gar nicht anders sein, da erst allmälig aus der kleinen und kleinsten Konsumtion die Zahlmittel zusammenfließen. Man müßte auf die Uranfänge alles Verkehrs zurückkehren und das Ineinandergreifen der verschiedensten Thätigkeiten gradezu wieder ausheben, wollte man auf den Verkauf und Kauf Zug um Zug, Waare für Geld bestehen. Man wird aber leicht aus jenem Gang der Dinge erkennen, wie sehr das Gedeihen alles Handels von einer geregelten Consumtion ab¬ hängt. Als daher für die große Speculution die Waare mehr Gegenstand des Umsatzes und der Preissteigerungen, als des Fortführens bis zur Con¬ sumtion wurde, fehlten ihr natürlich auch die aus derselben sonst zufließenden Geldmittel. Die Speculanten hatten volle Lager, sie hatten große, in ihren Büchern verzeichnete Preise und Gewinne, aber das baare Geld sehlte ihnen und doch sollten sie ihre kolossalen Waarenvorrüthe bezahlen. Es blieb also nichts übrig, als den Credit in einer für gewöhnliche Zeiten nicht üblichen Weise in Anspruch zu nehmen. Die Mittel dazu waren verschieden. Hier war es eine Bank oder ein bloßer Bankier, der auf den kaufmännischen Ruf des Beteiligten Gelder vorschaß, oder die Wechseluntcrschrift hergab, dort waren es die Kaufleute, welche sich direct halfen durch Prolongationen.ihrer Forderungen, oder was in den meisten Fällen nur in der Form anders war. durch Annahme neuer Wechsel. Solche Zeiten sind wie dazu gemacht, um „Wechselreitereien" hervorzurufen d. h. um den einen Wechsel durch den andern zu decken. Man glaube ja nicht, daß dies ein besonders billiges Manoeuvre ist; im Gegentheil, nicht allein wird bei jedem neuen Wechsel der Disconto ab- oder der Zins zuzurechnen sein, so daß er vom Betreffenden sofort als Capital angesehen und wieder verzinst werden muß, (die meisten kaufmännischen Wechsel lausen nur ein Vierteljahr), sondern auch die Gefahren dieses Verkehrs müssen in irgend einer Weise vergütet werden. Und. außer¬ dem sind noch gelegentliche kostspielige Transactivnen erforderlich, um das Räderwerk im Gang zu erhalten.
Wie groß aber auch die Beträge waren, welche als Baarmittcl. als Pa¬ piergeld, als Vorschüsse und Wechsel in den Verkehr kamen, dem Bedürfnisse konnten sie nicht genügen; natürlich, denn es fehlte ja der nährende Absatz, während die zur Aufrechthaltung der Wnarenanspeicherung erforderlichen Sum¬ men nothwendig stiegen. So kam es denn, daß Geld und Credit ungewöhn¬ lich theuer bezahlt wurden, der hohe und bis zum Ausbruch der Krisis stetig
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[0018]
weniger Speculationen oder bei ganz unbedeutenden Abmachungen vorkommt.
Der Kaufmann sammelt eben keine unnütz liegenden Capitalien an. Desto
ausgedehnter ist die Anwendung des Credits, und wird der Verkäufer ihn
gern auf eine bestimmte, durch Gebrauch meist feststehende Zeit bewilligen,
wenn er von der allgemeinen Zahlungsfähigkeit und der Ehrlichkeit des Käufers
überzeugt ist. Es kaun dies im regelmäßigen Geschäftsgange auch gar nicht
anders sein, da erst allmälig aus der kleinen und kleinsten Konsumtion die
Zahlmittel zusammenfließen. Man müßte auf die Uranfänge alles Verkehrs
zurückkehren und das Ineinandergreifen der verschiedensten Thätigkeiten gradezu
wieder ausheben, wollte man auf den Verkauf und Kauf Zug um Zug, Waare
für Geld bestehen. Man wird aber leicht aus jenem Gang der Dinge erkennen,
wie sehr das Gedeihen alles Handels von einer geregelten Consumtion ab¬
hängt. Als daher für die große Speculution die Waare mehr Gegenstand
des Umsatzes und der Preissteigerungen, als des Fortführens bis zur Con¬
sumtion wurde, fehlten ihr natürlich auch die aus derselben sonst zufließenden
Geldmittel. Die Speculanten hatten volle Lager, sie hatten große, in ihren
Büchern verzeichnete Preise und Gewinne, aber das baare Geld sehlte ihnen
und doch sollten sie ihre kolossalen Waarenvorrüthe bezahlen. Es blieb also
nichts übrig, als den Credit in einer für gewöhnliche Zeiten nicht üblichen
Weise in Anspruch zu nehmen. Die Mittel dazu waren verschieden. Hier
war es eine Bank oder ein bloßer Bankier, der auf den kaufmännischen Ruf
des Beteiligten Gelder vorschaß, oder die Wechseluntcrschrift hergab, dort
waren es die Kaufleute, welche sich direct halfen durch Prolongationen.ihrer
Forderungen, oder was in den meisten Fällen nur in der Form anders war.
durch Annahme neuer Wechsel. Solche Zeiten sind wie dazu gemacht, um
„Wechselreitereien" hervorzurufen d. h. um den einen Wechsel durch den
andern zu decken. Man glaube ja nicht, daß dies ein besonders billiges
Manoeuvre ist; im Gegentheil, nicht allein wird bei jedem neuen Wechsel der
Disconto ab- oder der Zins zuzurechnen sein, so daß er vom Betreffenden
sofort als Capital angesehen und wieder verzinst werden muß, (die meisten
kaufmännischen Wechsel lausen nur ein Vierteljahr), sondern auch die Gefahren
dieses Verkehrs müssen in irgend einer Weise vergütet werden. Und. außer¬
dem sind noch gelegentliche kostspielige Transactivnen erforderlich, um das
Räderwerk im Gang zu erhalten.
Wie groß aber auch die Beträge waren, welche als Baarmittcl. als Pa¬
piergeld, als Vorschüsse und Wechsel in den Verkehr kamen, dem Bedürfnisse
konnten sie nicht genügen; natürlich, denn es fehlte ja der nährende Absatz,
während die zur Aufrechthaltung der Wnarenanspeicherung erforderlichen Sum¬
men nothwendig stiegen. So kam es denn, daß Geld und Credit ungewöhn¬
lich theuer bezahlt wurden, der hohe und bis zum Ausbruch der Krisis stetig
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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/18>, abgerufen am 06.01.2025.
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