Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.lehren meinen Gott, von welchem ich gerettet worden ans Gefahren, die nicht lehren meinen Gott, von welchem ich gerettet worden ans Gefahren, die nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0152" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186564"/> <p xml:id="ID_338" prev="#ID_337" next="#ID_339"> lehren meinen Gott, von welchem ich gerettet worden ans Gefahren, die nicht<lb/> jeder weiß!" (25. Febr. 1788.) - An Nicolai, der ihn früher wegen seiner<lb/> unvorsichtigen Ausfülle gegen das Christenthum zurechtgewiesen, 27. Febr.<lb/> 1788: „Seither habe ich durch bessere Studien des Alterthums und Orients<lb/> für die Schriften der alten Hebräer mehr Achtung bekommen; zugleich über¬<lb/> zeugte mich die genauere Kenntniß der Menschen, die mir meine Reisen ver¬<lb/> schafft, es sei nützlich und wol nothwendig, den allgemein als moralisch<lb/> wichtig erkannten Wahrheiten bei der Menge durch die Bibel eine gewisse<lb/> Haltung zu geben, wodurch nicht nur der Ausgelassenheit ein Zaum angelegt,<lb/> sondern zumal auch die Wiederkunft des Aberglaubens verhindert würde.<lb/> Die Bibel, nicht theologisch, sondern vernünftig und mit Bürgersinn betrachtet,<lb/> enthält einerseits freilich viel, das für andere Zeiten und Länder war, aber<lb/> auch die herrlichsten Sachen sowol zum Trost bei der Mühe des Lebens, als<lb/> zur Ermunterung der vortrefflichsten Tugenden. Dabei ist sie von der Geist¬<lb/> lichkeit aller Sekten freilich auss äußerste verunstaltet worden; und es wäre<lb/> überhaupt zu wünschen, daß man diesen Herren ihr Monopol mit Gottes Wort<lb/> nehmen könnte, sie haben letzteres nach dein Ebenbild ihrer eigenen engen,<lb/> kleinen oder eiteln Seelen gebildet." — Das klingt freilich etwas anders,<lb/> als in den Briefen an Jacobi, und man muß das Schreiben an seinen<lb/> Bruder, 5. August 1783, damit vergleichen: „Mit Jacobi und Nicolai bin<lb/> ich manchmal wie zwischen Hammer und Ambos; beide schicken mir ihre<lb/> gegeneinanderlaufenden Scripta; ich mit geziemender Höflichkeit, lobe das<lb/> Lobenswerthc, schweige oft über das, was ich nicht billige, bin aber<lb/> im Herzen freilich voll Unwillen über die Jesuitenjägerei (— am hef¬<lb/> tigsten im Brief an Jacobi 4. Aug. 17 88 —), und kann nicht anders, als<lb/> Jacobi und Lavater in der Hauptsache recht geben." - Nach einer Lectüre<lb/> des Augustin, 30. Jan. 178!): „Die Empfindung der Bäter reißt hin; ihre<lb/> Schlüsse aber sind erbärmlich und wer den Beweis des Christenthums nicht<lb/> im Herzen hat, würde durch ihre Beweise wol eher zum Unchristen. Augu-<lb/> stinus war ein großer Geist und eine gefühlvolle Seele; er ist mir ungemein<lb/> lieb; aber sein Allegorisiren und sein Subtilisiren ist manchmal ganz unlesbar.<lb/> Aber am unausstehlichsten ist mir die Intoleranz und die Schiefheit ihres<lb/> Gesichtspunktes in Ansehung der großen Männer des Alterthums; diese Bor¬<lb/> urtheile verengten ihren Geist und ihr Herz; es ist abscheulich, wie diese lieben<lb/> Heiligen mit Gott umgegangen sind, was für einen Caligula sie aus der<lb/> ewigen Liebe gemacht haben. Hierin sind wir doch wirklich besser. Hingegen<lb/> ist nichts über die Salbung, womit sie vom Heiland sprechen. Das hängt<lb/> bei ihnen zusammen, und mußte so sein, sonst wäre unsere Religion nicht<lb/> gepflanzt worden. Gott ist alles in allem, der Mensch weiß nicht was er<lb/> thut." — 30. Sept. 1789. „Man wird in Europa erst noch fühlen, was der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0152]
lehren meinen Gott, von welchem ich gerettet worden ans Gefahren, die nicht
jeder weiß!" (25. Febr. 1788.) - An Nicolai, der ihn früher wegen seiner
unvorsichtigen Ausfülle gegen das Christenthum zurechtgewiesen, 27. Febr.
1788: „Seither habe ich durch bessere Studien des Alterthums und Orients
für die Schriften der alten Hebräer mehr Achtung bekommen; zugleich über¬
zeugte mich die genauere Kenntniß der Menschen, die mir meine Reisen ver¬
schafft, es sei nützlich und wol nothwendig, den allgemein als moralisch
wichtig erkannten Wahrheiten bei der Menge durch die Bibel eine gewisse
Haltung zu geben, wodurch nicht nur der Ausgelassenheit ein Zaum angelegt,
sondern zumal auch die Wiederkunft des Aberglaubens verhindert würde.
Die Bibel, nicht theologisch, sondern vernünftig und mit Bürgersinn betrachtet,
enthält einerseits freilich viel, das für andere Zeiten und Länder war, aber
auch die herrlichsten Sachen sowol zum Trost bei der Mühe des Lebens, als
zur Ermunterung der vortrefflichsten Tugenden. Dabei ist sie von der Geist¬
lichkeit aller Sekten freilich auss äußerste verunstaltet worden; und es wäre
überhaupt zu wünschen, daß man diesen Herren ihr Monopol mit Gottes Wort
nehmen könnte, sie haben letzteres nach dein Ebenbild ihrer eigenen engen,
kleinen oder eiteln Seelen gebildet." — Das klingt freilich etwas anders,
als in den Briefen an Jacobi, und man muß das Schreiben an seinen
Bruder, 5. August 1783, damit vergleichen: „Mit Jacobi und Nicolai bin
ich manchmal wie zwischen Hammer und Ambos; beide schicken mir ihre
gegeneinanderlaufenden Scripta; ich mit geziemender Höflichkeit, lobe das
Lobenswerthc, schweige oft über das, was ich nicht billige, bin aber
im Herzen freilich voll Unwillen über die Jesuitenjägerei (— am hef¬
tigsten im Brief an Jacobi 4. Aug. 17 88 —), und kann nicht anders, als
Jacobi und Lavater in der Hauptsache recht geben." - Nach einer Lectüre
des Augustin, 30. Jan. 178!): „Die Empfindung der Bäter reißt hin; ihre
Schlüsse aber sind erbärmlich und wer den Beweis des Christenthums nicht
im Herzen hat, würde durch ihre Beweise wol eher zum Unchristen. Augu-
stinus war ein großer Geist und eine gefühlvolle Seele; er ist mir ungemein
lieb; aber sein Allegorisiren und sein Subtilisiren ist manchmal ganz unlesbar.
Aber am unausstehlichsten ist mir die Intoleranz und die Schiefheit ihres
Gesichtspunktes in Ansehung der großen Männer des Alterthums; diese Bor¬
urtheile verengten ihren Geist und ihr Herz; es ist abscheulich, wie diese lieben
Heiligen mit Gott umgegangen sind, was für einen Caligula sie aus der
ewigen Liebe gemacht haben. Hierin sind wir doch wirklich besser. Hingegen
ist nichts über die Salbung, womit sie vom Heiland sprechen. Das hängt
bei ihnen zusammen, und mußte so sein, sonst wäre unsere Religion nicht
gepflanzt worden. Gott ist alles in allem, der Mensch weiß nicht was er
thut." — 30. Sept. 1789. „Man wird in Europa erst noch fühlen, was der
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |