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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Bilder ans Griechenland.
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Von Athen nach Megara. -- Unsere Karavane. -- Korinth und
der Isthmus.

Um in Griechenland zu reisen, bedarf es einer Leibesverfassung, welche
das Reiten verträgt, eines Geldbeutels, der täglich zehn Gulden östreichisch
hergibt, ohne zu knurren, und eines Führers, welcher der Landessprache, des
Weges und der Orte, wo die beste Herberge zu haben, kundig ist. Unsre Na¬
tur und unsre Börse hatte gegen jene Bedingungen nichts Wesentliches einzu¬
wenden, und der Führer und Dolmetscher war auch bald gefunden. Es war
unser Fremdenfänger vom Dampfschiff, der Zantiote Spiro Mavriki. Sein
Aeußeres erweckte wenig Vertrauen, und nur nach langem Zögern entschlossen
wir uns, ihn zu nehmen. Aber der Schein trügt. Spiro erwies sich in sei¬
ner Art vortrefflich. Er versprach, für Pferde, Maulthiere, ein Zelt, Betten,
Essen und Wein so gut ihn das Land liefere, zu sorgen, die Erkenntlichkeiten für
etwa nöthig werdende Unterkunft in Khans oder Bauernhäusern zu berichtigen
und uns binnen neunzehn Tagen nach den ihm vorgezeichneten Orten in Nord-
gnechenland und der Moreo. hin und zurückzubringen. Wir dagegen verpflichteten
uns, ihm dafür der Mann täglich einen Sovereign zu zahlen, ein Drittel der Ge-
sammtsumme im Voraus, den Rest nach erfolgter Rückkehr in Athen. Er hat
ehrlich gehalten, was er zugesagt, ja mehr gethan, als wir erwarteten/und
gern fügte ich beim Abschied den fünfundzwanzig guten Zeugnissen seines
Fremdenstammbuchs das Sechsundzwanzigste hinzu.

Dienstag den 25. Mai früh 9 Uhr, wie am Abend vorher ausgemacht
worden, meldete uns Spiro, daß die Pferde bereit ständen, und eine halbe
Stunde später trabten wir schon auf der heiligen Straße nach Eleusis an den
Silberpappeln des botanischen Gartens vorüber und durch den Olivenwald
des Kephissus auf die Senkung zwischen den Bergen Poikilon und Korydallus
zu, in welcher das Kloster Daphni liegt. Jene Silberpappeln stehen an
der Stelle, wo einst das Dorf Lakiadai, der Geburtsort des Miltiades und
Kimon stand. Diese Berge sahen im peloponnesischen Krieg Alkibiades die
Wallsahrtsprocession der Eingeweihten mitten durch die in scheuem Staunen
unthätigen Feinde nach der Stätte der Mysterienfeier führen. Die Felder am
Fuße des Gebirges sind mager. Zwischen ihnen stocken sich steinige Weide¬
gründe, auf denen wilder Thymian wuchert. Auf den Höhen tritt hier und
da neben krüppelhaften Fichten und anderm niederen Strauchwerk der Fels z"


Bilder ans Griechenland.
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Von Athen nach Megara. — Unsere Karavane. — Korinth und
der Isthmus.

Um in Griechenland zu reisen, bedarf es einer Leibesverfassung, welche
das Reiten verträgt, eines Geldbeutels, der täglich zehn Gulden östreichisch
hergibt, ohne zu knurren, und eines Führers, welcher der Landessprache, des
Weges und der Orte, wo die beste Herberge zu haben, kundig ist. Unsre Na¬
tur und unsre Börse hatte gegen jene Bedingungen nichts Wesentliches einzu¬
wenden, und der Führer und Dolmetscher war auch bald gefunden. Es war
unser Fremdenfänger vom Dampfschiff, der Zantiote Spiro Mavriki. Sein
Aeußeres erweckte wenig Vertrauen, und nur nach langem Zögern entschlossen
wir uns, ihn zu nehmen. Aber der Schein trügt. Spiro erwies sich in sei¬
ner Art vortrefflich. Er versprach, für Pferde, Maulthiere, ein Zelt, Betten,
Essen und Wein so gut ihn das Land liefere, zu sorgen, die Erkenntlichkeiten für
etwa nöthig werdende Unterkunft in Khans oder Bauernhäusern zu berichtigen
und uns binnen neunzehn Tagen nach den ihm vorgezeichneten Orten in Nord-
gnechenland und der Moreo. hin und zurückzubringen. Wir dagegen verpflichteten
uns, ihm dafür der Mann täglich einen Sovereign zu zahlen, ein Drittel der Ge-
sammtsumme im Voraus, den Rest nach erfolgter Rückkehr in Athen. Er hat
ehrlich gehalten, was er zugesagt, ja mehr gethan, als wir erwarteten/und
gern fügte ich beim Abschied den fünfundzwanzig guten Zeugnissen seines
Fremdenstammbuchs das Sechsundzwanzigste hinzu.

Dienstag den 25. Mai früh 9 Uhr, wie am Abend vorher ausgemacht
worden, meldete uns Spiro, daß die Pferde bereit ständen, und eine halbe
Stunde später trabten wir schon auf der heiligen Straße nach Eleusis an den
Silberpappeln des botanischen Gartens vorüber und durch den Olivenwald
des Kephissus auf die Senkung zwischen den Bergen Poikilon und Korydallus
zu, in welcher das Kloster Daphni liegt. Jene Silberpappeln stehen an
der Stelle, wo einst das Dorf Lakiadai, der Geburtsort des Miltiades und
Kimon stand. Diese Berge sahen im peloponnesischen Krieg Alkibiades die
Wallsahrtsprocession der Eingeweihten mitten durch die in scheuem Staunen
unthätigen Feinde nach der Stätte der Mysterienfeier führen. Die Felder am
Fuße des Gebirges sind mager. Zwischen ihnen stocken sich steinige Weide¬
gründe, auf denen wilder Thymian wuchert. Auf den Höhen tritt hier und
da neben krüppelhaften Fichten und anderm niederen Strauchwerk der Fels z"


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[0430] Bilder ans Griechenland. WMMM Cllü f^MftM^' - >' ni^ :^»>^'1/^' Von Athen nach Megara. — Unsere Karavane. — Korinth und der Isthmus. Um in Griechenland zu reisen, bedarf es einer Leibesverfassung, welche das Reiten verträgt, eines Geldbeutels, der täglich zehn Gulden östreichisch hergibt, ohne zu knurren, und eines Führers, welcher der Landessprache, des Weges und der Orte, wo die beste Herberge zu haben, kundig ist. Unsre Na¬ tur und unsre Börse hatte gegen jene Bedingungen nichts Wesentliches einzu¬ wenden, und der Führer und Dolmetscher war auch bald gefunden. Es war unser Fremdenfänger vom Dampfschiff, der Zantiote Spiro Mavriki. Sein Aeußeres erweckte wenig Vertrauen, und nur nach langem Zögern entschlossen wir uns, ihn zu nehmen. Aber der Schein trügt. Spiro erwies sich in sei¬ ner Art vortrefflich. Er versprach, für Pferde, Maulthiere, ein Zelt, Betten, Essen und Wein so gut ihn das Land liefere, zu sorgen, die Erkenntlichkeiten für etwa nöthig werdende Unterkunft in Khans oder Bauernhäusern zu berichtigen und uns binnen neunzehn Tagen nach den ihm vorgezeichneten Orten in Nord- gnechenland und der Moreo. hin und zurückzubringen. Wir dagegen verpflichteten uns, ihm dafür der Mann täglich einen Sovereign zu zahlen, ein Drittel der Ge- sammtsumme im Voraus, den Rest nach erfolgter Rückkehr in Athen. Er hat ehrlich gehalten, was er zugesagt, ja mehr gethan, als wir erwarteten/und gern fügte ich beim Abschied den fünfundzwanzig guten Zeugnissen seines Fremdenstammbuchs das Sechsundzwanzigste hinzu. Dienstag den 25. Mai früh 9 Uhr, wie am Abend vorher ausgemacht worden, meldete uns Spiro, daß die Pferde bereit ständen, und eine halbe Stunde später trabten wir schon auf der heiligen Straße nach Eleusis an den Silberpappeln des botanischen Gartens vorüber und durch den Olivenwald des Kephissus auf die Senkung zwischen den Bergen Poikilon und Korydallus zu, in welcher das Kloster Daphni liegt. Jene Silberpappeln stehen an der Stelle, wo einst das Dorf Lakiadai, der Geburtsort des Miltiades und Kimon stand. Diese Berge sahen im peloponnesischen Krieg Alkibiades die Wallsahrtsprocession der Eingeweihten mitten durch die in scheuem Staunen unthätigen Feinde nach der Stätte der Mysterienfeier führen. Die Felder am Fuße des Gebirges sind mager. Zwischen ihnen stocken sich steinige Weide¬ gründe, auf denen wilder Thymian wuchert. Auf den Höhen tritt hier und da neben krüppelhaften Fichten und anderm niederen Strauchwerk der Fels z"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/430>, abgerufen am 22.07.2024.