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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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lausche Aufführungen bestimmten sogenannten Odeen) unbedeckt. Ein Schutz
gegen den Brand und das blendende Licht der südlichen Sonne war also
um so mehr ein Bedürfniß, als die meisten regelmäßigen Feste, die mit
Schauspielen gefeiert wurden, in den Frühling und Sommer sielen; von No¬
vember bis April stand die Bühne leer. Doch wurden erst zu Ende der
Republik Einrichtungen getroffen, um diesem Bedürfniß zu entsprechen. Um
die Hitze zu mildern, ließ Pompejus Wasser ins Theater leiten, und bald
waren die Zuschauer daran gewohnt, daß die Lust durch Strahlen wohl¬
riechender Fontainen gekühlt wurde, welche künstliche Werke bis zu einer
erstaunlichen Höhe trieben. Ein hierzu besonders angewandtes und überhaupt
im römischen Alterthum sehr beliebtes Ingrediens war Safran. Im Jahre
60 v. Chr. hatte der Prätor zum erstenmal bei der Feier der Apollinarischen
Spiele (vom 6. bis 12. Juli) den Zuschauerraum mit einem Zeltdach
überspannt. Lucrez schildert in einer bekannten (von Goethe in der Farben¬
lehre citirten) Stelle wie die gelben, rothen und blauen Flächen der Leinwand
im Winde schwankend auf Zuschauer und Bühne ihren beweglichen Wider¬
schein ergießen. Bei den Schauspielen, die Nero dem Partherkönige Tiridates
gab, war der Grund des Zeltdachs purpurn mit goldenen Sternen, und die
Figur Neros als Wagenlenker darauf gestickt. Auch die Theater kleinerer
Orte entbehrten dieses Luxus nicht; an der Bühne des Theaters von Orange
z. B. sieht man noch die am obern Maucrrande vorspringenden durchlöcherten
Steine, in denen die Masten steckten, welche das Zeltdach trugen, und da die
in Pompeji in Mauerinschriften erhaltenen Anzeigen von amphitheatralischen
Spielen gewöhnlich "ein Zeltdach und Sprengungen" verheißen, so folgt,
daß beides auch im Theater stattfand, das viel leichter zu überspannen war.

In der plautinischen Zeit wurde, wie Mommsen bemerkt hat, in der
Regel an jedem Tage nur ein Stück aufgeführt, das die Zeit zwischen dem
Frühstück und der Hauptmahlzeit ausfüllte, also etwa die ersten Nachmittags¬
stunden. In Ciceros Zeit begannen die Theaterspiele bereits (wie die übrigen
Feste) am frühen Morgen und dauerten (wenigstens sehr häusig) mit einer
Pause um Mittag den ganzen Tag, was auch für die spätere Zeit gilt.
'

Für die Plätze der Zuschauer hatte August umfassende und sehr ins
Einzelne gehende Bestimmungen getroffen, die im Ganzen während der folgen¬
den Zeit unverändert geblieben zu sein scheinen. Da auf dem römischen Theater
der Chor des griechischen Dramas immer nur eine sehr untergeordnete Rolle
gespielt hat, so wurde der im griechischen Theater für ihn bestimmte Raum,
die Orchestra (d. h. Tanzplatz) zu den Sitzplätzen der Senatoren verwandt.
Hier saßen auch fremde Fürsten, die mit Rom in freundlichem Verhältniß
standen und ihre Gesandten. Doch wurde dies Recht immer als eine beson¬
dere Auszeichnung angesehn. Julius Cäsar ertheilte es z. B. dem Juden


lausche Aufführungen bestimmten sogenannten Odeen) unbedeckt. Ein Schutz
gegen den Brand und das blendende Licht der südlichen Sonne war also
um so mehr ein Bedürfniß, als die meisten regelmäßigen Feste, die mit
Schauspielen gefeiert wurden, in den Frühling und Sommer sielen; von No¬
vember bis April stand die Bühne leer. Doch wurden erst zu Ende der
Republik Einrichtungen getroffen, um diesem Bedürfniß zu entsprechen. Um
die Hitze zu mildern, ließ Pompejus Wasser ins Theater leiten, und bald
waren die Zuschauer daran gewohnt, daß die Lust durch Strahlen wohl¬
riechender Fontainen gekühlt wurde, welche künstliche Werke bis zu einer
erstaunlichen Höhe trieben. Ein hierzu besonders angewandtes und überhaupt
im römischen Alterthum sehr beliebtes Ingrediens war Safran. Im Jahre
60 v. Chr. hatte der Prätor zum erstenmal bei der Feier der Apollinarischen
Spiele (vom 6. bis 12. Juli) den Zuschauerraum mit einem Zeltdach
überspannt. Lucrez schildert in einer bekannten (von Goethe in der Farben¬
lehre citirten) Stelle wie die gelben, rothen und blauen Flächen der Leinwand
im Winde schwankend auf Zuschauer und Bühne ihren beweglichen Wider¬
schein ergießen. Bei den Schauspielen, die Nero dem Partherkönige Tiridates
gab, war der Grund des Zeltdachs purpurn mit goldenen Sternen, und die
Figur Neros als Wagenlenker darauf gestickt. Auch die Theater kleinerer
Orte entbehrten dieses Luxus nicht; an der Bühne des Theaters von Orange
z. B. sieht man noch die am obern Maucrrande vorspringenden durchlöcherten
Steine, in denen die Masten steckten, welche das Zeltdach trugen, und da die
in Pompeji in Mauerinschriften erhaltenen Anzeigen von amphitheatralischen
Spielen gewöhnlich „ein Zeltdach und Sprengungen" verheißen, so folgt,
daß beides auch im Theater stattfand, das viel leichter zu überspannen war.

In der plautinischen Zeit wurde, wie Mommsen bemerkt hat, in der
Regel an jedem Tage nur ein Stück aufgeführt, das die Zeit zwischen dem
Frühstück und der Hauptmahlzeit ausfüllte, also etwa die ersten Nachmittags¬
stunden. In Ciceros Zeit begannen die Theaterspiele bereits (wie die übrigen
Feste) am frühen Morgen und dauerten (wenigstens sehr häusig) mit einer
Pause um Mittag den ganzen Tag, was auch für die spätere Zeit gilt.
'

Für die Plätze der Zuschauer hatte August umfassende und sehr ins
Einzelne gehende Bestimmungen getroffen, die im Ganzen während der folgen¬
den Zeit unverändert geblieben zu sein scheinen. Da auf dem römischen Theater
der Chor des griechischen Dramas immer nur eine sehr untergeordnete Rolle
gespielt hat, so wurde der im griechischen Theater für ihn bestimmte Raum,
die Orchestra (d. h. Tanzplatz) zu den Sitzplätzen der Senatoren verwandt.
Hier saßen auch fremde Fürsten, die mit Rom in freundlichem Verhältniß
standen und ihre Gesandten. Doch wurde dies Recht immer als eine beson¬
dere Auszeichnung angesehn. Julius Cäsar ertheilte es z. B. dem Juden


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[0290] lausche Aufführungen bestimmten sogenannten Odeen) unbedeckt. Ein Schutz gegen den Brand und das blendende Licht der südlichen Sonne war also um so mehr ein Bedürfniß, als die meisten regelmäßigen Feste, die mit Schauspielen gefeiert wurden, in den Frühling und Sommer sielen; von No¬ vember bis April stand die Bühne leer. Doch wurden erst zu Ende der Republik Einrichtungen getroffen, um diesem Bedürfniß zu entsprechen. Um die Hitze zu mildern, ließ Pompejus Wasser ins Theater leiten, und bald waren die Zuschauer daran gewohnt, daß die Lust durch Strahlen wohl¬ riechender Fontainen gekühlt wurde, welche künstliche Werke bis zu einer erstaunlichen Höhe trieben. Ein hierzu besonders angewandtes und überhaupt im römischen Alterthum sehr beliebtes Ingrediens war Safran. Im Jahre 60 v. Chr. hatte der Prätor zum erstenmal bei der Feier der Apollinarischen Spiele (vom 6. bis 12. Juli) den Zuschauerraum mit einem Zeltdach überspannt. Lucrez schildert in einer bekannten (von Goethe in der Farben¬ lehre citirten) Stelle wie die gelben, rothen und blauen Flächen der Leinwand im Winde schwankend auf Zuschauer und Bühne ihren beweglichen Wider¬ schein ergießen. Bei den Schauspielen, die Nero dem Partherkönige Tiridates gab, war der Grund des Zeltdachs purpurn mit goldenen Sternen, und die Figur Neros als Wagenlenker darauf gestickt. Auch die Theater kleinerer Orte entbehrten dieses Luxus nicht; an der Bühne des Theaters von Orange z. B. sieht man noch die am obern Maucrrande vorspringenden durchlöcherten Steine, in denen die Masten steckten, welche das Zeltdach trugen, und da die in Pompeji in Mauerinschriften erhaltenen Anzeigen von amphitheatralischen Spielen gewöhnlich „ein Zeltdach und Sprengungen" verheißen, so folgt, daß beides auch im Theater stattfand, das viel leichter zu überspannen war. In der plautinischen Zeit wurde, wie Mommsen bemerkt hat, in der Regel an jedem Tage nur ein Stück aufgeführt, das die Zeit zwischen dem Frühstück und der Hauptmahlzeit ausfüllte, also etwa die ersten Nachmittags¬ stunden. In Ciceros Zeit begannen die Theaterspiele bereits (wie die übrigen Feste) am frühen Morgen und dauerten (wenigstens sehr häusig) mit einer Pause um Mittag den ganzen Tag, was auch für die spätere Zeit gilt. ' Für die Plätze der Zuschauer hatte August umfassende und sehr ins Einzelne gehende Bestimmungen getroffen, die im Ganzen während der folgen¬ den Zeit unverändert geblieben zu sein scheinen. Da auf dem römischen Theater der Chor des griechischen Dramas immer nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat, so wurde der im griechischen Theater für ihn bestimmte Raum, die Orchestra (d. h. Tanzplatz) zu den Sitzplätzen der Senatoren verwandt. Hier saßen auch fremde Fürsten, die mit Rom in freundlichem Verhältniß standen und ihre Gesandten. Doch wurde dies Recht immer als eine beson¬ dere Auszeichnung angesehn. Julius Cäsar ertheilte es z. B. dem Juden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/290>, abgerufen am 22.07.2024.