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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Fragment wird das Folgende getreu mitgetheilte ?tur einzelne Ausdrucke
sind, so weit es hier nöthig war, in unsere Redeweise übertragen, und
die Reihenfolge der Begebenheiten, welche in seiner Selbstbiographie durch-
cinandcrlnufen, ist hier nach den Jahren geordnet. Böhinger war Gymna¬
siast zu Koburg, während der Kipperzeit Student zu Jena gewesen, wurde
1626 Pfarrer zu Poppenhauscn. Im Frühjahr 1627 war der junge Pfarrer
in Begriff, Herrn Michael Böhme's. Bürgers und Raths zu Heldburg einzige
Tochter, Namens Ursula, zu freien.

"Als nun a. 1627. Dienstag nach Iubilate alle Präparatoria dazu ge¬
macht waren, kamen eben an solchem Tag 8000 Mann Sachsen-Lauenburgi-
sches Volt, nebst dem Fürsten selbst, vor Heldburg, schlugen ein Feldlager
auf dem Samen, verderbten in acht Tagen die Stadt und das Amt dermaßen,
daß weder Kalb noch Lamm, weder Bier noch Wein mehr zu bekommen war.
Es wurde aus allen Aemtern.Proviant zugcführet. und konnten dennoch kaum
die fürstlichen Officwund Beamten unter rhncn aushalten. Wurden wegen Kälte,
so einfiel, in die Stadt und Dorfschaften etliche Tag eingelegt. Da bin ich
zu Poppenhauscn im Pfarrhaus das erste Mal geplündert worden. Denn ich
hatte nicht allein nichts verwahret, sondern vielmehr zugeschicket, als wenn
ich einen ehrlichen Gast oder Officirer Herbergen wollte. Kam um mein
Weißzeug, Bettgcräth. Hemden u. .s. w. Denn ich wußte noch nicht, daß die
Soldaten Mauser wären, und alles mitnahmen. Musee der Landesfürst. Her¬
zig Casimir. selber nach Heldburg reisen, und stellte dem Lauenburger ein
fürstliches Banquet an. schenkte ihm etliche stattliche Rosse und 8000 THU.,
damit er ihn nur hinwegbrächtc. Nach diesem Unglück fand sich allenthalben
der Segen Gottes wieder ein zur Verwunderung. Denn die Wintersaat auf
Hellingen zu war wegen der Hütten, Quartier und Feuer. deren viel tausend
zu sehen waren, im Grund weg. mel 100V Hütten, viel i"t> Schock Stroh
und anderes waren da beisammen, sie machten mehr eine Wüste, als Aecker
aus. Gleichwol wuchs aus diesen gebrannten Hüttenstättcn und Gruben so
eine dicke Saat, daß dasselbe Jahr ein Ueberfluß der Winterfrucht war. Mi-
raculum!---So gewann meine Hochzeit ihren Fortgang am Dienstag nach Exaudi,
und ward gehalten anf dem Rathhaus. --

Fünf Jahre lang war ein ruhiger Stand im Land bis anno 32, außer
daß mancher kaiserliche Zug zu 2, 3 und mehr Regimentern hin und Herzog,
die im Amt Heldburg auch ost Quartier nahmen, und ausmergelten. Ich
hatte zu Poppenhausen keine Noth. Wollte wünschen, daß ichs jetzo so gut
hatte. als ichs vorm Krieg gehabt. Da aber das Feuer des Kriegs wollte
""kommen, reformirten die'benachbarten Bischöfe stark, schickten Jesuiten und
Mönche mit Diplomatibus ins Land, repctirtcn die geistlichen Güter und
Kloster. Die Fürsten hatten ihre Defensioner hin und wieder, welche bis-


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siast zu Koburg, während der Kipperzeit Student zu Jena gewesen, wurde
1626 Pfarrer zu Poppenhauscn. Im Frühjahr 1627 war der junge Pfarrer
in Begriff, Herrn Michael Böhme's. Bürgers und Raths zu Heldburg einzige
Tochter, Namens Ursula, zu freien.

„Als nun a. 1627. Dienstag nach Iubilate alle Präparatoria dazu ge¬
macht waren, kamen eben an solchem Tag 8000 Mann Sachsen-Lauenburgi-
sches Volt, nebst dem Fürsten selbst, vor Heldburg, schlugen ein Feldlager
auf dem Samen, verderbten in acht Tagen die Stadt und das Amt dermaßen,
daß weder Kalb noch Lamm, weder Bier noch Wein mehr zu bekommen war.
Es wurde aus allen Aemtern.Proviant zugcführet. und konnten dennoch kaum
die fürstlichen Officwund Beamten unter rhncn aushalten. Wurden wegen Kälte,
so einfiel, in die Stadt und Dorfschaften etliche Tag eingelegt. Da bin ich
zu Poppenhauscn im Pfarrhaus das erste Mal geplündert worden. Denn ich
hatte nicht allein nichts verwahret, sondern vielmehr zugeschicket, als wenn
ich einen ehrlichen Gast oder Officirer Herbergen wollte. Kam um mein
Weißzeug, Bettgcräth. Hemden u. .s. w. Denn ich wußte noch nicht, daß die
Soldaten Mauser wären, und alles mitnahmen. Musee der Landesfürst. Her¬
zig Casimir. selber nach Heldburg reisen, und stellte dem Lauenburger ein
fürstliches Banquet an. schenkte ihm etliche stattliche Rosse und 8000 THU.,
damit er ihn nur hinwegbrächtc. Nach diesem Unglück fand sich allenthalben
der Segen Gottes wieder ein zur Verwunderung. Denn die Wintersaat auf
Hellingen zu war wegen der Hütten, Quartier und Feuer. deren viel tausend
zu sehen waren, im Grund weg. mel 100V Hütten, viel i«t> Schock Stroh
und anderes waren da beisammen, sie machten mehr eine Wüste, als Aecker
aus. Gleichwol wuchs aus diesen gebrannten Hüttenstättcn und Gruben so
eine dicke Saat, daß dasselbe Jahr ein Ueberfluß der Winterfrucht war. Mi-
raculum!-—So gewann meine Hochzeit ihren Fortgang am Dienstag nach Exaudi,
und ward gehalten anf dem Rathhaus. —

Fünf Jahre lang war ein ruhiger Stand im Land bis anno 32, außer
daß mancher kaiserliche Zug zu 2, 3 und mehr Regimentern hin und Herzog,
die im Amt Heldburg auch ost Quartier nahmen, und ausmergelten. Ich
hatte zu Poppenhausen keine Noth. Wollte wünschen, daß ichs jetzo so gut
hatte. als ichs vorm Krieg gehabt. Da aber das Feuer des Kriegs wollte
""kommen, reformirten die'benachbarten Bischöfe stark, schickten Jesuiten und
Mönche mit Diplomatibus ins Land, repctirtcn die geistlichen Güter und
Kloster. Die Fürsten hatten ihre Defensioner hin und wieder, welche bis-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/59>, abgerufen am 27.07.2024.