Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.auch mit ihnen nur Nebenhergehendes, Vorläufiges, keineswegs der allein Die-Ehre Deutschlands wird nur gewahrt werden, wenn der nächste auch mit ihnen nur Nebenhergehendes, Vorläufiges, keineswegs der allein Die-Ehre Deutschlands wird nur gewahrt werden, wenn der nächste <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105781"/> <p xml:id="ID_1319" prev="#ID_1318"> auch mit ihnen nur Nebenhergehendes, Vorläufiges, keineswegs der allein<lb/> ersprießliche Abschluß der Frage für immer zu erreichen ist. Es handelt sich<lb/> hier nicht um größere oder geringere Zugeständnisse Dänemarks, sondern um<lb/> eine Reconstruction des ganzen Staats aus Grundlage seiner geschichtlichen<lb/> Entwicklung. Die staatsrechtliche Stellung der Herzogthümer Schleswig-<lb/> Holstein könnte zunächst in der Gestalt, wie sie vor 1848 bestand, denselben<lb/> wiedergegeben werden, und da das Königreich Dänemark inzwischen ein<lb/> konstitutioneller Staat geworden ist, so wäre, um das nothwendige Gleich¬<lb/> gewicht herzustellen, den Herzogtümern eine der dänischen ähnliche Verfassung<lb/> zu verleihen. Das londoner Protokoll macht ein Schleswig-Holstein in der<lb/> dänischen Monarchie nicht unmöglich. Da die Dänen aber mit Recht nichts<lb/> so sehr fürchten, als eine solche Selbständigkeit und ein solches Vereinigt¬<lb/> sein der deutschen Elemente im deutsch-dänischen Staat, so ist die Hoffnung<lb/> nicht ausgeschlossen, es werde sich noch eine Lösung finden lassen, die unsern<lb/> Interessen und rechtverstanden auch denen Dänemarks günstiger ist. Wieder¬<lb/> herstellung der vormärzlichen Verhältnisse in Schleswig-Holstein und Verleihung<lb/> constitutioneller Rechte an dieselben hieße nach der Meinung der Dänen den<lb/> Staat Dänemark vernichten, und bei dieser Ansicht würden sie, wenn jenes<lb/> mit Energie gefordert würde, zu einem Opfer geneigt sein. Mit dem Opfer<lb/> Holsteins allein, welches uns jetzt von den eiderdünischen Blättern angebo¬<lb/> ten wnd, können wir uns nicht begnügen. Es gab eine Zeit, wo man<lb/> vielleicht in Deutschland mit einer Ausscheidung Holstein-Lauenburgs aus der<lb/> dänischen Monarchie, vorausgesetzt, daß diese eine vollständige, das Herzog-<lb/> rhum aus jedem Zusammenhang mit Dänemark lösende gewesen, hätte zu¬<lb/> frieden sein tonnen. Man hätte das Nechtsprincip über dem Nutzen ver¬<lb/> gessen, sür den sofortigen unangefochtenen Besitz des kieler Hafens und der<lb/> Eiderfestung Rendsburg die unsichern Aussichten auf Schleswig opfern kön¬<lb/> nen. Das war vor dem Kriege. Die Frage wurde indeß damals nicht auf¬<lb/> geworfen. Jetzt ist ein Zusammengehen der deutschen Patrioten mit den<lb/> Eiderdunen schon deshalb unmöglich, weil ein Aufgeben Schleswigs, um<lb/> dessen willen der Krieg ganz allein geführt wurde, gegen die Ehre Deutsch¬<lb/> lands ist. Davon abgesehen bedürfen wir zum sichern Besitz des kieler Ha¬<lb/> fens mindestens Schleswig bis zum Dannewerk, der Schlei und den Treene-<lb/> sümpfcn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1320" next="#ID_1321"> Die-Ehre Deutschlands wird nur gewahrt werden, wenn der nächste<lb/> nationale Gesichtspunkt, der sich auch mit der Billigkeit verträgt und in die¬<lb/> ser Beziehung bereits einmal von England empfohlen wurde, betreten, wenn<lb/> die Sprachgrenze zur politischen Grenze gemacht wird, wenn man eine Linie<lb/> von Flensburg nach Tondern zieht, die, wofern sie in der Mitte ein wenig<lb/> nach Süden einbiegt, beiden Nationalitäten Gerechtigkeit widerfahren läßt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
auch mit ihnen nur Nebenhergehendes, Vorläufiges, keineswegs der allein
ersprießliche Abschluß der Frage für immer zu erreichen ist. Es handelt sich
hier nicht um größere oder geringere Zugeständnisse Dänemarks, sondern um
eine Reconstruction des ganzen Staats aus Grundlage seiner geschichtlichen
Entwicklung. Die staatsrechtliche Stellung der Herzogthümer Schleswig-
Holstein könnte zunächst in der Gestalt, wie sie vor 1848 bestand, denselben
wiedergegeben werden, und da das Königreich Dänemark inzwischen ein
konstitutioneller Staat geworden ist, so wäre, um das nothwendige Gleich¬
gewicht herzustellen, den Herzogtümern eine der dänischen ähnliche Verfassung
zu verleihen. Das londoner Protokoll macht ein Schleswig-Holstein in der
dänischen Monarchie nicht unmöglich. Da die Dänen aber mit Recht nichts
so sehr fürchten, als eine solche Selbständigkeit und ein solches Vereinigt¬
sein der deutschen Elemente im deutsch-dänischen Staat, so ist die Hoffnung
nicht ausgeschlossen, es werde sich noch eine Lösung finden lassen, die unsern
Interessen und rechtverstanden auch denen Dänemarks günstiger ist. Wieder¬
herstellung der vormärzlichen Verhältnisse in Schleswig-Holstein und Verleihung
constitutioneller Rechte an dieselben hieße nach der Meinung der Dänen den
Staat Dänemark vernichten, und bei dieser Ansicht würden sie, wenn jenes
mit Energie gefordert würde, zu einem Opfer geneigt sein. Mit dem Opfer
Holsteins allein, welches uns jetzt von den eiderdünischen Blättern angebo¬
ten wnd, können wir uns nicht begnügen. Es gab eine Zeit, wo man
vielleicht in Deutschland mit einer Ausscheidung Holstein-Lauenburgs aus der
dänischen Monarchie, vorausgesetzt, daß diese eine vollständige, das Herzog-
rhum aus jedem Zusammenhang mit Dänemark lösende gewesen, hätte zu¬
frieden sein tonnen. Man hätte das Nechtsprincip über dem Nutzen ver¬
gessen, sür den sofortigen unangefochtenen Besitz des kieler Hafens und der
Eiderfestung Rendsburg die unsichern Aussichten auf Schleswig opfern kön¬
nen. Das war vor dem Kriege. Die Frage wurde indeß damals nicht auf¬
geworfen. Jetzt ist ein Zusammengehen der deutschen Patrioten mit den
Eiderdunen schon deshalb unmöglich, weil ein Aufgeben Schleswigs, um
dessen willen der Krieg ganz allein geführt wurde, gegen die Ehre Deutsch¬
lands ist. Davon abgesehen bedürfen wir zum sichern Besitz des kieler Ha¬
fens mindestens Schleswig bis zum Dannewerk, der Schlei und den Treene-
sümpfcn.
Die-Ehre Deutschlands wird nur gewahrt werden, wenn der nächste
nationale Gesichtspunkt, der sich auch mit der Billigkeit verträgt und in die¬
ser Beziehung bereits einmal von England empfohlen wurde, betreten, wenn
die Sprachgrenze zur politischen Grenze gemacht wird, wenn man eine Linie
von Flensburg nach Tondern zieht, die, wofern sie in der Mitte ein wenig
nach Süden einbiegt, beiden Nationalitäten Gerechtigkeit widerfahren läßt.
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