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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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im die Sache selbst etwas genauer ansehen. Es gibt sehr viel Verhältnisse,
wo das Aufhören einer bestimmten Existenz, die des Vaters, des Ehemannes,
des Schuldners, einen andern in unabwendbare Nachtheile versetzen muß, ja
ihm selbst die ganze Ernährlmgssähigkeit rauben kann. Auf der andern Seite
hat andauernde Beobachtung den Schlüssel zur mittlern Existenz eines jeden
einzelnen Menschen gegeben, oder mit andern Worten gezeigt, welches der
Durchschnitt der noch bleibenden Lebensdauer für den einzelnen Menschen
ist. Es steht fest, daß die Sterblichkeit in den ersten Lebensjahren die
größte ist, daß sie bis zur Mannbarkeit fortschreitend abnimmt, dann wieder
aber langsam steigt, bis sie mit den vierziger Jahren und von da mit jedem
Jahrzehnt stärkere Proportionen annimmt. Es ist mit Zahlen ausgerechnet
worden, welchen Antheil jedes Jahr dabei nimmt. Wie man das gemacht
hat, darüber sehe man das Eingangs erwähnte Buch nach. Wir wollen hier
nur noch einige interessante Beobachtungen zufügen. Einmal daß man aus
dem Vergleiche früherer Tabellen annehmen kann, die durchschnittliche Lebens¬
dauer der einzelnen Menschen sei im Steigen begriffen, was bei den Fort¬
schritten in vernünftiger Gesnndheits- und Krankenpflege auch kaum Wunder
nehmen kann. Es läßt sich ferner nicht daran zweifeln, daß für verheiratete
Leute eine längere Lebensdauer in Aussicht steht, als für Unverheirathete, und
eine verschiedene für die einzelnen Beschäftigungen. Protestantische Pfarrer gehören
zu den langlebigsten menschlichen Geschöpfen auf der Erde, die Aerzte dagegen
scheinen für die längere Erhaltung des eigenen Lebens viel weniger Chancen
zu haben. Auch Lehrer können ziemlich alt und grau werden, Fabrikarbeiter
dagegen seltner und in bestimmten Thätigkeiten fast gar nicht. Es bedarf
wol keiner besondern Nachweisung der Ursachen für diese Verschiedenheiten.

Jene Bedürfnisse und diese Beobachtungen haben nun zur Errichtung von
Actiengesellschaften geführt, welche die Uebernahme solcher für die Ueberleben-
den aus bestimmten Todesfällen entstehenden Nachtheile gewerbmäßig betreiben,
sogenannte Lebensversicherungsanstalten. Man versichert dabei nicht das Leben,
wie sich von selbst versteht, sondern bestimmte an ein Leben geknüpfte pecu-
niäre Rücksichten. Von keiner Anstalt mehr als von diesen.läßt sich sagen,
daß die Garantie der Versicherten für Erfüllung der gegen sie übernommenen
Verbindlichkeiten mehr in der guten Vertheilung der zu übernehmenden Ga¬
rantie, als in der Größe des, Actiencapitals liegt. Schon die auf euren
festen Tag bestimmte Dauer einer Feuer- oder Seeversicherung macht beiden
Theilen die Uebersicht der Verhältnisse leichter; aber Jahre und Jahrzehnte
können .über eine Lebensversicherung hingehen, während die Anstalt, um zu
er.istiren. immer neue Gefahren auf sich nehmen muß. Neben den zuverläs¬
sigen Tabellen für durchschnittliche Lebensdaner, wie denn die geltenden es so
ziemlich alle sind, hat die Anstalt namentlich darauf zu sehen, daß die ver-


im die Sache selbst etwas genauer ansehen. Es gibt sehr viel Verhältnisse,
wo das Aufhören einer bestimmten Existenz, die des Vaters, des Ehemannes,
des Schuldners, einen andern in unabwendbare Nachtheile versetzen muß, ja
ihm selbst die ganze Ernährlmgssähigkeit rauben kann. Auf der andern Seite
hat andauernde Beobachtung den Schlüssel zur mittlern Existenz eines jeden
einzelnen Menschen gegeben, oder mit andern Worten gezeigt, welches der
Durchschnitt der noch bleibenden Lebensdauer für den einzelnen Menschen
ist. Es steht fest, daß die Sterblichkeit in den ersten Lebensjahren die
größte ist, daß sie bis zur Mannbarkeit fortschreitend abnimmt, dann wieder
aber langsam steigt, bis sie mit den vierziger Jahren und von da mit jedem
Jahrzehnt stärkere Proportionen annimmt. Es ist mit Zahlen ausgerechnet
worden, welchen Antheil jedes Jahr dabei nimmt. Wie man das gemacht
hat, darüber sehe man das Eingangs erwähnte Buch nach. Wir wollen hier
nur noch einige interessante Beobachtungen zufügen. Einmal daß man aus
dem Vergleiche früherer Tabellen annehmen kann, die durchschnittliche Lebens¬
dauer der einzelnen Menschen sei im Steigen begriffen, was bei den Fort¬
schritten in vernünftiger Gesnndheits- und Krankenpflege auch kaum Wunder
nehmen kann. Es läßt sich ferner nicht daran zweifeln, daß für verheiratete
Leute eine längere Lebensdauer in Aussicht steht, als für Unverheirathete, und
eine verschiedene für die einzelnen Beschäftigungen. Protestantische Pfarrer gehören
zu den langlebigsten menschlichen Geschöpfen auf der Erde, die Aerzte dagegen
scheinen für die längere Erhaltung des eigenen Lebens viel weniger Chancen
zu haben. Auch Lehrer können ziemlich alt und grau werden, Fabrikarbeiter
dagegen seltner und in bestimmten Thätigkeiten fast gar nicht. Es bedarf
wol keiner besondern Nachweisung der Ursachen für diese Verschiedenheiten.

Jene Bedürfnisse und diese Beobachtungen haben nun zur Errichtung von
Actiengesellschaften geführt, welche die Uebernahme solcher für die Ueberleben-
den aus bestimmten Todesfällen entstehenden Nachtheile gewerbmäßig betreiben,
sogenannte Lebensversicherungsanstalten. Man versichert dabei nicht das Leben,
wie sich von selbst versteht, sondern bestimmte an ein Leben geknüpfte pecu-
niäre Rücksichten. Von keiner Anstalt mehr als von diesen.läßt sich sagen,
daß die Garantie der Versicherten für Erfüllung der gegen sie übernommenen
Verbindlichkeiten mehr in der guten Vertheilung der zu übernehmenden Ga¬
rantie, als in der Größe des, Actiencapitals liegt. Schon die auf euren
festen Tag bestimmte Dauer einer Feuer- oder Seeversicherung macht beiden
Theilen die Uebersicht der Verhältnisse leichter; aber Jahre und Jahrzehnte
können .über eine Lebensversicherung hingehen, während die Anstalt, um zu
er.istiren. immer neue Gefahren auf sich nehmen muß. Neben den zuverläs¬
sigen Tabellen für durchschnittliche Lebensdaner, wie denn die geltenden es so
ziemlich alle sind, hat die Anstalt namentlich darauf zu sehen, daß die ver-


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[0469] im die Sache selbst etwas genauer ansehen. Es gibt sehr viel Verhältnisse, wo das Aufhören einer bestimmten Existenz, die des Vaters, des Ehemannes, des Schuldners, einen andern in unabwendbare Nachtheile versetzen muß, ja ihm selbst die ganze Ernährlmgssähigkeit rauben kann. Auf der andern Seite hat andauernde Beobachtung den Schlüssel zur mittlern Existenz eines jeden einzelnen Menschen gegeben, oder mit andern Worten gezeigt, welches der Durchschnitt der noch bleibenden Lebensdauer für den einzelnen Menschen ist. Es steht fest, daß die Sterblichkeit in den ersten Lebensjahren die größte ist, daß sie bis zur Mannbarkeit fortschreitend abnimmt, dann wieder aber langsam steigt, bis sie mit den vierziger Jahren und von da mit jedem Jahrzehnt stärkere Proportionen annimmt. Es ist mit Zahlen ausgerechnet worden, welchen Antheil jedes Jahr dabei nimmt. Wie man das gemacht hat, darüber sehe man das Eingangs erwähnte Buch nach. Wir wollen hier nur noch einige interessante Beobachtungen zufügen. Einmal daß man aus dem Vergleiche früherer Tabellen annehmen kann, die durchschnittliche Lebens¬ dauer der einzelnen Menschen sei im Steigen begriffen, was bei den Fort¬ schritten in vernünftiger Gesnndheits- und Krankenpflege auch kaum Wunder nehmen kann. Es läßt sich ferner nicht daran zweifeln, daß für verheiratete Leute eine längere Lebensdauer in Aussicht steht, als für Unverheirathete, und eine verschiedene für die einzelnen Beschäftigungen. Protestantische Pfarrer gehören zu den langlebigsten menschlichen Geschöpfen auf der Erde, die Aerzte dagegen scheinen für die längere Erhaltung des eigenen Lebens viel weniger Chancen zu haben. Auch Lehrer können ziemlich alt und grau werden, Fabrikarbeiter dagegen seltner und in bestimmten Thätigkeiten fast gar nicht. Es bedarf wol keiner besondern Nachweisung der Ursachen für diese Verschiedenheiten. Jene Bedürfnisse und diese Beobachtungen haben nun zur Errichtung von Actiengesellschaften geführt, welche die Uebernahme solcher für die Ueberleben- den aus bestimmten Todesfällen entstehenden Nachtheile gewerbmäßig betreiben, sogenannte Lebensversicherungsanstalten. Man versichert dabei nicht das Leben, wie sich von selbst versteht, sondern bestimmte an ein Leben geknüpfte pecu- niäre Rücksichten. Von keiner Anstalt mehr als von diesen.läßt sich sagen, daß die Garantie der Versicherten für Erfüllung der gegen sie übernommenen Verbindlichkeiten mehr in der guten Vertheilung der zu übernehmenden Ga¬ rantie, als in der Größe des, Actiencapitals liegt. Schon die auf euren festen Tag bestimmte Dauer einer Feuer- oder Seeversicherung macht beiden Theilen die Uebersicht der Verhältnisse leichter; aber Jahre und Jahrzehnte können .über eine Lebensversicherung hingehen, während die Anstalt, um zu er.istiren. immer neue Gefahren auf sich nehmen muß. Neben den zuverläs¬ sigen Tabellen für durchschnittliche Lebensdaner, wie denn die geltenden es so ziemlich alle sind, hat die Anstalt namentlich darauf zu sehen, daß die ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/469>, abgerufen am 22.12.2024.