Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.Von dem ganz im Sinn des bestehenden Systems erneuerten Ccmtonal- Von dem ganz im Sinn des bestehenden Systems erneuerten Ccmtonal- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105695"/> <p xml:id="ID_1082" next="#ID_1083"> Von dem ganz im Sinn des bestehenden Systems erneuerten Ccmtonal-<lb/> rath und dem im Wesentlichen gleichgearteten Ständerath ließ sich nichts Anderes<lb/> erwarten, als daß er auch den Bundesrat!) und seine bisherige Zusammensetzung<lb/> bestätigen würde. So geschah es denn auch. Die Mitglieder der obersten Executive<lb/> wurden vom ersten bis zum letzten wieder gewählt, an der Spiye, wie immer<lb/> seit 1848, mit fast an Einstimmigkeit grenzenden Mehr Dr. Furrer von Zürich.<lb/> Furrer ist ohne Frage der populärste aller schweizerischen Staatsmänner und<lb/> die politische Seele des Bundesrathes seit seiner Gründung. Hätten wir die<lb/> amerikanische Präsidentenwahl, so würde er sicherlich auch beim Volke bei<lb/> weitem die größte Stimmenzahl aus sich vereinigen, und selten hat ein Mann<lb/> durch die Vorzüge des Charakters wie des Talentes die Gunst des Volkes besser<lb/> verdient. Der Zweitgewählte war or. Stämpfli von Bern. Stämpfli ist<lb/> das thatkräftigste Mitglied des Bundesrath. Herr von Sydow vergaß zu er¬<lb/> zählen, wie wenig sich der Bundespräsident von 1856 einschüchtern ließ. Sein<lb/> Steckenpferd ist die Oronvahn, die er, im Gegensatz mit allen seinen Collegen,<lb/> bei der Bundesversammlung durchzuringen wußte und nun in ihrer Fort¬<lb/> setzung als Wcstostbahn (Bern - Luzern —Zürich) weiter patronisirt. Die im<lb/> Canton Bern herrschende liberale Partei folgt ihm fast blindlings, und da<lb/> Bern bekanntlich der größte und im Cantonalrath am stärksten (mit 23 Köpfen)<lb/> repräsentirte Canton ist, so darf Stämpflr hier immer auf einen sehr respec-<lb/> tabeln Anhang zählen. Dies verführt ihn aber nicht selten, an eidgenössischer<lb/> Stelle zu stark den Berner hervortreten zu lassen, was hinwieder seinen<lb/> Gegnern eine Waffe in die Hand liefert, unter welchen der nicht minder hart¬<lb/> näckige Escher von Zürich der gefährlichste ist. Der Drittgewählte war Knüse l<lb/> von Luzern, in welchem die liberalen Katholiken der innern Schweiz einen Ver¬<lb/> treter haben. Es folgte Frey-Herosöe von Aargau, unser Kriegsminister<lb/> und Chef'des Gcneralstabcs beim Aufgebot des letzten Winters und früher<lb/> im Sondcrbundfeldzug. Auf diesen Nass von Se. Gallen. Da in neuerer<lb/> Zeit die Disciplin im Postwesen nicht überall mit der gewünschten Schärfe<lb/> gehandhabt zu werden scheint, so hatte Herr Nass, der Chef dieses Departements,<lb/> manche herbe Angrisse zu bestehen; die Ständeversammlung ehrte aber in<lb/> seiner Wiederwahl ein unvergleichliches Geschick, alle irgendwie praktikabel»<lb/> Ideen im Gebiete des Post- und öffentlichen Bauwesens mit gesundem Blick<lb/> und ruhigem Muth ins Leben zu führen. Unter seiner Leitung ist das schwei¬<lb/> zerische Telcgraphenweseu nach den wenigen Jahren seiner Existenz zum Muster<lb/> für andere Staaten geworden, so daß beim letzten internationalen Telegraphen-<lb/> congreß zu Paris mehre bei uns prakticirte Grundsätze zu allgemeingiltigen<lb/> erhoben wurden und Oestreich unsern vorletzten Telegraphendirector nach Wien<lb/> gezogen, ja sogar die hohe Pforte bei uns Beamte gesucht hat. In rascher<lb/> Folge gingen auch Foruerod von Waadt und Pivda von Tessin so zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
Von dem ganz im Sinn des bestehenden Systems erneuerten Ccmtonal-
rath und dem im Wesentlichen gleichgearteten Ständerath ließ sich nichts Anderes
erwarten, als daß er auch den Bundesrat!) und seine bisherige Zusammensetzung
bestätigen würde. So geschah es denn auch. Die Mitglieder der obersten Executive
wurden vom ersten bis zum letzten wieder gewählt, an der Spiye, wie immer
seit 1848, mit fast an Einstimmigkeit grenzenden Mehr Dr. Furrer von Zürich.
Furrer ist ohne Frage der populärste aller schweizerischen Staatsmänner und
die politische Seele des Bundesrathes seit seiner Gründung. Hätten wir die
amerikanische Präsidentenwahl, so würde er sicherlich auch beim Volke bei
weitem die größte Stimmenzahl aus sich vereinigen, und selten hat ein Mann
durch die Vorzüge des Charakters wie des Talentes die Gunst des Volkes besser
verdient. Der Zweitgewählte war or. Stämpfli von Bern. Stämpfli ist
das thatkräftigste Mitglied des Bundesrath. Herr von Sydow vergaß zu er¬
zählen, wie wenig sich der Bundespräsident von 1856 einschüchtern ließ. Sein
Steckenpferd ist die Oronvahn, die er, im Gegensatz mit allen seinen Collegen,
bei der Bundesversammlung durchzuringen wußte und nun in ihrer Fort¬
setzung als Wcstostbahn (Bern - Luzern —Zürich) weiter patronisirt. Die im
Canton Bern herrschende liberale Partei folgt ihm fast blindlings, und da
Bern bekanntlich der größte und im Cantonalrath am stärksten (mit 23 Köpfen)
repräsentirte Canton ist, so darf Stämpflr hier immer auf einen sehr respec-
tabeln Anhang zählen. Dies verführt ihn aber nicht selten, an eidgenössischer
Stelle zu stark den Berner hervortreten zu lassen, was hinwieder seinen
Gegnern eine Waffe in die Hand liefert, unter welchen der nicht minder hart¬
näckige Escher von Zürich der gefährlichste ist. Der Drittgewählte war Knüse l
von Luzern, in welchem die liberalen Katholiken der innern Schweiz einen Ver¬
treter haben. Es folgte Frey-Herosöe von Aargau, unser Kriegsminister
und Chef'des Gcneralstabcs beim Aufgebot des letzten Winters und früher
im Sondcrbundfeldzug. Auf diesen Nass von Se. Gallen. Da in neuerer
Zeit die Disciplin im Postwesen nicht überall mit der gewünschten Schärfe
gehandhabt zu werden scheint, so hatte Herr Nass, der Chef dieses Departements,
manche herbe Angrisse zu bestehen; die Ständeversammlung ehrte aber in
seiner Wiederwahl ein unvergleichliches Geschick, alle irgendwie praktikabel»
Ideen im Gebiete des Post- und öffentlichen Bauwesens mit gesundem Blick
und ruhigem Muth ins Leben zu führen. Unter seiner Leitung ist das schwei¬
zerische Telcgraphenweseu nach den wenigen Jahren seiner Existenz zum Muster
für andere Staaten geworden, so daß beim letzten internationalen Telegraphen-
congreß zu Paris mehre bei uns prakticirte Grundsätze zu allgemeingiltigen
erhoben wurden und Oestreich unsern vorletzten Telegraphendirector nach Wien
gezogen, ja sogar die hohe Pforte bei uns Beamte gesucht hat. In rascher
Folge gingen auch Foruerod von Waadt und Pivda von Tessin so zu
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