Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und Leuten am Morgen wieder. Da mein Sohn und mein Vetter Ludwig
nichts Weiteres besorgt hatten, waren sie am Morgen früh zu mir geritten,
deshalb ging der Burgemeister und etliche vom Rath zu den Feinden hinaus,
und frugen sie, was sie damit beabsichtigten, es sei niemand im Schloß, als
die Frau mit den Kindern, auch stünden die Herrschaften im Rechtsstreit und
kaiserlichen Frieden. Daraus antwortete der Beamte von Harburg, sie sei?n
gestern und auch noch heut nur in guter, freundlicher Meinung hergekommen,
ihrer Herrn oberste Rechte zu suchen, man habe aber auf sie geschossen und
ihnen großen Schaden gethan. Sie wollten auch heut den Platz besetzen,
wenn man aber auf sie schösse, solle man sehn, was sie dagegen thun würden.
Darauf antworteten die von Bissingen: sie wären arme Leute, man möchte
thun, was zu verantworten sei. Darauf zogen abermals die Gräflichen 200 Mann
stark, wieder mit 4 Stück Büchsen und einer Trommel auf den Platz, thaten
etliche Tänze, tranken und jeder nahm ein Laub von der Linde. Mit solchem
Trutz und Schießen zogen sie ab und hatten einen Hinterhalt von 2000 Mann. --
Das hab ich der kaiserlichen Majestät und darauf denn Kammergericht an¬
gezeigt und geklagt, darauf sind beiden Theilen Mnndatn gekommen, bei Un¬
gnade und Strafe der Acht als non ultoriu" Menäonä", solle man sich nicht
weiter beleidigen und eine Citation, zum 20. August beim Kammergericht zu
erscheinen, welches alles den Grafen insinuirt wurde, worauf beide Grafen un¬
schicklich antworteten, es sei alles erlogen. Ich habe aber außerdem wegen
Injurien protestirt.

Aus ob erzählten Gründen und weil das feindselige Wesen kein Ende
nahm, auch weder Gericht noch Recht helfen konnte, habe ich nothgedrungen,
um meiner Ehre willen zur Abwehr der Belästigungen vermeldeter beider
Grafen, ein Ausschreiben um die römische kaiserliche Majestät, an Kur- und
Fürsten, Grafen, Herren, Städte und Stände des heiligen Reiches, auch an die
fünf Viertheile des Adels und gemeine Ritterschaft gesendet, habe auch den
Ständen des landbergischen Vereins mündlichen Bericht abgestattet, sie und
ihren Oberhauptmann, meinen gnädigen Herrn zu Baiern, dem ich als Stell¬
vertreter bestellt bin, ferner die Stadt Augsburg, deren Diener ich bin, von der
ganzen Handlung wohl informire, und sie allesammt insbesondere um Rath,
Hilfe oder Beistand gebeten. Diese haben ein' drohendes Schreiben an die
Grafen gerichtet, sie ermahnt, mich und die Meinen bei Frieden und Recht
zu lassen, mit dem Zusatz, wenn dies nicht geschähe, würden sie mich nicht
verlassen. Mir aber haben sie gerathen, nichts als das Recht anzuwenden.
Und weil so viel schändliche Lieder und Sprüche über mich ausgegangen sind,
hat einer, dem ich vielleicht Gutes gethan, auch einen schönen Pasquillus
und Lied von gemeldeten Grafen Igel von Harburg gemacht, und hat ihn
ziemlich wohl angebunden.


und Leuten am Morgen wieder. Da mein Sohn und mein Vetter Ludwig
nichts Weiteres besorgt hatten, waren sie am Morgen früh zu mir geritten,
deshalb ging der Burgemeister und etliche vom Rath zu den Feinden hinaus,
und frugen sie, was sie damit beabsichtigten, es sei niemand im Schloß, als
die Frau mit den Kindern, auch stünden die Herrschaften im Rechtsstreit und
kaiserlichen Frieden. Daraus antwortete der Beamte von Harburg, sie sei?n
gestern und auch noch heut nur in guter, freundlicher Meinung hergekommen,
ihrer Herrn oberste Rechte zu suchen, man habe aber auf sie geschossen und
ihnen großen Schaden gethan. Sie wollten auch heut den Platz besetzen,
wenn man aber auf sie schösse, solle man sehn, was sie dagegen thun würden.
Darauf antworteten die von Bissingen: sie wären arme Leute, man möchte
thun, was zu verantworten sei. Darauf zogen abermals die Gräflichen 200 Mann
stark, wieder mit 4 Stück Büchsen und einer Trommel auf den Platz, thaten
etliche Tänze, tranken und jeder nahm ein Laub von der Linde. Mit solchem
Trutz und Schießen zogen sie ab und hatten einen Hinterhalt von 2000 Mann. —
Das hab ich der kaiserlichen Majestät und darauf denn Kammergericht an¬
gezeigt und geklagt, darauf sind beiden Theilen Mnndatn gekommen, bei Un¬
gnade und Strafe der Acht als non ultoriu« Menäonä«, solle man sich nicht
weiter beleidigen und eine Citation, zum 20. August beim Kammergericht zu
erscheinen, welches alles den Grafen insinuirt wurde, worauf beide Grafen un¬
schicklich antworteten, es sei alles erlogen. Ich habe aber außerdem wegen
Injurien protestirt.

Aus ob erzählten Gründen und weil das feindselige Wesen kein Ende
nahm, auch weder Gericht noch Recht helfen konnte, habe ich nothgedrungen,
um meiner Ehre willen zur Abwehr der Belästigungen vermeldeter beider
Grafen, ein Ausschreiben um die römische kaiserliche Majestät, an Kur- und
Fürsten, Grafen, Herren, Städte und Stände des heiligen Reiches, auch an die
fünf Viertheile des Adels und gemeine Ritterschaft gesendet, habe auch den
Ständen des landbergischen Vereins mündlichen Bericht abgestattet, sie und
ihren Oberhauptmann, meinen gnädigen Herrn zu Baiern, dem ich als Stell¬
vertreter bestellt bin, ferner die Stadt Augsburg, deren Diener ich bin, von der
ganzen Handlung wohl informire, und sie allesammt insbesondere um Rath,
Hilfe oder Beistand gebeten. Diese haben ein' drohendes Schreiben an die
Grafen gerichtet, sie ermahnt, mich und die Meinen bei Frieden und Recht
zu lassen, mit dem Zusatz, wenn dies nicht geschähe, würden sie mich nicht
verlassen. Mir aber haben sie gerathen, nichts als das Recht anzuwenden.
Und weil so viel schändliche Lieder und Sprüche über mich ausgegangen sind,
hat einer, dem ich vielleicht Gutes gethan, auch einen schönen Pasquillus
und Lied von gemeldeten Grafen Igel von Harburg gemacht, und hat ihn
ziemlich wohl angebunden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0404" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105681"/>
              <p xml:id="ID_1049" prev="#ID_1048"> und Leuten am Morgen wieder. Da mein Sohn und mein Vetter Ludwig<lb/>
nichts Weiteres besorgt hatten, waren sie am Morgen früh zu mir geritten,<lb/>
deshalb ging der Burgemeister und etliche vom Rath zu den Feinden hinaus,<lb/>
und frugen sie, was sie damit beabsichtigten, es sei niemand im Schloß, als<lb/>
die Frau mit den Kindern, auch stünden die Herrschaften im Rechtsstreit und<lb/>
kaiserlichen Frieden. Daraus antwortete der Beamte von Harburg, sie sei?n<lb/>
gestern und auch noch heut nur in guter, freundlicher Meinung hergekommen,<lb/>
ihrer Herrn oberste Rechte zu suchen, man habe aber auf sie geschossen und<lb/>
ihnen großen Schaden gethan. Sie wollten auch heut den Platz besetzen,<lb/>
wenn man aber auf sie schösse, solle man sehn, was sie dagegen thun würden.<lb/>
Darauf antworteten die von Bissingen: sie wären arme Leute, man möchte<lb/>
thun, was zu verantworten sei. Darauf zogen abermals die Gräflichen 200 Mann<lb/>
stark, wieder mit 4 Stück Büchsen und einer Trommel auf den Platz, thaten<lb/>
etliche Tänze, tranken und jeder nahm ein Laub von der Linde. Mit solchem<lb/>
Trutz und Schießen zogen sie ab und hatten einen Hinterhalt von 2000 Mann. &#x2014;<lb/>
Das hab ich der kaiserlichen Majestät und darauf denn Kammergericht an¬<lb/>
gezeigt und geklagt, darauf sind beiden Theilen Mnndatn gekommen, bei Un¬<lb/>
gnade und Strafe der Acht als non ultoriu« Menäonä«, solle man sich nicht<lb/>
weiter beleidigen und eine Citation, zum 20. August beim Kammergericht zu<lb/>
erscheinen, welches alles den Grafen insinuirt wurde, worauf beide Grafen un¬<lb/>
schicklich antworteten, es sei alles erlogen. Ich habe aber außerdem wegen<lb/>
Injurien protestirt.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1050"> Aus ob erzählten Gründen und weil das feindselige Wesen kein Ende<lb/>
nahm, auch weder Gericht noch Recht helfen konnte, habe ich nothgedrungen,<lb/>
um meiner Ehre willen zur Abwehr der Belästigungen vermeldeter beider<lb/>
Grafen, ein Ausschreiben um die römische kaiserliche Majestät, an Kur- und<lb/>
Fürsten, Grafen, Herren, Städte und Stände des heiligen Reiches, auch an die<lb/>
fünf Viertheile des Adels und gemeine Ritterschaft gesendet, habe auch den<lb/>
Ständen des landbergischen Vereins mündlichen Bericht abgestattet, sie und<lb/>
ihren Oberhauptmann, meinen gnädigen Herrn zu Baiern, dem ich als Stell¬<lb/>
vertreter bestellt bin, ferner die Stadt Augsburg, deren Diener ich bin, von der<lb/>
ganzen Handlung wohl informire, und sie allesammt insbesondere um Rath,<lb/>
Hilfe oder Beistand gebeten. Diese haben ein' drohendes Schreiben an die<lb/>
Grafen gerichtet, sie ermahnt, mich und die Meinen bei Frieden und Recht<lb/>
zu lassen, mit dem Zusatz, wenn dies nicht geschähe, würden sie mich nicht<lb/>
verlassen. Mir aber haben sie gerathen, nichts als das Recht anzuwenden.<lb/>
Und weil so viel schändliche Lieder und Sprüche über mich ausgegangen sind,<lb/>
hat einer, dem ich vielleicht Gutes gethan, auch einen schönen Pasquillus<lb/>
und Lied von gemeldeten Grafen Igel von Harburg gemacht, und hat ihn<lb/>
ziemlich wohl angebunden.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0404] und Leuten am Morgen wieder. Da mein Sohn und mein Vetter Ludwig nichts Weiteres besorgt hatten, waren sie am Morgen früh zu mir geritten, deshalb ging der Burgemeister und etliche vom Rath zu den Feinden hinaus, und frugen sie, was sie damit beabsichtigten, es sei niemand im Schloß, als die Frau mit den Kindern, auch stünden die Herrschaften im Rechtsstreit und kaiserlichen Frieden. Daraus antwortete der Beamte von Harburg, sie sei?n gestern und auch noch heut nur in guter, freundlicher Meinung hergekommen, ihrer Herrn oberste Rechte zu suchen, man habe aber auf sie geschossen und ihnen großen Schaden gethan. Sie wollten auch heut den Platz besetzen, wenn man aber auf sie schösse, solle man sehn, was sie dagegen thun würden. Darauf antworteten die von Bissingen: sie wären arme Leute, man möchte thun, was zu verantworten sei. Darauf zogen abermals die Gräflichen 200 Mann stark, wieder mit 4 Stück Büchsen und einer Trommel auf den Platz, thaten etliche Tänze, tranken und jeder nahm ein Laub von der Linde. Mit solchem Trutz und Schießen zogen sie ab und hatten einen Hinterhalt von 2000 Mann. — Das hab ich der kaiserlichen Majestät und darauf denn Kammergericht an¬ gezeigt und geklagt, darauf sind beiden Theilen Mnndatn gekommen, bei Un¬ gnade und Strafe der Acht als non ultoriu« Menäonä«, solle man sich nicht weiter beleidigen und eine Citation, zum 20. August beim Kammergericht zu erscheinen, welches alles den Grafen insinuirt wurde, worauf beide Grafen un¬ schicklich antworteten, es sei alles erlogen. Ich habe aber außerdem wegen Injurien protestirt. Aus ob erzählten Gründen und weil das feindselige Wesen kein Ende nahm, auch weder Gericht noch Recht helfen konnte, habe ich nothgedrungen, um meiner Ehre willen zur Abwehr der Belästigungen vermeldeter beider Grafen, ein Ausschreiben um die römische kaiserliche Majestät, an Kur- und Fürsten, Grafen, Herren, Städte und Stände des heiligen Reiches, auch an die fünf Viertheile des Adels und gemeine Ritterschaft gesendet, habe auch den Ständen des landbergischen Vereins mündlichen Bericht abgestattet, sie und ihren Oberhauptmann, meinen gnädigen Herrn zu Baiern, dem ich als Stell¬ vertreter bestellt bin, ferner die Stadt Augsburg, deren Diener ich bin, von der ganzen Handlung wohl informire, und sie allesammt insbesondere um Rath, Hilfe oder Beistand gebeten. Diese haben ein' drohendes Schreiben an die Grafen gerichtet, sie ermahnt, mich und die Meinen bei Frieden und Recht zu lassen, mit dem Zusatz, wenn dies nicht geschähe, würden sie mich nicht verlassen. Mir aber haben sie gerathen, nichts als das Recht anzuwenden. Und weil so viel schändliche Lieder und Sprüche über mich ausgegangen sind, hat einer, dem ich vielleicht Gutes gethan, auch einen schönen Pasquillus und Lied von gemeldeten Grafen Igel von Harburg gemacht, und hat ihn ziemlich wohl angebunden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/404
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/404>, abgerufen am 28.07.2024.