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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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kommen, hat mir viel Gutes sagen lassen, ihm sei Leid, sammt seinen andern
Brüdern, daß Graf Ludwig so unschicklich gegen mich handle. Auch liest er mir
klagen, da der Bruder ihm nicht sein Heiratsgut, auch keine Residenz geben wolle, so
wolle und müsse er feindlich gegen ihn handeln und lasse mich bitten, ihm
einen Reiterdienst zu thun. Darauf bedankte ich mich für sein Mitgefühl und
beklagte ihn, daß es ihm auch nicht nach Willen ginge, liest ihm aber dabei
sagen, ich stände zu seinem Bruder auf gebotenen Frieden und hinge mit
ihm am Kammergericht, ich steckte auch meine Fühle nicht gern zwischen Thür
und Angel, wenn er aber sonst Reiterarbeit hätte, und mirs berichtete, wollte
ich ihm Knecht, Pferd und Harnisch nicht versagen.

Am heiligen Himmelfahrtstage pflegt man alljährlich zu Bissingen hinterm
schloft einen Jahrmarkt und Tanz zu halten, auch zu schießen, wobei mein Sohn
Hans Bastian in diesem Jahr selbst war und Gesellschaft leistete. Da haben beide
Grasen Ludwig und Friedrich den Vogt von Unterbissingen sammt einem andern
reisigen Knecht gerüstet mit fünf Hakcnschützen auf den Platz geschickt. Sie haben
sich dort aufgestellt und den Platz halten wollen. Die hat mein Sohn ärgere.
det. was sie sich so bewaffnet aufstellten?, Dem hat der Vogt geantwortet,
seine Herren hätten ihn diesen Platz zu halten daher geschickt, und die hohe Obrig¬
keit gehöre dem Grafen von Oettingen zu. Dem hat mein Sohn widersprochen.
Die Eltern der Grafen hätten sie verkauft und sie gehörte mir zu. sie
sollten sich hinwegmachen. Darauf ist der Bogt mit den Worten weggeritten,
er wolle bald in anderer Gestalt wiederkommen, und alsbald haben sich vom,
Fußsteig her Reiter und Fußvolk sehn lassen, worauf mein Sohn etliche Diener
und Unterthanen ins Schloß und aus den Kirchthurm schickte, den Feind zu
erwarten. Plötzlich sind die Gräflichen ungefähr mit 40 Pferden und 300
zu Fuß spornstreichs daher geritten und gelaufen, haben in meinen Sohn,
meinen Vetter Ludwig, in die Schützen und Unterthanen gestochen und ge¬
schossen, sind auch vom Platz bis zu den Schranken des Marktes gedrungen
und haben das Thor mit Uebermacht geschlossen. Dagegen hat mein Sohn sich
sammt den Seinen zur Wehre gestellt, auch so gut er vermochte auf sie ge¬
schossen, aus der Hand und vom Schloß und von den Thürmen, hat dabei dem
Grasen zwei Pferde erschossen und zwei Mann verwundet, einen in den Leib,
den andern in den Schenkel, hat sich so ihrer erwehrt und sie wieder in die
Flucht getrieben. Aber ihm und den Seinen ist, nichts widerfahren, Gott
Lob! Als aber mein Sohn mit den Seinen wieder in das Schloß zog, zur
Nacht aß und nichts mehr besorgte, zogen sie um 0 Abo wieder heran, und
Graf Lothar, der ehrbare Mann, der nur vorher viel Gutes hatte sagen lassen,
that mit vier starken Büchsen auf Rädern bis an 30 Schüsse in das Schloß
und zerschoß wol >2 Ziegeln. Um U Uhr zogen sie wieder ab nach Unter-
bissingen, verstärkten sich die Nacht und kamen beide Grasen mit Geschütz


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kommen, hat mir viel Gutes sagen lassen, ihm sei Leid, sammt seinen andern
Brüdern, daß Graf Ludwig so unschicklich gegen mich handle. Auch liest er mir
klagen, da der Bruder ihm nicht sein Heiratsgut, auch keine Residenz geben wolle, so
wolle und müsse er feindlich gegen ihn handeln und lasse mich bitten, ihm
einen Reiterdienst zu thun. Darauf bedankte ich mich für sein Mitgefühl und
beklagte ihn, daß es ihm auch nicht nach Willen ginge, liest ihm aber dabei
sagen, ich stände zu seinem Bruder auf gebotenen Frieden und hinge mit
ihm am Kammergericht, ich steckte auch meine Fühle nicht gern zwischen Thür
und Angel, wenn er aber sonst Reiterarbeit hätte, und mirs berichtete, wollte
ich ihm Knecht, Pferd und Harnisch nicht versagen.

Am heiligen Himmelfahrtstage pflegt man alljährlich zu Bissingen hinterm
schloft einen Jahrmarkt und Tanz zu halten, auch zu schießen, wobei mein Sohn
Hans Bastian in diesem Jahr selbst war und Gesellschaft leistete. Da haben beide
Grasen Ludwig und Friedrich den Vogt von Unterbissingen sammt einem andern
reisigen Knecht gerüstet mit fünf Hakcnschützen auf den Platz geschickt. Sie haben
sich dort aufgestellt und den Platz halten wollen. Die hat mein Sohn ärgere.
det. was sie sich so bewaffnet aufstellten?, Dem hat der Vogt geantwortet,
seine Herren hätten ihn diesen Platz zu halten daher geschickt, und die hohe Obrig¬
keit gehöre dem Grafen von Oettingen zu. Dem hat mein Sohn widersprochen.
Die Eltern der Grafen hätten sie verkauft und sie gehörte mir zu. sie
sollten sich hinwegmachen. Darauf ist der Bogt mit den Worten weggeritten,
er wolle bald in anderer Gestalt wiederkommen, und alsbald haben sich vom,
Fußsteig her Reiter und Fußvolk sehn lassen, worauf mein Sohn etliche Diener
und Unterthanen ins Schloß und aus den Kirchthurm schickte, den Feind zu
erwarten. Plötzlich sind die Gräflichen ungefähr mit 40 Pferden und 300
zu Fuß spornstreichs daher geritten und gelaufen, haben in meinen Sohn,
meinen Vetter Ludwig, in die Schützen und Unterthanen gestochen und ge¬
schossen, sind auch vom Platz bis zu den Schranken des Marktes gedrungen
und haben das Thor mit Uebermacht geschlossen. Dagegen hat mein Sohn sich
sammt den Seinen zur Wehre gestellt, auch so gut er vermochte auf sie ge¬
schossen, aus der Hand und vom Schloß und von den Thürmen, hat dabei dem
Grasen zwei Pferde erschossen und zwei Mann verwundet, einen in den Leib,
den andern in den Schenkel, hat sich so ihrer erwehrt und sie wieder in die
Flucht getrieben. Aber ihm und den Seinen ist, nichts widerfahren, Gott
Lob! Als aber mein Sohn mit den Seinen wieder in das Schloß zog, zur
Nacht aß und nichts mehr besorgte, zogen sie um 0 Abo wieder heran, und
Graf Lothar, der ehrbare Mann, der nur vorher viel Gutes hatte sagen lassen,
that mit vier starken Büchsen auf Rädern bis an 30 Schüsse in das Schloß
und zerschoß wol >2 Ziegeln. Um U Uhr zogen sie wieder ab nach Unter-
bissingen, verstärkten sich die Nacht und kamen beide Grasen mit Geschütz


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[0403] kommen, hat mir viel Gutes sagen lassen, ihm sei Leid, sammt seinen andern Brüdern, daß Graf Ludwig so unschicklich gegen mich handle. Auch liest er mir klagen, da der Bruder ihm nicht sein Heiratsgut, auch keine Residenz geben wolle, so wolle und müsse er feindlich gegen ihn handeln und lasse mich bitten, ihm einen Reiterdienst zu thun. Darauf bedankte ich mich für sein Mitgefühl und beklagte ihn, daß es ihm auch nicht nach Willen ginge, liest ihm aber dabei sagen, ich stände zu seinem Bruder auf gebotenen Frieden und hinge mit ihm am Kammergericht, ich steckte auch meine Fühle nicht gern zwischen Thür und Angel, wenn er aber sonst Reiterarbeit hätte, und mirs berichtete, wollte ich ihm Knecht, Pferd und Harnisch nicht versagen. Am heiligen Himmelfahrtstage pflegt man alljährlich zu Bissingen hinterm schloft einen Jahrmarkt und Tanz zu halten, auch zu schießen, wobei mein Sohn Hans Bastian in diesem Jahr selbst war und Gesellschaft leistete. Da haben beide Grasen Ludwig und Friedrich den Vogt von Unterbissingen sammt einem andern reisigen Knecht gerüstet mit fünf Hakcnschützen auf den Platz geschickt. Sie haben sich dort aufgestellt und den Platz halten wollen. Die hat mein Sohn ärgere. det. was sie sich so bewaffnet aufstellten?, Dem hat der Vogt geantwortet, seine Herren hätten ihn diesen Platz zu halten daher geschickt, und die hohe Obrig¬ keit gehöre dem Grafen von Oettingen zu. Dem hat mein Sohn widersprochen. Die Eltern der Grafen hätten sie verkauft und sie gehörte mir zu. sie sollten sich hinwegmachen. Darauf ist der Bogt mit den Worten weggeritten, er wolle bald in anderer Gestalt wiederkommen, und alsbald haben sich vom, Fußsteig her Reiter und Fußvolk sehn lassen, worauf mein Sohn etliche Diener und Unterthanen ins Schloß und aus den Kirchthurm schickte, den Feind zu erwarten. Plötzlich sind die Gräflichen ungefähr mit 40 Pferden und 300 zu Fuß spornstreichs daher geritten und gelaufen, haben in meinen Sohn, meinen Vetter Ludwig, in die Schützen und Unterthanen gestochen und ge¬ schossen, sind auch vom Platz bis zu den Schranken des Marktes gedrungen und haben das Thor mit Uebermacht geschlossen. Dagegen hat mein Sohn sich sammt den Seinen zur Wehre gestellt, auch so gut er vermochte auf sie ge¬ schossen, aus der Hand und vom Schloß und von den Thürmen, hat dabei dem Grasen zwei Pferde erschossen und zwei Mann verwundet, einen in den Leib, den andern in den Schenkel, hat sich so ihrer erwehrt und sie wieder in die Flucht getrieben. Aber ihm und den Seinen ist, nichts widerfahren, Gott Lob! Als aber mein Sohn mit den Seinen wieder in das Schloß zog, zur Nacht aß und nichts mehr besorgte, zogen sie um 0 Abo wieder heran, und Graf Lothar, der ehrbare Mann, der nur vorher viel Gutes hatte sagen lassen, that mit vier starken Büchsen auf Rädern bis an 30 Schüsse in das Schloß und zerschoß wol >2 Ziegeln. Um U Uhr zogen sie wieder ab nach Unter- bissingen, verstärkten sich die Nacht und kamen beide Grasen mit Geschütz 50*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/403>, abgerufen am 28.07.2024.