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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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halben mit Lügen ausgegeben, in der Hoffnung, mich und die Meinigen durch
Unwahrheit so zu verdampfen. Während ich mich nun eines großen Auf¬
laufs und Ueberzugs versehen mußte, haben sich der Pfalzgraf Herzog Wolf-
gang und Herzog Albrecht-zu Baiern, als die nächsten Fürsten darein gelegt,
haben beiden Theilen geschrieben, Friede zu ballen, und sich erboten mit Herzog
Eliristoph gütlich darin zu verhandeln, doch so. daß man beiderseits die Ge¬
fangenen frei und das geworbene Kriegsvolk laufen lasse. Das bewilligte ick, doch
weil Graf Ludwig von Oettingen, genannt Igel, allen Unrath angefangen,
forderte ich, daß ers zuerst thun solle. Aber der Graf hat die Leute nicht
frei lassen wollen, sondern hat den Rapebaner, der allein mein Unterthan ist
und zu Oettingen weder gelobt noch geschworen hatte, vor das Malefizgericht
gestellt. Und in Ewigkeit wird nicht bewiesen werden, daß ich und die Mei¬
nen jenen durch den Kauf mit Recke Unterthan geworden sind, sondern wir
haben Hohenburg und Bissingen sammt Zubehör als ein freies Gut und als
eine Herrschaft, die umkehrbar ist und das Halsgericht hat, erkauft. DeUnoch
haben uns die Fürsten nicht zusammenlassen wollen, haben uns beide vielfäl¬
tig ernährt Friede zu halten, darauf habe ich mein geworben Kriegsvolk be¬
urlaubt und bei dieser Tragödie recht wohl gemerkt, daß Herzog Wolfgang,
der zuvor mein gnädiger Herr war, mir auch abgefallen und feindselig gewor¬
den ist. Aber ungeachtet aller fürstlichen Unterhandlungen ist Graf Ludwig
doch an einem Abende mit vielen Pferden und etlichen >,0" Bauern gegen
das Schloß Bissingen gerückt, hat mit unsern Reitern, von denen etliche im
Felde waren und etliche herauskamen, ein Scharmützel angefangen, bei wel¬
chem keiner viel Schaden empfing. Da die Feinde nichts schaffen konnten,
sind sie wieder mit Spott abgezogen.

Dies alles hab ich beim Kammergericht angebracht, und Graf Ludwigs mir
zugeführte verbrecherische Handlungen geklagt und habe so gehofft, wie mir auch
gelungen, ich wollte diese Sache im Wege Rechtens durchführen, besonders weil
sich die Fürsten parteiisch zeigten/) Unterdeß hat Gras Igel mich allenthalben jäm¬
merlich mit gedruckten Schriften und schmählichen Liedern verstänkert und im Bei¬
sein der Grafen von Mansfeld meinem Sohne Hans Bastian auf seinem
Wappenschild über dem Wirthshaus den Zusatz "Herr von Bissingen" aus¬
gethan, den doch nicht mein Sohn selbst, sondern der Wirth hinzugefügt; und
Graf Friedrich hat zu Buchenhofen auf der Kirchweih öffentlich seinen Bogt
ausrufen lassen, wenn ein Schärtlinscher hinkomme, solle jeder auf ihn schlagen.

Anno 1561 in der Fasten ist Graf Lothar zu Oettingen nach Augsburg ge-



Die Fürsten waren auf Seiten ihres Standesgenossen, dessen Geschlecht, wie bekannt, dein
hohen Adel angehörte. Ihr Kampf für die Oberhoheit über adlige Güter hat im 16. Jahrhundert
viele Schlachtfelder, und Schärtlin erschien ihnen besonders anspruchsvoll, dn sein Geburts-
adel mehr als zweifelhaft war. Wer in dem lebten Grunde des Streites, von dem wir auch
aus andern Quellen wissen. Recht hatte, ist hier gleichjstltia,.

halben mit Lügen ausgegeben, in der Hoffnung, mich und die Meinigen durch
Unwahrheit so zu verdampfen. Während ich mich nun eines großen Auf¬
laufs und Ueberzugs versehen mußte, haben sich der Pfalzgraf Herzog Wolf-
gang und Herzog Albrecht-zu Baiern, als die nächsten Fürsten darein gelegt,
haben beiden Theilen geschrieben, Friede zu ballen, und sich erboten mit Herzog
Eliristoph gütlich darin zu verhandeln, doch so. daß man beiderseits die Ge¬
fangenen frei und das geworbene Kriegsvolk laufen lasse. Das bewilligte ick, doch
weil Graf Ludwig von Oettingen, genannt Igel, allen Unrath angefangen,
forderte ich, daß ers zuerst thun solle. Aber der Graf hat die Leute nicht
frei lassen wollen, sondern hat den Rapebaner, der allein mein Unterthan ist
und zu Oettingen weder gelobt noch geschworen hatte, vor das Malefizgericht
gestellt. Und in Ewigkeit wird nicht bewiesen werden, daß ich und die Mei¬
nen jenen durch den Kauf mit Recke Unterthan geworden sind, sondern wir
haben Hohenburg und Bissingen sammt Zubehör als ein freies Gut und als
eine Herrschaft, die umkehrbar ist und das Halsgericht hat, erkauft. DeUnoch
haben uns die Fürsten nicht zusammenlassen wollen, haben uns beide vielfäl¬
tig ernährt Friede zu halten, darauf habe ich mein geworben Kriegsvolk be¬
urlaubt und bei dieser Tragödie recht wohl gemerkt, daß Herzog Wolfgang,
der zuvor mein gnädiger Herr war, mir auch abgefallen und feindselig gewor¬
den ist. Aber ungeachtet aller fürstlichen Unterhandlungen ist Graf Ludwig
doch an einem Abende mit vielen Pferden und etlichen >,0« Bauern gegen
das Schloß Bissingen gerückt, hat mit unsern Reitern, von denen etliche im
Felde waren und etliche herauskamen, ein Scharmützel angefangen, bei wel¬
chem keiner viel Schaden empfing. Da die Feinde nichts schaffen konnten,
sind sie wieder mit Spott abgezogen.

Dies alles hab ich beim Kammergericht angebracht, und Graf Ludwigs mir
zugeführte verbrecherische Handlungen geklagt und habe so gehofft, wie mir auch
gelungen, ich wollte diese Sache im Wege Rechtens durchführen, besonders weil
sich die Fürsten parteiisch zeigten/) Unterdeß hat Gras Igel mich allenthalben jäm¬
merlich mit gedruckten Schriften und schmählichen Liedern verstänkert und im Bei¬
sein der Grafen von Mansfeld meinem Sohne Hans Bastian auf seinem
Wappenschild über dem Wirthshaus den Zusatz „Herr von Bissingen" aus¬
gethan, den doch nicht mein Sohn selbst, sondern der Wirth hinzugefügt; und
Graf Friedrich hat zu Buchenhofen auf der Kirchweih öffentlich seinen Bogt
ausrufen lassen, wenn ein Schärtlinscher hinkomme, solle jeder auf ihn schlagen.

Anno 1561 in der Fasten ist Graf Lothar zu Oettingen nach Augsburg ge-



Die Fürsten waren auf Seiten ihres Standesgenossen, dessen Geschlecht, wie bekannt, dein
hohen Adel angehörte. Ihr Kampf für die Oberhoheit über adlige Güter hat im 16. Jahrhundert
viele Schlachtfelder, und Schärtlin erschien ihnen besonders anspruchsvoll, dn sein Geburts-
adel mehr als zweifelhaft war. Wer in dem lebten Grunde des Streites, von dem wir auch
aus andern Quellen wissen. Recht hatte, ist hier gleichjstltia,.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/402>, abgerufen am 28.07.2024.