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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Donauwörth Rossen, auch mit allen benachbarten Bauern, sind die Fuhren
gethan. ,

Anno 1560, den 18. September hat mir Graf Ludwig von Oettingen
meinen Bauer von dem Rcutmannshof gefangen nach seinem Amte Harburg
führen lassen, wo der Bauer weder zu beißen noch zu brechen hatte, weil er
und seine Söhne sich gegen etliche öttingische Bauern, die ihm ein Gatter
aufgemacht und mit Gewalt über sein Land gefahren sind, gewehrt und einen
Zank mit denselben angefangen, doch niemanden verwundet hat. Und am
Montag darauf ist der Graf mit 500 Bauern und 50 Pferden mit gewalt¬
thätiger Hand in mein Holz gefallen, wo er doch keine obrigkeitlichen Rechte
hatte, hat meine Eicheln abschütteln lassen, und hat mit Weibern und Kurdern
und Wägen das Meine, ohne mich zu warnen, ohne mir auszusagen, mit
Gewalt hinweggeführt. Als ich nun am selbigen Tag zu Bissingen ankam
und solches alles erfuhr, bin ich, meine beiden Söhne, mit unserm Vetter
Ludwig Schärtlin und Haus Numpvlt von Elrichshausen 32 Pferde
stark in seine Grafschaft gezogen, und haben einen Bauer dicht am
Schloß zu Harburg und zwei seiner Unterthanen von Korbach dagegen gefan-
gen und nach Bissingen in das Schloß geführt. Und weil seine Reiter und
Schützen nach ihrem Einfall nahe bei Bissingen mit Abschießen und großem
Pranger bei der Nase vorübergezogen sind, so bin ich, um das auszugleichen,
mit gemeldeten Reitern auf Harburg zu geritten, sie zu einem Scharmützel
zu bewegen, aber niemand wollte zu uns heraus. Doch zuletzt schössen sie
mit Doppelhaken auf uns. Der Graf ritt am Donnerstag daraus nach Stutt¬
gart zu einem Schießen, und da er wol voraus Mißte, daß ich ihm nicht
nachgeben würde, hat er mich bei seiner Fürstl. Gnaden, dem Kurfürsten,
dem Pfalzgrafen, andern Grasen. Herrn und Adel übel aufgeschrien,
und sich unterstanden, mir dadurch Ungnade und Ungunst aufzulegen. Ins¬
besondere Herzog Christoph zu Würtemberg, der mir sonst zu Gnaden gewogen
gewesen, hat mir dies Jahr 100 Fi. Gnadengeld, die er mir gab, unerwartet
aufgekündigt. Der Graf hat auch seinen Bruder, den Grafen Friedrich, so
auf mich gehetzt, daß auch dieser später sich mit thätlicher Hand gegen mich
erhob. -- Dnranf haben sich beide Grasen zu Roß und Fuß verstärkt,
wogegen auch wir 100 gute kriegserfahrene Schützen in das Schloß Bissingen
brachten, und der Zulauf von Kriegsvolk wurde auf beiden Seiten groß. Und
es haben die Grafen mich und die Meinigen schmählich mit Liedern und
andern Gedichten, mit Sprüchen und Schriften unter das Volk gebracht, auch
vor die Kais. Majestät, vor Kur- und andere Fürsten, Grafen und Herrn.
Haben mich einen Aufrührer und friedlosen Landfriedenöbrecher gescholten, mich
auch für ihren Jncola, Landsassen und Unterthan, auch Lehnsmann, der
ihnen doppelt verpflichtet sei, und seine Amtspflicht vergessen habe, allent-


Gmizboten I. 13ü". 50

Donauwörth Rossen, auch mit allen benachbarten Bauern, sind die Fuhren
gethan. ,

Anno 1560, den 18. September hat mir Graf Ludwig von Oettingen
meinen Bauer von dem Rcutmannshof gefangen nach seinem Amte Harburg
führen lassen, wo der Bauer weder zu beißen noch zu brechen hatte, weil er
und seine Söhne sich gegen etliche öttingische Bauern, die ihm ein Gatter
aufgemacht und mit Gewalt über sein Land gefahren sind, gewehrt und einen
Zank mit denselben angefangen, doch niemanden verwundet hat. Und am
Montag darauf ist der Graf mit 500 Bauern und 50 Pferden mit gewalt¬
thätiger Hand in mein Holz gefallen, wo er doch keine obrigkeitlichen Rechte
hatte, hat meine Eicheln abschütteln lassen, und hat mit Weibern und Kurdern
und Wägen das Meine, ohne mich zu warnen, ohne mir auszusagen, mit
Gewalt hinweggeführt. Als ich nun am selbigen Tag zu Bissingen ankam
und solches alles erfuhr, bin ich, meine beiden Söhne, mit unserm Vetter
Ludwig Schärtlin und Haus Numpvlt von Elrichshausen 32 Pferde
stark in seine Grafschaft gezogen, und haben einen Bauer dicht am
Schloß zu Harburg und zwei seiner Unterthanen von Korbach dagegen gefan-
gen und nach Bissingen in das Schloß geführt. Und weil seine Reiter und
Schützen nach ihrem Einfall nahe bei Bissingen mit Abschießen und großem
Pranger bei der Nase vorübergezogen sind, so bin ich, um das auszugleichen,
mit gemeldeten Reitern auf Harburg zu geritten, sie zu einem Scharmützel
zu bewegen, aber niemand wollte zu uns heraus. Doch zuletzt schössen sie
mit Doppelhaken auf uns. Der Graf ritt am Donnerstag daraus nach Stutt¬
gart zu einem Schießen, und da er wol voraus Mißte, daß ich ihm nicht
nachgeben würde, hat er mich bei seiner Fürstl. Gnaden, dem Kurfürsten,
dem Pfalzgrafen, andern Grasen. Herrn und Adel übel aufgeschrien,
und sich unterstanden, mir dadurch Ungnade und Ungunst aufzulegen. Ins¬
besondere Herzog Christoph zu Würtemberg, der mir sonst zu Gnaden gewogen
gewesen, hat mir dies Jahr 100 Fi. Gnadengeld, die er mir gab, unerwartet
aufgekündigt. Der Graf hat auch seinen Bruder, den Grafen Friedrich, so
auf mich gehetzt, daß auch dieser später sich mit thätlicher Hand gegen mich
erhob. — Dnranf haben sich beide Grasen zu Roß und Fuß verstärkt,
wogegen auch wir 100 gute kriegserfahrene Schützen in das Schloß Bissingen
brachten, und der Zulauf von Kriegsvolk wurde auf beiden Seiten groß. Und
es haben die Grafen mich und die Meinigen schmählich mit Liedern und
andern Gedichten, mit Sprüchen und Schriften unter das Volk gebracht, auch
vor die Kais. Majestät, vor Kur- und andere Fürsten, Grafen und Herrn.
Haben mich einen Aufrührer und friedlosen Landfriedenöbrecher gescholten, mich
auch für ihren Jncola, Landsassen und Unterthan, auch Lehnsmann, der
ihnen doppelt verpflichtet sei, und seine Amtspflicht vergessen habe, allent-


Gmizboten I. 13ü». 50
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[0401] Donauwörth Rossen, auch mit allen benachbarten Bauern, sind die Fuhren gethan. , Anno 1560, den 18. September hat mir Graf Ludwig von Oettingen meinen Bauer von dem Rcutmannshof gefangen nach seinem Amte Harburg führen lassen, wo der Bauer weder zu beißen noch zu brechen hatte, weil er und seine Söhne sich gegen etliche öttingische Bauern, die ihm ein Gatter aufgemacht und mit Gewalt über sein Land gefahren sind, gewehrt und einen Zank mit denselben angefangen, doch niemanden verwundet hat. Und am Montag darauf ist der Graf mit 500 Bauern und 50 Pferden mit gewalt¬ thätiger Hand in mein Holz gefallen, wo er doch keine obrigkeitlichen Rechte hatte, hat meine Eicheln abschütteln lassen, und hat mit Weibern und Kurdern und Wägen das Meine, ohne mich zu warnen, ohne mir auszusagen, mit Gewalt hinweggeführt. Als ich nun am selbigen Tag zu Bissingen ankam und solches alles erfuhr, bin ich, meine beiden Söhne, mit unserm Vetter Ludwig Schärtlin und Haus Numpvlt von Elrichshausen 32 Pferde stark in seine Grafschaft gezogen, und haben einen Bauer dicht am Schloß zu Harburg und zwei seiner Unterthanen von Korbach dagegen gefan- gen und nach Bissingen in das Schloß geführt. Und weil seine Reiter und Schützen nach ihrem Einfall nahe bei Bissingen mit Abschießen und großem Pranger bei der Nase vorübergezogen sind, so bin ich, um das auszugleichen, mit gemeldeten Reitern auf Harburg zu geritten, sie zu einem Scharmützel zu bewegen, aber niemand wollte zu uns heraus. Doch zuletzt schössen sie mit Doppelhaken auf uns. Der Graf ritt am Donnerstag daraus nach Stutt¬ gart zu einem Schießen, und da er wol voraus Mißte, daß ich ihm nicht nachgeben würde, hat er mich bei seiner Fürstl. Gnaden, dem Kurfürsten, dem Pfalzgrafen, andern Grasen. Herrn und Adel übel aufgeschrien, und sich unterstanden, mir dadurch Ungnade und Ungunst aufzulegen. Ins¬ besondere Herzog Christoph zu Würtemberg, der mir sonst zu Gnaden gewogen gewesen, hat mir dies Jahr 100 Fi. Gnadengeld, die er mir gab, unerwartet aufgekündigt. Der Graf hat auch seinen Bruder, den Grafen Friedrich, so auf mich gehetzt, daß auch dieser später sich mit thätlicher Hand gegen mich erhob. — Dnranf haben sich beide Grasen zu Roß und Fuß verstärkt, wogegen auch wir 100 gute kriegserfahrene Schützen in das Schloß Bissingen brachten, und der Zulauf von Kriegsvolk wurde auf beiden Seiten groß. Und es haben die Grafen mich und die Meinigen schmählich mit Liedern und andern Gedichten, mit Sprüchen und Schriften unter das Volk gebracht, auch vor die Kais. Majestät, vor Kur- und andere Fürsten, Grafen und Herrn. Haben mich einen Aufrührer und friedlosen Landfriedenöbrecher gescholten, mich auch für ihren Jncola, Landsassen und Unterthan, auch Lehnsmann, der ihnen doppelt verpflichtet sei, und seine Amtspflicht vergessen habe, allent- Gmizboten I. 13ü». 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/401>, abgerufen am 28.07.2024.