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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Thaler belief, sondern sie haben auch mit großer Mühe, unersetzlichen Schaden
und Verdruß so viel aufnehmen müssen, daß sie mit Anstand von Augsburg
scheiden konnten. Die Unterthanen etlicher Fürsten, namentlich des Her¬
zogs von Baiern, dessen Gemahl des römischen Königs Tochter war, brach¬
ten nur an Geld zum Spiel etliche tausend Gulden zusammen, die sie ih¬
rem Herrn zum Geschenk machten, es wurde ihnen aber im Spiel alles
abgenommen.

Unsere Gesandten hielten sich still, luden keine Gesellschaft, wurden auch von
andern nicht geladen. -- Sie hielten aber täglich an, den einen Tag an dem
Hofe des einen Fürsten, den andern Tag bei dem andern, die Gesandten
blieben immer zwei beieinander, Jacob Citzcwitz, der Kanzler aber ging allein,
er meinte, daß er es allein wol prästiren könnte, wie er es denn auch wol
konnte, nnr daß er stets vom Anfang bis zu Ende alles repetirte; das war
deu Herren verdrießlich. Denn als zwei von den andern Gesandten in den
Hof des Kurfürsten von Köln kamen, darin Citzewitz den Tag zuvor gewesen
war, sagte der kölnische Kanzler: "Was gedenkt Euer Kanzler, daß er, so oft
er zu mir kommt, alles wiederholt, was er früher in verdrießlicher Länge bereits
berichtet hat? meint er, daß ich von so geringem Gedächtniß sei, oder daß ich in
Sachen meines gnädigen Herrn, des Kurfürsten, so wenig zu thun habe, daß
ich sein langes unnöthiges Reden ohne Verdruß abwarten kann? Mir ist da¬
bei grade so. als wenn eine Henne ein El legen will, so fliegt sie auf das
Hackelwerk und gackert: ein El. ein El! vom Hackelwerk aus die Hilde: ein El
ein El, ich lege ein El; von der Hilde auf den Balken: ein El, ein El, liebe
Leute gucket, ich lege ein El! Wenn sie denn genug gegackert und viel Wesens
gemacht hat, so fliegt sie aufs Nest und legt ein kleines El. Ich aber halte
es mit der Gans, die setzet sich fein still auf den Misthaufen und legt ein
El so groß als ein Kindskopf." -- Ich selbst habe oft den Bischof von Arras,
Doctor Marquardt und andere Räthe angesprochen, gefleht und gebeten. Da
ich aber von mir selbst nicht auf das kam, was jetzt allenthalben bei Höfen,
bei Herrn und in großen Städten im Schwange geht, wenn man Wohlwollen
erwerben will, so gab mir Doctor Jolmnn Marquardt geschickt zu verstehn,
daß ihm eine besondere Freude sein würde, wenn er ein artiges, kleines Röß-
lein hätte, woraus er, wie es am kaiserlichen Hofe gebräuchlich, zum Rath reiten
könnte. Ich schrieb deshalb "ach Pommern, und bekam ein gar wohlgestal¬
tetes geschickt mit dem besonderen Befehl, daß ich passendes Reitzeug dazu
machen lassen und alsdann dem Herrn Doctor mit drei großen portugiesischen
Goldstücken anbieten sollte, was der Herr Doctor ohne Weigern gar gern
und mit gutem Willen annahm. Citzewitz und ich ließen doppelte Dukaten
und rheinische Gulden untereinanderlansen, bis es gutes Krvncngoid wurde.
Davon ließen wir zwei Trinkgeschirre machen, ein jedes sieben Mark schwer; die


Thaler belief, sondern sie haben auch mit großer Mühe, unersetzlichen Schaden
und Verdruß so viel aufnehmen müssen, daß sie mit Anstand von Augsburg
scheiden konnten. Die Unterthanen etlicher Fürsten, namentlich des Her¬
zogs von Baiern, dessen Gemahl des römischen Königs Tochter war, brach¬
ten nur an Geld zum Spiel etliche tausend Gulden zusammen, die sie ih¬
rem Herrn zum Geschenk machten, es wurde ihnen aber im Spiel alles
abgenommen.

Unsere Gesandten hielten sich still, luden keine Gesellschaft, wurden auch von
andern nicht geladen. — Sie hielten aber täglich an, den einen Tag an dem
Hofe des einen Fürsten, den andern Tag bei dem andern, die Gesandten
blieben immer zwei beieinander, Jacob Citzcwitz, der Kanzler aber ging allein,
er meinte, daß er es allein wol prästiren könnte, wie er es denn auch wol
konnte, nnr daß er stets vom Anfang bis zu Ende alles repetirte; das war
deu Herren verdrießlich. Denn als zwei von den andern Gesandten in den
Hof des Kurfürsten von Köln kamen, darin Citzewitz den Tag zuvor gewesen
war, sagte der kölnische Kanzler: „Was gedenkt Euer Kanzler, daß er, so oft
er zu mir kommt, alles wiederholt, was er früher in verdrießlicher Länge bereits
berichtet hat? meint er, daß ich von so geringem Gedächtniß sei, oder daß ich in
Sachen meines gnädigen Herrn, des Kurfürsten, so wenig zu thun habe, daß
ich sein langes unnöthiges Reden ohne Verdruß abwarten kann? Mir ist da¬
bei grade so. als wenn eine Henne ein El legen will, so fliegt sie auf das
Hackelwerk und gackert: ein El. ein El! vom Hackelwerk aus die Hilde: ein El
ein El, ich lege ein El; von der Hilde auf den Balken: ein El, ein El, liebe
Leute gucket, ich lege ein El! Wenn sie denn genug gegackert und viel Wesens
gemacht hat, so fliegt sie aufs Nest und legt ein kleines El. Ich aber halte
es mit der Gans, die setzet sich fein still auf den Misthaufen und legt ein
El so groß als ein Kindskopf." — Ich selbst habe oft den Bischof von Arras,
Doctor Marquardt und andere Räthe angesprochen, gefleht und gebeten. Da
ich aber von mir selbst nicht auf das kam, was jetzt allenthalben bei Höfen,
bei Herrn und in großen Städten im Schwange geht, wenn man Wohlwollen
erwerben will, so gab mir Doctor Jolmnn Marquardt geschickt zu verstehn,
daß ihm eine besondere Freude sein würde, wenn er ein artiges, kleines Röß-
lein hätte, woraus er, wie es am kaiserlichen Hofe gebräuchlich, zum Rath reiten
könnte. Ich schrieb deshalb »ach Pommern, und bekam ein gar wohlgestal¬
tetes geschickt mit dem besonderen Befehl, daß ich passendes Reitzeug dazu
machen lassen und alsdann dem Herrn Doctor mit drei großen portugiesischen
Goldstücken anbieten sollte, was der Herr Doctor ohne Weigern gar gern
und mit gutem Willen annahm. Citzewitz und ich ließen doppelte Dukaten
und rheinische Gulden untereinanderlansen, bis es gutes Krvncngoid wurde.
Davon ließen wir zwei Trinkgeschirre machen, ein jedes sieben Mark schwer; die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/303>, abgerufen am 28.07.2024.