Am 18, Juni gegen Abend haben die beiden Kurfürsten, Sachsen und Bran¬ denburg, den Landgrafen Philipp von Hessen zwischen sich nach Halle geführt. Dort hat er am andern Tag gegen Abend um 6 Uhr auf dem großen Saal in des Kaisers Wohnung im Beisein vieler Herren, Kurfürsten, Fürsten, frem¬ der Potentaten, Botschafter, Grafen, Obersten, Befehlshaber und einer großen Anzahl Zuschauer, so viele ins Gemach gehn und von außen durch die Fenster hereinschcn konnten, mit seinem Kanzler, der neben ihm auf den Knieen lag. den Fußfall gethan. Aber als der Kanzler demüthig genug die Abbitte that, kniete der Landgraf, der ein spöttischer Herr war und lachte ganz schimpflich. Da winkte ihm der Kaiser mit dem Finger, sah zornig und sagte: "Wohl, ich will dich lachen lehren." Was nachfolgend auch geschah.
Der Kaiser rückte von Halle nach Naumburg und blieb dort 3 Tage. Als die Kaiserlichen sich vor Naumburg gesammelt und die Kais. Majestät draußen vor dem Thor ceo.as wartete, hatte er einen sammetnen Hut auf und einen schwarzen Mantel um, zwei Finger breit mit Sammt besetzt. Als aber ein Schlagregen einfiel, schickte er in die Stadt und ließ sich seinen grauen Filzmantcl und Filzhut herausholen; mittlerweile drehte er seinen Mantel um. hielt den Hut unter den Mantel, ließ sich auf den bloßen Kopf regnen. Armer Mann! der etliche Tonnen Goldes. verwenden könnte, das sammtcne Hütlein aber und den Mantel nicht vom Regen verderben, sondern lieber das bloße Haupt naß werden läßt. -- Der Landgraf wurde von den Spaniern allerwegen einen Tag vor dem.Kaiser geführt. Die Spanier hielten allenthalben übel Haus. Denn am andern Tage lagen längs dem Wege, den doch der Kaiser zog, der todten Körper nicht wenige; sie wirthschafteten auch übel mit Weibern, Jungfrauen und Männern, verschonten keine Weibs¬ person. --*)
'Hinter Koburg wurden wir in ein Dorf an einer schonen, lustigen Wiese einquartiert. Dort sattelte ich mein Pferd ab und ließ es auf der Wiese bis zum andern Tage laufen. In dem Dorfe war ein schönes Haus eines Edel¬ mannes, der Hof stand sperrweit offen, darin ein Wagen mit vier starken Pferden, darauf lagen zwei Fässer mit köstlichem Wein und viele Kapaune. Kraniche, Fasane liefen umher. Wir schlugen sie flugs todt, brachten sie in unser Zelt, rupften sie, brieten und sollen sie am Feuer; wir hatten ganz unsern Willen, füllten unsere Futtersäcke aus dem vollen Haferboden und nahmen den Wein, die Pferde und den Wagen mit, bis nach Nürnberg, doch unterweges tranken wir den Wein aus. Wagen und Pferde verkauften wir
*) Was Sastrow von ihren Gräueln sah, muß hier weggelassen werden. Die Thatsachen werde" noch gräßlicher durch die Gleichgiltigkeit, mit welcher der Sohn einer harte" Zeit sie berichtet.
Am 18, Juni gegen Abend haben die beiden Kurfürsten, Sachsen und Bran¬ denburg, den Landgrafen Philipp von Hessen zwischen sich nach Halle geführt. Dort hat er am andern Tag gegen Abend um 6 Uhr auf dem großen Saal in des Kaisers Wohnung im Beisein vieler Herren, Kurfürsten, Fürsten, frem¬ der Potentaten, Botschafter, Grafen, Obersten, Befehlshaber und einer großen Anzahl Zuschauer, so viele ins Gemach gehn und von außen durch die Fenster hereinschcn konnten, mit seinem Kanzler, der neben ihm auf den Knieen lag. den Fußfall gethan. Aber als der Kanzler demüthig genug die Abbitte that, kniete der Landgraf, der ein spöttischer Herr war und lachte ganz schimpflich. Da winkte ihm der Kaiser mit dem Finger, sah zornig und sagte: „Wohl, ich will dich lachen lehren." Was nachfolgend auch geschah.
Der Kaiser rückte von Halle nach Naumburg und blieb dort 3 Tage. Als die Kaiserlichen sich vor Naumburg gesammelt und die Kais. Majestät draußen vor dem Thor ceo.as wartete, hatte er einen sammetnen Hut auf und einen schwarzen Mantel um, zwei Finger breit mit Sammt besetzt. Als aber ein Schlagregen einfiel, schickte er in die Stadt und ließ sich seinen grauen Filzmantcl und Filzhut herausholen; mittlerweile drehte er seinen Mantel um. hielt den Hut unter den Mantel, ließ sich auf den bloßen Kopf regnen. Armer Mann! der etliche Tonnen Goldes. verwenden könnte, das sammtcne Hütlein aber und den Mantel nicht vom Regen verderben, sondern lieber das bloße Haupt naß werden läßt. — Der Landgraf wurde von den Spaniern allerwegen einen Tag vor dem.Kaiser geführt. Die Spanier hielten allenthalben übel Haus. Denn am andern Tage lagen längs dem Wege, den doch der Kaiser zog, der todten Körper nicht wenige; sie wirthschafteten auch übel mit Weibern, Jungfrauen und Männern, verschonten keine Weibs¬ person. --*)
'Hinter Koburg wurden wir in ein Dorf an einer schonen, lustigen Wiese einquartiert. Dort sattelte ich mein Pferd ab und ließ es auf der Wiese bis zum andern Tage laufen. In dem Dorfe war ein schönes Haus eines Edel¬ mannes, der Hof stand sperrweit offen, darin ein Wagen mit vier starken Pferden, darauf lagen zwei Fässer mit köstlichem Wein und viele Kapaune. Kraniche, Fasane liefen umher. Wir schlugen sie flugs todt, brachten sie in unser Zelt, rupften sie, brieten und sollen sie am Feuer; wir hatten ganz unsern Willen, füllten unsere Futtersäcke aus dem vollen Haferboden und nahmen den Wein, die Pferde und den Wagen mit, bis nach Nürnberg, doch unterweges tranken wir den Wein aus. Wagen und Pferde verkauften wir
*) Was Sastrow von ihren Gräueln sah, muß hier weggelassen werden. Die Thatsachen werde» noch gräßlicher durch die Gleichgiltigkeit, mit welcher der Sohn einer harte» Zeit sie berichtet.
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Am 18, Juni gegen Abend haben die beiden Kurfürsten, Sachsen und Bran¬
denburg, den Landgrafen Philipp von Hessen zwischen sich nach Halle geführt.
Dort hat er am andern Tag gegen Abend um 6 Uhr auf dem großen Saal
in des Kaisers Wohnung im Beisein vieler Herren, Kurfürsten, Fürsten, frem¬
der Potentaten, Botschafter, Grafen, Obersten, Befehlshaber und einer großen
Anzahl Zuschauer, so viele ins Gemach gehn und von außen durch die Fenster
hereinschcn konnten, mit seinem Kanzler, der neben ihm auf den Knieen lag.
den Fußfall gethan. Aber als der Kanzler demüthig genug die Abbitte that,
kniete der Landgraf, der ein spöttischer Herr war und lachte ganz schimpflich.
Da winkte ihm der Kaiser mit dem Finger, sah zornig und sagte: „Wohl,
ich will dich lachen lehren." Was nachfolgend auch geschah.
Der Kaiser rückte von Halle nach Naumburg und blieb dort 3 Tage.
Als die Kaiserlichen sich vor Naumburg gesammelt und die Kais. Majestät
draußen vor dem Thor ceo.as wartete, hatte er einen sammetnen Hut auf
und einen schwarzen Mantel um, zwei Finger breit mit Sammt besetzt.
Als aber ein Schlagregen einfiel, schickte er in die Stadt und ließ sich seinen
grauen Filzmantcl und Filzhut herausholen; mittlerweile drehte er seinen
Mantel um. hielt den Hut unter den Mantel, ließ sich auf den bloßen Kopf
regnen. Armer Mann! der etliche Tonnen Goldes. verwenden könnte, das
sammtcne Hütlein aber und den Mantel nicht vom Regen verderben, sondern
lieber das bloße Haupt naß werden läßt. — Der Landgraf wurde von den
Spaniern allerwegen einen Tag vor dem.Kaiser geführt. Die Spanier hielten
allenthalben übel Haus. Denn am andern Tage lagen längs dem Wege,
den doch der Kaiser zog, der todten Körper nicht wenige; sie wirthschafteten
auch übel mit Weibern, Jungfrauen und Männern, verschonten keine Weibs¬
person. --*)
'Hinter Koburg wurden wir in ein Dorf an einer schonen, lustigen Wiese
einquartiert. Dort sattelte ich mein Pferd ab und ließ es auf der Wiese bis
zum andern Tage laufen. In dem Dorfe war ein schönes Haus eines Edel¬
mannes, der Hof stand sperrweit offen, darin ein Wagen mit vier starken
Pferden, darauf lagen zwei Fässer mit köstlichem Wein und viele Kapaune.
Kraniche, Fasane liefen umher. Wir schlugen sie flugs todt, brachten sie
in unser Zelt, rupften sie, brieten und sollen sie am Feuer; wir hatten ganz
unsern Willen, füllten unsere Futtersäcke aus dem vollen Haferboden und
nahmen den Wein, die Pferde und den Wagen mit, bis nach Nürnberg, doch
unterweges tranken wir den Wein aus. Wagen und Pferde verkauften wir
*) Was Sastrow von ihren Gräueln sah, muß hier weggelassen werden. Die Thatsachen
werde» noch gräßlicher durch die Gleichgiltigkeit, mit welcher der Sohn einer harte» Zeit sie
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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/294>, abgerufen am 07.01.2025.
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