Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.Bettina befreundet gewesen und ein eifriger Naturfreund. Romane und wissen¬ Otto vou Behr, denn er war der Richter, lebt nicht mehr. Er ging Ein ganz besonders reizendes Bild endlich ist die Schilderung des Wirths¬ Gleich tritt die Wirthin ins Zimmer; sie versteht unser Englisch nicht gut, 19*
Bettina befreundet gewesen und ein eifriger Naturfreund. Romane und wissen¬ Otto vou Behr, denn er war der Richter, lebt nicht mehr. Er ging Ein ganz besonders reizendes Bild endlich ist die Schilderung des Wirths¬ Gleich tritt die Wirthin ins Zimmer; sie versteht unser Englisch nicht gut, 19*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105432"/> <p xml:id="ID_343" prev="#ID_342"> Bettina befreundet gewesen und ein eifriger Naturfreund. Romane und wissen¬<lb/> schaftliche Bücher lagen haufenweis im Zimmer, und sein Haus in den<lb/> Hinterwäldern war ein Tempel der Wissenschaft. An der Wand hingen neben<lb/> einer Copie von Murillos Madonna ein Dutzend Flinten und Büchsen; auf<lb/> den Betten lagen Hirschfelle, die Kleider hingen an Hirsch- und Rehgeweihen,<lb/> an den Bettpfosten waren Schlangenhäute zum Trocknen ausgebreitet, da und<lb/> ' dort hingen Barometer, an? einem Tische lagen und standen Spiritusflaschen,<lb/> Pulverhorn und Proben von sächsischer Electoralwolle. Zum Mittagessen<lb/> feste er uns Maisbrot und Bohnen vor; der Kaffee wurde in Zinngcschirr<lb/> aufgetragen, aber das Salz der Unterhaltung war attisch und goldener<lb/> Pokale würdig.</p><lb/> <p xml:id="ID_344"> Otto vou Behr, denn er war der Richter, lebt nicht mehr. Er ging<lb/> im folgenden Jahre auf Besuch nach Deutschland, wurde während der Rück¬<lb/> reise unwohl und starb, nachdem das Schiff in den Missisippi eingelaufen war.<lb/> Sein Verlust ist für die Ansiedlung unersetzlich; die San-Antonio-Zeitung<lb/> vom März 1855 hat ihm einen rührenden Nekrolog nachgerufen." —</p><lb/> <p xml:id="ID_345"> Ein ganz besonders reizendes Bild endlich ist die Schilderung des Wirths¬<lb/> hauses, in welchem der Reisende zu Ncubraunfcls wohnte. „Nie in meinem<lb/> Leben, außer etwa wenn ich ans einem Traume erwachte, habe ich einen so<lb/> raschen Gedankenübergang gehabt, als in jenem deutschen Gasthause. Ich<lb/> sah keine Wände von lose nebeneinandergefügten Bretern oder Baumstämmen,<lb/> mit Spalten und Löchern, die man mit Mörtel ausstopft oder mit Mörtel<lb/> verstreicht, fand nicht vier kahle Wände, wie ich sie in Texas ein paar Mal<lb/> bei aristokratischen Amerikanern gesehen hatte, sondern ich war leibhaftig in<lb/> Deutschland. Es fehlte auch gar nichts. Da war nichts zu viel und nichts<lb/> zu wenig; ich sah mich^in eines jener köstlichen kleinen Wirthshäuser versetzt,<lb/> an welche alle so gern und dankbar sich erinnern, welche jemals eine Fußreise<lb/> im Rheinland gemacht haben. Ein langes Zimmer nahm die ganze Vorder¬<lb/> seite des Hauses ein; die Wände waren hübsch und sauber mit gefälligem<lb/> Muster bemalt, auf allen Seiten hingen Steindruckbilder in Glas und Rahmen,<lb/> in der Mitte stand ein großer starker Tisch von dunklem Eichenholz mit ab¬<lb/> gerundeten Enden; an den Wänden liefen Bänke hin, die Stühle waren von<lb/> Eichenholz und mit Schnitzwerk versehen, das Sopha mit geblümtem Möbcl-<lb/> kattun überzogen; in einer Ecke stand ein Ofen, in einer andern eine kleine<lb/> Schenkanrichte von Mahagony mit Flaschen und Gläsern. Durch das Zimmer<lb/> wallte Tabaksrauch; am großen Tische saßen vier Männer mit starken Voll¬<lb/> bärten, rauchten und sagten uns einen freundlichen guten Morgen, als wir<lb/> Antraten und den Hut lüfteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_346" next="#ID_347"> Gleich tritt die Wirthin ins Zimmer; sie versteht unser Englisch nicht gut,<lb/> aber einer von den Rauchern steht auf und macht den Dolmetscher. Wir</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 19*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
Bettina befreundet gewesen und ein eifriger Naturfreund. Romane und wissen¬
schaftliche Bücher lagen haufenweis im Zimmer, und sein Haus in den
Hinterwäldern war ein Tempel der Wissenschaft. An der Wand hingen neben
einer Copie von Murillos Madonna ein Dutzend Flinten und Büchsen; auf
den Betten lagen Hirschfelle, die Kleider hingen an Hirsch- und Rehgeweihen,
an den Bettpfosten waren Schlangenhäute zum Trocknen ausgebreitet, da und
' dort hingen Barometer, an? einem Tische lagen und standen Spiritusflaschen,
Pulverhorn und Proben von sächsischer Electoralwolle. Zum Mittagessen
feste er uns Maisbrot und Bohnen vor; der Kaffee wurde in Zinngcschirr
aufgetragen, aber das Salz der Unterhaltung war attisch und goldener
Pokale würdig.
Otto vou Behr, denn er war der Richter, lebt nicht mehr. Er ging
im folgenden Jahre auf Besuch nach Deutschland, wurde während der Rück¬
reise unwohl und starb, nachdem das Schiff in den Missisippi eingelaufen war.
Sein Verlust ist für die Ansiedlung unersetzlich; die San-Antonio-Zeitung
vom März 1855 hat ihm einen rührenden Nekrolog nachgerufen." —
Ein ganz besonders reizendes Bild endlich ist die Schilderung des Wirths¬
hauses, in welchem der Reisende zu Ncubraunfcls wohnte. „Nie in meinem
Leben, außer etwa wenn ich ans einem Traume erwachte, habe ich einen so
raschen Gedankenübergang gehabt, als in jenem deutschen Gasthause. Ich
sah keine Wände von lose nebeneinandergefügten Bretern oder Baumstämmen,
mit Spalten und Löchern, die man mit Mörtel ausstopft oder mit Mörtel
verstreicht, fand nicht vier kahle Wände, wie ich sie in Texas ein paar Mal
bei aristokratischen Amerikanern gesehen hatte, sondern ich war leibhaftig in
Deutschland. Es fehlte auch gar nichts. Da war nichts zu viel und nichts
zu wenig; ich sah mich^in eines jener köstlichen kleinen Wirthshäuser versetzt,
an welche alle so gern und dankbar sich erinnern, welche jemals eine Fußreise
im Rheinland gemacht haben. Ein langes Zimmer nahm die ganze Vorder¬
seite des Hauses ein; die Wände waren hübsch und sauber mit gefälligem
Muster bemalt, auf allen Seiten hingen Steindruckbilder in Glas und Rahmen,
in der Mitte stand ein großer starker Tisch von dunklem Eichenholz mit ab¬
gerundeten Enden; an den Wänden liefen Bänke hin, die Stühle waren von
Eichenholz und mit Schnitzwerk versehen, das Sopha mit geblümtem Möbcl-
kattun überzogen; in einer Ecke stand ein Ofen, in einer andern eine kleine
Schenkanrichte von Mahagony mit Flaschen und Gläsern. Durch das Zimmer
wallte Tabaksrauch; am großen Tische saßen vier Männer mit starken Voll¬
bärten, rauchten und sagten uns einen freundlichen guten Morgen, als wir
Antraten und den Hut lüfteten.
Gleich tritt die Wirthin ins Zimmer; sie versteht unser Englisch nicht gut,
aber einer von den Rauchern steht auf und macht den Dolmetscher. Wir
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