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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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hier zu Lande. Diese amerikanischen Gentlemen in Texas wissen gar nicht,
was Vergnügen ist. Was thun sie, wenn sie zusammenkommen? Sie setzen
sich ans Feuer und speien, trinken auch Branntwein oder spielen Karten
und machen großen Lärm. Vergnügen wie in Deutschland kennen sie gar
nicht." Er bemerkte, daß es ihm trotzdem in Texas besser gefalle, weil er
nun frei sei; in Deutschland könne er nicht sagen, wie er regiert werden
wollte, denn dort regiere man das Volk mit Soldaten; auch ihn habe man
zum Soldaten machen wollen, er sei aber fortgelaufen. In Texas müsse er
angestrengter arbeiten, aber allmälig werde es ihm auch leichter werden. Nach
drei Jahren wolle er aus Deutschland seinen Schatz abholen und heirathen.
Auf meine Einwendung, daß man ihn als Ausreißer festhalten werde, ent-
gegnete er: das könne nicht geschehen, weil er Bürger der Vereinigten Staaten
sei. Gleich nach seiner Ankunft im Lande habe er die erforderliche Erklärung
abgegeben, was ohnehin alle verständigen Deutschen thäten.

Der Sohn des Schuhmachers, ein Knabe von vierzehn Jahre", sprach
recht gut Englisch; er hatte es in einer Schule zu Vraunfels gelernt, welche
er zwei Jahre lang besucht hatte. Jetzt war er nicht dort, weil es zu Hause
alle Hände voll zu thun gab, aber im nächsten Winter sollte er eine ameri¬
kanische Akademie besuchen, wo er gewiß rasch viel lernen würde. Freilich sei
die Sache kostspielig, zwei Dollars monatlich für die unteren, vier Dollars
für die höheren Classen.

Alle waren wohl gekleidet, und die Frau ein wahres Muster von
Sauberkeit. Als sie uns das Abendessen bereitete, erschien sie uns wie
ein Prachtmodell für eine Hausfrau; sie hatte ein hübsches, gesundes
deutsches Gesicht mit freundlichem Ausdruck, und war fo zuthunlich, so sehr
bemüht uns alles bequem zu machen, daß wir von ihr wie von einer Freun-
din schieden. Das Haus war reichlich möblirt, Bettstellen, Koffer, Anrichte.
Simse, Küchengerät!), alles in bester Ordnung. Abends halten wir Weizen-
und Maisbrot, Buttermilch und Eier; dasselbe erhielten wir zum Frühstück
und dazu Pfannkuchen mit selbst raffinirtem Zucker. Dazu prächtige gelbe
Butter.

"Wie können Sie so gute Butter bereiten?" fragte ich erstaunt.

"O, recht gut; die amerikanischen Frauen sind nur zu träg und wirken
ihre Butter nicht tüchtig durch. In San Antonio bekommen wir einen halben
Dollar sür das Pfund, ja wol 50 Cents, aber wir wollen auch gute Butter
essen."

Und so war es. Ich habe früher gesagt, daß ich im Hause eines
amerikanischen Viehzüchters im östlichen Texas war; der Mann besaß gewiß
hundert Stück Kühe, hatte aber weder Milch noch Butter im Hause, denn,
"es machte zu viel Umstände." Einer meiner Freunde ist vierzehn Tage im


Grenzboten l, 1858. IÄ

hier zu Lande. Diese amerikanischen Gentlemen in Texas wissen gar nicht,
was Vergnügen ist. Was thun sie, wenn sie zusammenkommen? Sie setzen
sich ans Feuer und speien, trinken auch Branntwein oder spielen Karten
und machen großen Lärm. Vergnügen wie in Deutschland kennen sie gar
nicht." Er bemerkte, daß es ihm trotzdem in Texas besser gefalle, weil er
nun frei sei; in Deutschland könne er nicht sagen, wie er regiert werden
wollte, denn dort regiere man das Volk mit Soldaten; auch ihn habe man
zum Soldaten machen wollen, er sei aber fortgelaufen. In Texas müsse er
angestrengter arbeiten, aber allmälig werde es ihm auch leichter werden. Nach
drei Jahren wolle er aus Deutschland seinen Schatz abholen und heirathen.
Auf meine Einwendung, daß man ihn als Ausreißer festhalten werde, ent-
gegnete er: das könne nicht geschehen, weil er Bürger der Vereinigten Staaten
sei. Gleich nach seiner Ankunft im Lande habe er die erforderliche Erklärung
abgegeben, was ohnehin alle verständigen Deutschen thäten.

Der Sohn des Schuhmachers, ein Knabe von vierzehn Jahre», sprach
recht gut Englisch; er hatte es in einer Schule zu Vraunfels gelernt, welche
er zwei Jahre lang besucht hatte. Jetzt war er nicht dort, weil es zu Hause
alle Hände voll zu thun gab, aber im nächsten Winter sollte er eine ameri¬
kanische Akademie besuchen, wo er gewiß rasch viel lernen würde. Freilich sei
die Sache kostspielig, zwei Dollars monatlich für die unteren, vier Dollars
für die höheren Classen.

Alle waren wohl gekleidet, und die Frau ein wahres Muster von
Sauberkeit. Als sie uns das Abendessen bereitete, erschien sie uns wie
ein Prachtmodell für eine Hausfrau; sie hatte ein hübsches, gesundes
deutsches Gesicht mit freundlichem Ausdruck, und war fo zuthunlich, so sehr
bemüht uns alles bequem zu machen, daß wir von ihr wie von einer Freun-
din schieden. Das Haus war reichlich möblirt, Bettstellen, Koffer, Anrichte.
Simse, Küchengerät!), alles in bester Ordnung. Abends halten wir Weizen-
und Maisbrot, Buttermilch und Eier; dasselbe erhielten wir zum Frühstück
und dazu Pfannkuchen mit selbst raffinirtem Zucker. Dazu prächtige gelbe
Butter.

„Wie können Sie so gute Butter bereiten?" fragte ich erstaunt.

„O, recht gut; die amerikanischen Frauen sind nur zu träg und wirken
ihre Butter nicht tüchtig durch. In San Antonio bekommen wir einen halben
Dollar sür das Pfund, ja wol 50 Cents, aber wir wollen auch gute Butter
essen."

Und so war es. Ich habe früher gesagt, daß ich im Hause eines
amerikanischen Viehzüchters im östlichen Texas war; der Mann besaß gewiß
hundert Stück Kühe, hatte aber weder Milch noch Butter im Hause, denn,
„es machte zu viel Umstände." Einer meiner Freunde ist vierzehn Tage im


Grenzboten l, 1858. IÄ
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[0153] hier zu Lande. Diese amerikanischen Gentlemen in Texas wissen gar nicht, was Vergnügen ist. Was thun sie, wenn sie zusammenkommen? Sie setzen sich ans Feuer und speien, trinken auch Branntwein oder spielen Karten und machen großen Lärm. Vergnügen wie in Deutschland kennen sie gar nicht." Er bemerkte, daß es ihm trotzdem in Texas besser gefalle, weil er nun frei sei; in Deutschland könne er nicht sagen, wie er regiert werden wollte, denn dort regiere man das Volk mit Soldaten; auch ihn habe man zum Soldaten machen wollen, er sei aber fortgelaufen. In Texas müsse er angestrengter arbeiten, aber allmälig werde es ihm auch leichter werden. Nach drei Jahren wolle er aus Deutschland seinen Schatz abholen und heirathen. Auf meine Einwendung, daß man ihn als Ausreißer festhalten werde, ent- gegnete er: das könne nicht geschehen, weil er Bürger der Vereinigten Staaten sei. Gleich nach seiner Ankunft im Lande habe er die erforderliche Erklärung abgegeben, was ohnehin alle verständigen Deutschen thäten. Der Sohn des Schuhmachers, ein Knabe von vierzehn Jahre», sprach recht gut Englisch; er hatte es in einer Schule zu Vraunfels gelernt, welche er zwei Jahre lang besucht hatte. Jetzt war er nicht dort, weil es zu Hause alle Hände voll zu thun gab, aber im nächsten Winter sollte er eine ameri¬ kanische Akademie besuchen, wo er gewiß rasch viel lernen würde. Freilich sei die Sache kostspielig, zwei Dollars monatlich für die unteren, vier Dollars für die höheren Classen. Alle waren wohl gekleidet, und die Frau ein wahres Muster von Sauberkeit. Als sie uns das Abendessen bereitete, erschien sie uns wie ein Prachtmodell für eine Hausfrau; sie hatte ein hübsches, gesundes deutsches Gesicht mit freundlichem Ausdruck, und war fo zuthunlich, so sehr bemüht uns alles bequem zu machen, daß wir von ihr wie von einer Freun- din schieden. Das Haus war reichlich möblirt, Bettstellen, Koffer, Anrichte. Simse, Küchengerät!), alles in bester Ordnung. Abends halten wir Weizen- und Maisbrot, Buttermilch und Eier; dasselbe erhielten wir zum Frühstück und dazu Pfannkuchen mit selbst raffinirtem Zucker. Dazu prächtige gelbe Butter. „Wie können Sie so gute Butter bereiten?" fragte ich erstaunt. „O, recht gut; die amerikanischen Frauen sind nur zu träg und wirken ihre Butter nicht tüchtig durch. In San Antonio bekommen wir einen halben Dollar sür das Pfund, ja wol 50 Cents, aber wir wollen auch gute Butter essen." Und so war es. Ich habe früher gesagt, daß ich im Hause eines amerikanischen Viehzüchters im östlichen Texas war; der Mann besaß gewiß hundert Stück Kühe, hatte aber weder Milch noch Butter im Hause, denn, „es machte zu viel Umstände." Einer meiner Freunde ist vierzehn Tage im Grenzboten l, 1858. IÄ

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/153>, abgerufen am 22.12.2024.